Ich hasse Überraschungen.
Ich hasse sie so sehr!Meine letzte Überraschung bekam ich vor zwei Jahren, ich bekam gleich die doppelte Portion Überraschung.
Meine Leidenschaft, meine Bestimmung, war das Tanzen.
Vor zwei Jahren nahm mir meine Bestimmung - meine Selbstsucht - mir meinen wichtigsten Lebensbestandteil. Meine Eltern.
Meine Eltern haben immer alles dafür getan, mich glücklich zu machen. Mir meine Träume zu erfüllen.
Vor zwei Jahren kam ich nach Hause und sie waren fort. Weg. Einfach gegangen. Denn anstatt zu warten um sich mit mir zusammen einen Platz in einer Tanzschule zu ergattern, dachten meine Eltern wohl es wäre eine tolle Idee mit den unterschiebenen Einschreibungspapieren vor mir zu stehen, doch soweit sollte es nie kommen.
An diesem Tag nahm mir das Tanzen meine Seele. An diesem Tag wurde ich zu dem was ich heute bin.
Ein klingeln lässt mich von diesem wirklich langweiligen Schmöker aufblicken, indem ich sowieso nicht gelesen habe. Die Schulklingel mit ihrem schrillen Gong bereitet mir wirklich noch irgendwann Kopfschmerzen. Spaß, die habe ich seid 11 Jahren durchgehend.
Es ist mein vorletztes Jahr. Viele versprechen sich von den letzten Jahren Schule sehr viel. Ich gehöre leider nicht dazu. Ich weiß nicht was ich mir wünschen oder erhoffen könnte.
Ich bin unsichtbar für alle. Es ist nicht so das ich diese eine wirklich gute Freundin ander Schule habe die mich vor den bösen Mädchen beschützt. Das ist nicht nötig. Mich nimmt niemand wahr. Ich finde es nicht wirklich schlimm.
Ich habe außerhalb gute Freunde und das ist okay. An meiner alten Schule war ich ein ultimatives It-Girl. Es ist eigentlich ganz erfrischend nicht auf Schritt und tritt beobachtet zu werden.
Träge erhebe ich mich von dem recht gemütlichen roten Ledersessel und schaue mich kurz um. Es sind eigentlich immer die gleichen hier. Streber eben. Streber und ich.
Mit langsamen Schritten gehe ich zum Ausgang der Bibliothek, verlasse sie und mache mich auf in Richtung Englischsaal, um mich noch etwas quälen zu lassen.
Lasst es mich so erklären, ich kam neu hier her.
Ich hatte niemanden und ich war weder traurig, noch habe ich seit dem Tagdes Unfalls eine Träne vergossen.
Ich verstehe nicht wieso. Wieso habe ich es einfach so hingenommen ohne zu weinen, zu klagen oder zu verzweifel. Wieso habe ich es einfach so gelassen? Ich habe nicht viel Gedanken daran verschwendet und versucht mein Leben weiterzuleben oder mich abzulenken. Ich habe es hingenommen .Ich bin aber eigentlich einfach stehen geblieben anstatt weiter zu gehen. Jeden Abend tue ich das gleiche. Jeden Tag gehe ich in unser Wohnzimmer und flüstere "Hallo Mom und Dad", ja es klingt psychopatisch, aber mal von der Tatsache abgesehen, dass das nichtmehr das gleiche Wohnzimmer ist, fühle ich mich nicht so alleine wenn ich diese Sachen tue.
Zwei Jahre sind eine sehr lange Zeit.
Seitdem lebe ich mit meiner Tante Clara und ihrem Lebensgefährten Nate zusammen in einer Wohnung nahe am Central Park an der Upper East Side. Früher habe ich zusammen mit meinen Eltern am anderen Ende der Stadt gewohnt, abseits vom gehypten Manhatten. Zusammen haben wir im Trubel Brooklyn gewohnt, dort hatte mein Dad seine bekannte Autofirma aufgebaut und konnte sich nicht von diesem Ort trennen, doch als meine Eltern dann starben musste ich zu meiner Tante und Nate die auf der Stateninsel Manhatten wohnen und somit musste ich alles hinter mir lassen was mir etwas bedeutet.
Habe es fallen gelassen als wäre es nichts wert und habe so getan als wäre es nichts.
Anfangs habe ich mir Mühe gegeben mich mit den anderen anzufreunden, ich dachte eigentlich das es nicht so schwer ist Anschluss zu finden, doch Teenager sind eben Monster.
Ich hatte nie so wirklich das Gefühl das ich mich grundlegend verändert habe seidem es passiert ist, doch die anderen sehen es wohl anders. Ich bin anscheinend nichtmehr die glückliche, zuvorkommende, lustige Person die ich einmal war.
Ich hatte kein Problem damit neu anzufangen und zu versuchen weiterzuleben, doch jede Clique hatten bestimmte "Forderungen" die man erfüllen musste.
Die Cheerleader wollten das man eine verdammte Zicke wird. Die Footballer sehen einen sowieso nur als Objekt und selbst die Streber forderten eine eins in Mathe. Nach einem Monat, nachdem ich alle Cliquen erforscht hatte entschied ich mich als Einzelgänger durch die Flure zu ziehen und so zu tun als wäre ich ein Niemand ohne Freunde.
Ich bin für die anderen vielleicht der kleine, spießige Nerd doch wer von diesen "Möchtergerns" kennt mich wirklich?
Ich meine ich weiß ja nichtmal selbst wer wirklich bin also lasse ich mich von den Blicken der anderen nicht verurteilen.
Ich bin nicht die Abby die gerne liest oder lernt, ich mache es um nicht Nachdenken zu müssen.
Ich habe einfach Angst das mich mein Gewissen zerfressen könnte, denn ich bin Abigail Rebecca Johnson mit einer manchmal zu großen Klappe, einem großen Selbstbewusstsein und einem Sinn für Humor. Eigentlich.
Ich laufe immernoch den endlos langen Gang entlang zu meinem absolutem Lieblingsfach Englisch und habe mir inzwischen einen Kaffee gekauft, den ich in meiner rechten Hand halte und ab und zu daran nippe, zu trinken ist er fast unmöglich da er enorm heiß ist.
In der linken halte ich das Buch von John Green "Das Schicksal ist ein Mieser Verräter". Es ist eigentlich interessant zu sehen wie die Liebe sich entwickelt und man sie am Ende doch verliert. Irgendwie fühle ich mich zu dieser Geschichte hingezogen, denn es ist ähnlich wie bei mir, nur doch etwas anders. Aber eigentlich hasse ich es doch.
Ich weiß nicht was ich für eine Bindung zu diesem Buch habe. Es ist ein bisschen wie mit meinem Leben. Ich habe einfach keinen Bezug dazu und hänge trozdem dran.
Scheisse nichtwahr ?!
Naja wenigstens sitzt mein Outfit das ich heute trage.
Es ist eine graue Jogginghose mit Löchern und ein weißes, bauchfreies Sweatshirt mit vereinzelten Löchern.
Meine Haare sind zu einem Zopf nach hinten gebunden und auf jeder Seite hängt jeweils eine Strähne hinaus. Eigentlich bin ich nicht gerade unauffällig gekleidet, doch das Image zählt. Wer nicht passt wird ignoriert und terrorisiert, weswegen ich auch das kleine, schüchterne Mauerblümchen zu sein scheine.
Da ich selbst nicht weiß wer ich sein möchte lasse ich das einfach so stehen, denn eigentlich habe ich kein Problem gegen den Strom zu schwimmen, aber ich fühle mich schlaff und kraftlos und nicht in der Lage irgendjemand irgendwas zu beweisen.
Ich laufe und laufe und laufe. Diese Schule ist wirklich gut zum Fett abbauen. Sie hat zu viele Zimmer, zu lange Gänge und zu viele Raumwechsel.
Ich biege gerade um die Ecke, als meine Gedanken schmerzhaft unterbrochen werden und ich mein Buch fallen lasse.
DU LIEST GERADE
NOAH - Tanzen als würde niemand zusehen
General FictionAbby scheint als das klassische Klischee eines jeden Autors. Sie ist eine Außenseiterin, man meint sie geht in Ihrer Freizeit in die Bibliothek oder besucht ältere Menschen im Seniorenheim. Hinter dieser Fassade jedoch steckt ein Mädchen, das niem...