Kapitel 4 - Emma

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Nervös und zugleich ein wenig sauer klopfte Emma an die Tür des Büros der Bürgermeisterin, ohne zu wissen, was sie dahinter erwartete. Regina war einfach so verschwunden und Emma hatte das Gefühl etwas falsches gesagt zu haben, obwohl sie nicht ausmachen konnte, was es war. Unter keinen Umständen wollte sie sich jetzt mit Regina streiten. Im Gegenteil, sie brauchte sie.

»Herein«, rief eine Stimme, die nur Regina gehören konnte. Diese saß hinter ihrem Schreibtisch und sah erst von ihren Unterlagen auf, als Emma direkt davor stand.

»Hey«, sagte Emma bedacht und lächelte verlegen.

»Sheriff. Gibt es Neuigkeiten?« Die Distanz in Reginas Stimme nahm Emma sofort jegliche Hoffnung auf eine friedliche Unterhaltung. Sie hatte doch etwas falsch gemacht.

Die Art, wie Regina ihr Haar hinter die Ohren strich, wenn es ihr ins Gesicht fiel, faszinierte sie aus irgendeinem Grund. Außerdem ertappte sie sich erneut dabei, wie sie wie eine Verrückte auf Reginas geschwungene Lippen starrte. Sie blinzelte und ihr Blick fiel auf Reginas Dekolleté. Sofort merkte Emma, wie ihr das Blut in die Wangen stieg und sie rang nach Worten.

»Gestern... gestern hat sich nichts mehr getan. Du hattest es wohl eilig?«, stammelte sie und klang dabei bei Weitem nicht so bestimmend, wie sie es vorgehabt hatte.

»Mütterlicher Instinkt. Henry hätte sonst die ganze Nacht lang ferngesehen und wäre heute in der Schule völlig unkonzentriert.« Regina widmete sich wieder ihren Unterlagen und drehte den Kugelschreibern in den Fingern.

Emma fiel ein kleiner Stein vom Herzen, weil es nicht an ihr gelegen hatte. Im Grunde fragte sie sich, wieso sie überhaupt so viel über das Gespräch im Auto nachdachte hatte. Wieso sie eigentlich ständig so viel an Regina dachte. Vielleicht war es, weil Regina ihr dabei geholfen hatte, sich von ihrer Dunklen Seite zu befreien und sich wieder dem Guten zuzuwenden. Sie hatte sie auf viele Arten gerettet und umgekehrt. Und immer wenn Regina nett zu ihr war, fiel es ihr schwer, die Gefühle zu ignorieren, die seit ihrer ersten Begegnung präsent waren und nicht mehr verschwinden wollten. Dann fühlte sie sich unsicher, fast eingeschüchtert, wie ein Kind, das nicht weiß, wie es sich verhalten soll. Als Regina sie noch gehasst hatte, war es Emma leicht gefallen, ihr Kontra zu geben. Sie war teilweise selbst wütend auf sie gewesen. Jedoch hätte Emma nicht im Traum daran gedacht Regina jemals im Stich zu lassen. Von der ersten Sekunde an, als sie Henry bei Regina abgesetzt und ihr zum ersten Mal in die Augen gesehen hatte, wusste sie, dass diese Frau noch eine besondere Rolle in ihrem Leben spielen würde.

»War das der einzige Grund für deinen Besuch?«, fragte Regina ohne zu ihr hochzusehen.

Emma stemmte die Hände in die Hüften um ihr Selbstvertrauen wieder zu finden. »Ich hole Henry heute von der Schule ab.«

»Das geht in Ordnung. Auf Wiedersehen.« Der förmliche Unterton hatte nichts mehr mit der Vertrautheit zu tun, die gestern zwischen den beiden herrschte.

Mit weichen Knien machte sich Emma auf den Weg nach draußen und fragte sich, was sie da eben veranstaltet hatte. Genervt von ihrer eignen Unsicherheit verdrehte sie die Augen, als sie das Büro der Bürgermeistern verließ. Reginas Launen ihr gegenüber veränderten sich so rasant, dass Emma einfach nicht mehr mitkam.

******

»Ich habe keine Hausaufgaben auf«, sagte Henry und löffelte den letzten Rest seines Puddings aus der Schüssel. Er genoss es, wenn Emma mit ihm seine Großeltern besuchen ging.

»Henry, mit dieser Lüge kommst du nicht durch, wenn du deiner Lehrerin, die zufällig auch deine Großmutter ist, gegenübersitzt«, entgegnete Mary Margaret. Henry gab sich geschlagen, holte seine Schulsachen und stampfte die Treppen nach oben, um seinen Pflichten als Schüler nachzugehen.

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