15. Kapitel

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Als nach einer gefühlten Ewigkeit keine Mitschüler mehr zu mir kamen, die ich so oder so bloss vom Sehen her kannte, schob sich Roxie in mein Blickfeld.
„Happy Birthday!", grinste sie, doch es erreichte nicht ihre Augen. Ich musterte sie kritisch. „Du wusstest davon!", bemerkte ich empört, worauf sie mich ertappt anschaute. Kurz darauf hellte sich ihr Gesichtsausdruck auf, denn Mason und Meik stellten sich zu uns. Anklagend zeigte sie auf die beiden. „Die beiden wussten es auch! Genauso wie Logan, Harper, Delancy, Madison und Chloe!"
Die Zwillinge hoben zeitgleich die Hände abwehrend in die Luft. „Hey! Geplant haben es hauptsächlich Ethan, Aiden und Dylan", erklärte Mase und Meik nickte zustimmend. „Genau! Wir sind bloss die Handlanger", fügte er hinzu, worauf sein Bruder ihm einen verstörten Blick zu warf. „Nenn uns nicht so!"
Meik zuckte die Schultern. „Sorry. Wollte nur behilflich sein."
Mason schüttelte tadelnd den Kopf. „War nicht hilfreich", antwortete er knapp.
Ich schüttelte lachend den Kopf und liess meinen Blick suchend durch den Raum schweifen. Die gesuchte Person war schnell gefunden, doch neben ihm stand Tessa und schmiss sich an ihn ran. Natürlich versuchte Ethan sie von sich zu stossen, doch er zögerte dabei und Tessa so an ihm klebend zu sehen, versetzte mir einen Stich in meiner Brustgegend. Roxie, die als meine beste Freundin einfach wissen musste, dass etwas im Busch war, folgte meinem Blick und zog scharf die Luft ein.
Sie packte mich am Handgelenk und zog mich von meinen Brüdern weg durch das Wohnzimmer und aus der Terrassentür, sodass wir nun in unserem Garten standen.
„Was macht Tessa hier?", fragte ich sie leicht gereizt. Roxie zuckte überfragt mit den Schultern. „Das würde ich auch gerne wissen. Als ich sie das selbst vor etwa einer halben Stunde gefragt habe, meinte sie, Ethan hätte sie eingeladen. Seitdem klebt sie die ganze Zeit an ihm. Ich sags dir: Irgendetwas ist da faul!", ratterte sie wie ein Schnellzug herunter, sodass ich Mühe hatte mitzukommen.
Ich sah sie fassungslos an. „Und warum stehen wir dann hier draussen, während die beiden drinnen sind?", fragte ich sie eine Spur zu laut.
„Du hast recht!" Roxie packte mich zum zweiten Mal am Handgelenk und zog mich wieder ins Haus zurück.
Zusammen sahen wir uns um, bis wir sie auf der Couch bei meinen Brüdern und ihren Freunden fanden. So wie es aussah, versuchte Tessa sich auf Ethans Schoss zu setzen, doch er schob sie mühelos zur Seite, wobei sie leicht schwankte.
Ich berührte Roxies Schulter und signalisierte ihr, dass ich die beiden gefunden hatte, bevor ich zu ihnen herüberging.
Die Jungs strahlten mich fröhlich an, während Ethan mich wieder so verklemmt anlächelte und Tessa mich mit ihren Blicken zu töten versuchte. Ich hatte keine Ahnung, was mit meinem Freund los war, aber ich wollte es um jeden Preis herausfinden. Er konnte mir das doch sagen, schliesslich vertrauten wir einander.
„Verzieh dich, Natalia. Du bist hier unerwünscht!", giftete Tessa und mir entging nicht, wie sie bereits leicht lallte.
Das war jetzt nicht deren Ernst! Die war schon kurz davor sich selbst bis nach oben voll abzufüllen.
Ich verdrehte bloss die Augen, was die Cheerleaderin total auf die Palme brachte. Jedenfalls schien es so, als wollte sie auf mich losgehen, da wurde sie von Aiden gepackt und auf seinen Schoss gezogen. Beim Anblick von Tessa auf dem Schoss meines Bruders verzog ich das Gesicht und ich musste einen Würgreiz unterdrücken.
Zumindest konnte ich mich jetzt zu Ethan herunterbeugen und ihn fragen, ob er kurz mit mir nachdraussen kam. Er nickte, stand auf und zog mich wortlos durch die Menge auf die  Terrasse. In dem Lärm hätten wir uns so oder so nicht unterhalten können.

Als wir uns unverhofft draussen gegenüberstanden, erkannte ich meinen Badboy kaum wieder. Er war still, liess die Schultern etwas hängen und blickte auf den Boden.
Vorsichtig trat ich an ihn heran und versuchte Blickkontakt mit ihm aufzunehmen, was mir jedoch nicht gelang. Also legte ich meinen Zeigefinger unter sein Kinn und hob so sein Kopf etwas an, damit er mich endlich ansah. Ich wünschte mir jedoch, dass ich ihn mit dieser Geste nicht dazu gezwungen hätte, denn in seinem Blick lag eine gewisse Kälte und Distanz.
„Was ist denn los?", fragte ich mit bebender Stimme. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht. Das konnte ich fühlen.
„Nichts." War das Einzige, das ich von ihm zu hören bekam.
Wieder verdrehte ich die Augen. „Ja, klar", antwortete ich sarkastisch. „Ethan, ich kenne dich mittlerweile gut genug, um zu wissen, wann etwas nicht stimmt."
Ethan schlug meine Hand, die noch immer unter seinem Kinn verweilte, unsanft weg und funkelte mich an. „Du weisst absolut nichts über mich, Natalia!", fuhr er mich an und ich wich getroffen einige Schritte zurück.
Autsch. Das hatte gesessen.
Ethan fuhr sich aufgewühlt durch die Haare. „Ich... Verdammt, Nati! Ich tue Dinge, die ich nicht machen dürfte! Aber ich muss es tun", versuchte er mir zu erklären, doch ich verstand absolut nichts. Was konnte denn schon so schlimm sein?
„Wie was zum Beispiel?", sprach ich also meine Frage aus. „Tessa in mein Haus einzuladen?"
Ethan legte den Kopf in den Nacken und lachte freudlos.
„Wenn es doch bloss so einfach wäre. Natalia, ich tue dir nicht gut. Ich mache dir Probleme, verstehst du?" Er kam auf mich zu, die Distanz in seinen Augen strahlte mir entgegen, und packte mich an den Schultern, wie um seine Worte noch zu verdeutlichen.
„Red keinen Unsinn! Darf ich dich daran erinnern, dass dir das einbisschen zu spät in den Sinn kommt? Wir sind nämlich schon bald 3 Monate zusammen! Ausserdem ist das nicht dein Ersnt: Du tust mir nicht gut? Weisst du, dass das der Klischeesatz in einem Liebesdrama ist?" Ich versuchte ihm so klar wie möglich ins Gewissen zu reden, doch ich spürte, dass dieses Gespräch nicht schön enden würde.
Zu meiner Überraschung liess Ethan mich abrubt los und eilte zurück ins Haus, während ich ihm fassungslos nachstarrte.

Da ich gerade viel zu aufgewühlt war, um ihm zu folgen, setzte ich mich ein Stück weit vom Haus entfernt auf den Boden.
Es war überhaupt nicht Ethans Art vor irgendwas davonzulaufen. Er ging niemals jemanden aus dem Weg. Ich wusste so gut wie kaum jemand, dass es eine Schwäche für ihn darstellte. Er wollte keine Schwächen haben, deshalb stellte er sich auch immer absolut jedem entgegen, der ihm im Weg stand.
Sogar mir gegenüber, doch es scheint mir, als würde er mir in letzter Zeit aus dem Weg gehen, als würde er etwas vor mir verheimlichen.
Seufzend liess ich mich nach hinten ins Gras fallen und blickte in den Himmel. So dunkel, wie ich dachte war es noch gar nicht. Der Himmel war noch immer dunkelblau, sodass ich die ersten Sterne ausmachen konnte.
Die Sterne waren nicht anders als wir Menschen. Sie waren nur einen Teil des Tages sichtbar, einige strahlten heller als andere und gar nicht mal wenige von ihnen waren dabei zu erlöschen.
Für mich stand es ausser Frage: Ich gehörte seit meiner Geburt zu den erlöschenden Sternen. Kaum hatte ich begonnen zu strahlen, drohte ich immer wieder vollkommen zu erlöschen. Es war bloss eine Frage der Zeit.

Nach einigen Minuten stand ich auf und ging langsam wieder ins Haus zurück, wo ich mich ein weiteres Mal auf die Suche nach Ethan machte.
Im Wohnzimmer konnte ich ihn nicht finden, also ging weiter in die Küche, wo ich ihm an den Küchentresen gelehnt fand. In der Hand hielt er einen Becher mit klarer Flüssigkeit, die Augen geschlossen.
„Ethan? Fragte ich zaghaft und berührte ihn sanft an der Schulter. Er schreckte hoch und als er mich erkannte, drehte er sich ungeschickt von mit weg. Tja, doof dass da noch ein Tresen stand. Oder wohl eher gut, denn so wies aussah, konnte er kaum noch stehen.
Ich nahm ihm den Becher aus der Hand und roch daran. Sofort stieg mir ein beissender Geruch in die Nase. Ethan protestierte, als ich den Inhalt ins Spühlbecken schüttete.
„Wie kannst du schon so betrunken sein? Ich war doch kaum länger als 20 Minuten draussen! Du sagst mir jetzt auf der Stelle, was los ist!" Ich baute mich vor ihm auf und funkelte ihn an. Er funkelte zurück.
„Du solltest dich von mir fernhalten, Nati."
„Und du solltest keinen Stuss reden." Seine Worte liessen mich etwas schwnaken.
„Ich meins ernst. Es ist einfach scheisse. Sie werden dir weh tun", erklärte Ethan mehr zu dich selbst und griff nach einer Flasche, die ich ihm gleich wieder entriss. „Verdammt, Ethan! Alkohol ist keine Lösung!"
Ethan nahm mir die Flasche mühelos wieder ab. „Kein Alk ist auch keine Lösung."
Da hatte er gar nicht so unrecht. Ich liess die Schultern hängen.
„Du wirst es so ja doch nicht verstehen", murmelte er und verschwnad aus der Küche.
Ich hätte schreien mögen! Was ist bloss in ihn gefahren?
Ich beschloss, dass es keine Sinn machte, in seinem Zustand mit ihm reden zu wollen, also nahm ich mir einen Becher und füllte ihn mit Wasser. Ich liess mir Zeit mit austrinken.
Da ich keine Lust hatte Ethan noch einmal zu suchen, ging ich ohne jemandem Bescheid zu sagen nach oben zu meinem Zimmer.
Gerade als ich nach der Türklinke greifen wollte, machte mich ein Geräusch stutzig.
Es war ein dumpfes Stöhnen, das direkt aus meinem Zimmer kam.
Angewidert verzog ich das Gesicht. Musste das jetzt auch noch sein? Leise stiess ich die Tür auf und schaltete ohne weiter zu überlegen das Licht an. Die Tatsache, dass ich gleich zwei nackte Menschen beim Sex sehen würde, hatte ich zu dieser Zeit wohl völlig verdrängt.
Als der Typ nicht ganz so erschrocken, wie ich erwartet hatte, den Kopf in meine Richtung drehte, sog ich erschrocken die Luft ein.
Tränen bildeten sich in meinen Augen.
Meine Hände zitterten.
Der wasserstoffblonde Haarschopf unter Ethan war unverkennbar.
Ich begann zu schluchzen.
Ethan rührte sich keinen Zentimeter von Tessas Seite. Er starrte mich bloss genau so kalt an, wie gerade eben in der Küche.
Mich durchfuhren mehrere schwere Schluchzer, bis ich endlich die Kraft fand mich von der böse grinsenden Tessa und meinem nackten Freund über ihr abzuwenden und mein Zimmer zu verlassen.
Ich stürzte die Treppe runter aus dem Haus. Die Tränen versperrten mir die Sicht und während eine Stimme in meinem Kopf immer wieder 'NEIN! NEIN! Nein!' schrie. Murmelte eine andere leise, aber dennoch viel deutlich als die andere: 'Er hat mich mit Tessa Hollister betrogen.'
Kurz vor dem Wasser liess ich mich in den Sand fallen und liess den Tränen freien lauf. Ich weinte und gab mir an allem die Schuld.

Die Stimmen waren noch immer in Aufruhr.

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Hallo ihr Lieben :)

Bitte entschuldigt, dass es so lange gedauert hat, aber mir fehlt in letzter Zwit irgendwie die Zeit. Wobei man ja sagt, dass man immer Zeit hat und man sie sich einfach nur für die Dinge nehmen muss, die einem wichtig sind.
Aber irgendwie gibt es so viele Dinge, dir mir wichtig sind...
Jedenfalls verspreche ich euch, dass ihr nie länger als zwei Wochen auf ein Kapitel warten müsst. ;)

Liebe Grüsse
Eure CatGirl1313

Alive - Wie er mich am Leben hielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt