Kapitel 2 - Emma

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»Komm schon, Swan, bestrafe mich nicht dafür, dass ich so lange weg war«, säuselte Hook in Emmas Ohr. Dabei kroch ihr der Geruch von scharfem Whiskey in die Nase.

»Das ist keine Bestrafung. Ich bin froh, dass du wieder da bist, wirklich.« Sie legte ihre Hände an seine Brust und schenkte ihm den liebevollsten Blick, den sie aufbringen konnte. Es war nicht ehrlich und auch nicht genug. Sie versuchte es. Seit Hooks Rückkehr aus der Unterwelt tat sie alles dafür, wieder so für ihn zu empfinden wie davor. Die beiden waren auf einem guten Weg sich ineinander zu verlieben. Das Gefühl wollte sich in Emma allerdings einfach nicht mehr einstellen.

Hook beugte sich zu einem Kuss nach vorne, aber Emma drehte geistesgegenwärtig ihren Kopf zur Seite. »Ich bin wirklich einfach... müde.« Bei dem Gedanken daran, den brennenden Geschmack von Alkohol auf der Zunge zu spüren, schüttelte es sie.

»Was ist los mit dir?«, sagte er frustriert und stütze sich mit der Hand an der Hauswand ab, an der Emma lehnte. Seine Kiefermuskeln arbeiteten und Emma überkam ein ungutes Gefühl.

»Hör zu, lass uns morgen darüber reden, wenn du wieder nüchtern bist. Bei einem Kaffee im Granny's?« Ihr Instinkt hatte sie bis jetzt nur selten getäuscht, deshalb versuchte sie das Gespräch so schnell wie möglich zu beenden.

Gerade, als sie ohne eine Antwort abzuwarten ins Haus gehen wollte, versperrte ihr Hook den Weg. »Was soll das?«, fragte Emma und versuchte die Ruhe zu bewahren. Es war ja immer noch Killian, der da vor ihr stand. Ihr Freund und kein Fremder.

»Lass mich mit reinkommen. Bitte.« Seine Miene verfinsterte sich.

Sanft drückte sich Emma gegen seinen Arm, damit er ihr den Weg frei gab, doch Hook dachte nicht einmal daran.

»Killian, ich will nicht. Lass mich gehen.« Sie versuchte sich so unmissverständlich wie möglich auszudrücken.

Hook hatte anscheinend immer noch nicht verstanden, dass es kein Spiel war. Er fühlte sich herausgefordert. »Vielleicht kann ich dich ja noch überzeugen.« Grob fing er sich an Emmas Hals zu schmiegen und küsste sie anschließend unsanft.

Mit aller Kraft schubste Emma Hook nach hinten. »Ich habe gesagt nein!«, sagte sie lautstark und flüchtete ins Haus. Schnell sperrte sie die Tür ab, an der Hook noch energisch klopfte.

»Wenn du jetzt nicht aufmachst, dann war es das, Swan!«, lallte er.

Mit zittrigen Knien steuerte Emma nach oben, um Hooks Drohungen nicht mehr hören zu können. Sie musste zugeben, dass er ihr wirklich Angst gemacht hatte. Allerdings wollte sie auch nicht, dass es so endete. Sie hätte ihm ihre Situation gern erklärt, wenn sie die Worte dafür gefunden hatte.

******

Im Büro des Sheriffs stapelten sich haufenweise Anfragen von verwirrten Storybrooke Bewohnern, die auf eine Entwarnung warteten. Das Telefon stand keine zwei Minuten still. Emma konnte es ihnen nicht verübeln, da Dunkle Magie die Stadt schon mehrmals bedroht und fast ausgelöscht hatte. Sie musste sich dringend etwas überlegen, wie sie herausfinden könnte, ob es eine Bedrohung gab und wenn ja, wer dahinter steckte.

»Hey Mom.« Henry schneite herein und warf seinen Rucksack in die Ecke, ehe er sich auf einen der Bürostühle fallen ließ.

Emma hatte fast vergessen, dass sie ihm versprochen hatte ihn heute mit zur Arbeit zu nehmen. Wenn es um die Aufklärung eines Verbrechens ging, das mit Magie zu tun hatte, war Henry schwer abzuschütteln. Dieser war allerdings nicht allein gekommen.

»Kaffee?«, fragte Regina unsicher und reichte Emma den Becher, den sie dankend an sich nahm. Sie hatte die ganze Nacht nicht geschlafen und konnte die erweckende Wirkung von Koffein jetzt dringen gebrauchen.

»Wie wars in der Schule, Kleiner?«, fragte sie Henry.

»Mom, heute ist Samstag.« Henry lief um den Tisch und schaute Emma beim Durchblättern der Papierarbeit über die Schulter.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Regina, die offenbar die dunklen Augenringe unter Emmas Augen bemerkt hatte.

»Du meinst außer, dass wir immer noch nicht wissen, wer für das kleine Erbeben gestern verantwortlich war?« Es kostete Emma viel Energie, so zu tun, als sei alles in Ordnung. Sie war nicht gut darin andere an ihrer Gefühlswelt teilhaben zu lassen.

Regina schien ihr kein Wort zu glauben. Sie stand immer noch mitten im Büro und wartete anscheinend auf eine Art Absolution. »Ist noch was?«, fragte Emma.

»Kann ich mit dir unter vier Augen sprechen?« Regina hatte die Hände in ihre Manteltaschen gesteckt und wirkte nicht so, als könnte Emma sie mit irgendwelchen Ausreden abwimmeln.

Emma folgte ihr ans andere Ende des Büros, während es sich Henry auf ihrem Stuhl bequem machte und neugierig in den Unterlagen blätterte.

»Emma, ich sehe doch, dass mit dir etwas nicht stimmt. Ich kenne dich.«

Wenn sogar Regina bemerkte, dass etwas mit ihr nicht stimmte, war Emma wirklich schlecht darin ihr Gefühlsleben zu verbergen. Die beiden hatten sich zwar über die Zeit miteinander arrangiert und gehörte in das Leben des jeweils anderen wie Bonnie zu Clyde, aber wenn es darum ging ihre Beziehung mit Worten zu beschreiben, geriet Emma ins Stocken. Und wenn Regina sie so ansah, mitleidig und irgendwie selbst gebrochen, spürte Emma wie stark sie mit ihr verbunden war.

»Killian, er... es ist vorbei.« Anstatt einen Kloß hinunterschlucken zu müssen, fühlte sich Emma befreit, als hätte man ihr einen zwanzig Kilo schweren Rucksack abgenommen. Sie erwartete einen Vorwurf. Auch wenn Regina ihn nicht mochte, erwartete Emma, dass sie ihr sagte wie sie so etwas tun konnte. Killian hatte sich für sie den Weg aus der Unterwelt erkämpft und zum Dank beendete sie die Beziehung.

Doch nichts der gleichen geschah. Reginas Blick ruhte auf ihr und Emma meinte die Anzeichen eines Lächelns auf ihren Lippen zu erkennen.

»Ich wusste, dass du es kannst.« Regina machte einen Schritt auf sie zu. Ihre Bewegung wehte den Duft nach teurem Parfum in Emmas Richtung. Regina kam ihr nicht oft so nah, aber wenn sie es tat, löste es etwas in Emma aus, das sie sich nicht erklären konnte. Sie wollte zurücktreten, aber andererseits auch, dass Regina noch näher kam. Sie hoffte, dass Regina sie nicht umarmte. Gleichzeitig war es das einzige, was sie wollte. »Es wurde auch Zeit, dass du den Piraten zurück auf See schickst«, fügte Regina trocken hinzu. »Triff mich später im Granny's. Wir müssen an deinen Fähigkeiten arbeiten.«

Emma schüttelte den Kopf. »Ich könnte deine Hilfe bei etwas anderem gebrauchen.«

»Und das wäre?«

»Ich werde Gold heute Nachmittag beschatten.« Er war der einzige Anhaltspunkt, den sie hatten, und nach allem, was er getan hatte, traute Emma ihm nicht über den Weg.

Regina nickte zustimmend.

Broken CrownWo Geschichten leben. Entdecke jetzt