42. Kapitel

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„Was wollte denn Ethan bei dir?", fragte mich Oliver kurz nachdem wir unsere Auffahrt verlassen hatten. Ich hatte ihn gerade noch gesehen, wie er aus dem Haus gestürmt war und in den Boden kickte.
„Um ehrlich zu sein, weiss ich das auch nicht so genau", gestand ich ihm wahrheitsgemäss.
„Habt ihr mit einander geredet?", fragte er weiter und legte mir seine Hand auf den Oberschenkel.
„Ja, haben wir. Aber lass uns doch bitte über etwas anderes reden, ja?" Ich legte meine Hand auf seine.
Kurz antwortete Oliver gar nichts, bis er aber doch entschied, dass er noch nicht ganz mit dem Thema durch war. „Was hat er zu dir gesagt?"
„Das ist doch jetzt egal!" Was interessierte es ihn? Wir waren gerade auf dem Weg zu einem Date und ihm kam nichts andere in den Sinn, als mit mir darüber zu reden, was sein Cousin wollte? Das Einzige was doch zählte, war, dass ich jetzt bei ihm in seinem Auto sass. Oder etwa nicht?
„Mir ist es wichtig, wirklich! Bitte sag es mir", bat er mich weiter und ich gab mich geschlagen. Nicht dass das hier noch in einem Desaster endete.
„Er wollte mich davon abbringen, mit dir auszugehen und dass ich ihm wieder vertraue."
Oliver seufzte. Irgendetwas an der Stimmung veränderte sich urplötzlich und ich konnte nicht sagen, was es war. Aber ich hatte von der einen Sekunde auf die andere das Gefühl, von etwas Dunklem umgeben zu sein. Etwas Schweres legte sich mir auf die Brust und ich nahm meine Hand von Olivers, da ich das Gefühl hatte, dass sonst irgendetwas explodieren würde.
„Ich sollte wirklich einmal mit ihm reden. So kann er sich nicht aufführen", brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Bist du jetzt wütend?", fragte ich vorsichtig.
Oliver atmete schwer, fing sich jedoch wieder und lächelte mir zu. „Auf Ethan bin ich wütend, ja. Aber nicht auf dich. Du bist doch jetzt hier."
Ich atmete erleichtert aus.
„Und? Was hast du Schönes geplant?", fragte ich, um das Thema zu wechseln.
Oliver sah mich an und lächelte, doch dieses eine Mal schien sein Lächeln nicht seine Augen zu erreichen. „Das ist eine Überraschung", meinte er nur und nahm seine Hand von meinem Oberschenkel, um sie ebenfalls ans Lenkrad zu legen.
Warum war er gerade so seltsam? Störte es ihn wirklich so sehr, dass Ethan bei mir gewesen war? Weil ich ihn nicht rausgeschmissen hatte?
Gedankenversunken starrte ich aus dem Fenster und achtete nicht auf die Umgebung, an der wir vorbeifuhren. Auch Oliver schien seinen eigenen Gedanken nach zu hängen, denn er sagte ebenfalls nichts mehr.
Nur wenige Minuten später hielten wir an und ich schaute erstaunt aus dem Fenster.
Wir befanden uns in einer Seitenstrasse direkt neben einem hohen Gebäude. Ich hatte bereits von diesem Gebäude gehört. Es stand eigentlich schon seit Jahren leer, da das Versicherungsunternehmen bankrott ging und niemand anderes in das Gebäude einziehen wollte.
„Was machen wir hier?", fragte ich verwirrt.
So weit ich wusste befanden wir uns ziemlich am Rande der Stadt, wo es kaum irgendwelche Restaurants oder ähnliches gab.

Ich sah, wie aus dem Hintereingang zwei Typen traten und direkt auf uns zu kamen. Beide schienen mir seltsam bekannt vor zu kommen. Plötzlich jagte es mir einen kalten Schauer über den Rücken, als mir die Nacht von vor drei Wochen in den Sinn kam. Die Nacht, in der ich überfallen wurde und anschliessend im Krankenhaus aufgewacht war.
Ich bemerkte nicht, wie sich im Auto einen seltsamen Geruch ausbreitete.
Die beiden waren zwei von den fünf Männern, die mir aufgelauert waren!
„Oliver?", langsam bekam ich es mit der Panik zu tun.
„Ich sagte doch, dass es eine Überraschung sein soll, du neugieriges Gör!", antwortete jemand, der klang wie Oliver, aber der es unmöglich sein konnte. Was passierte hier gerade?
Ich spürte, wie mir etwas gewaltsam vor Nase und Mund gedrückt wurde und eine stechender Geruch bahnte sich in meine Lunge. Ich versuchte mich zu wehren, verstand die Welt nicht mehr. Ich war zu schwach und gab meine Wehr schlussendlich auf, bis mir die Augen zufielen und alles um mich herum schwarz wurde.

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„Warum zum Teufel hast du sie hergebracht? Bist du jetzt völlig wahnsinnig?", fragte jemand aufgebracht. Die Stimme schien mir bekannt vorzukommen, doch ich konnte sie keiner Person zuordnen. Ich blinzelte, doch trotzdem war noch immer alles schwarz. Mein Kopf tat weh und ich konnte mich nicht bewegen.
„Ich zwinge Ethan so, dass er zu uns zurück kommt. Solange wir sie haben, liegt uns dieser Idiot zu Füssen!", antwortete wieder eine bekannte Stimme. Ich wusste genau wer es war. Mir tat der Kopf so weh, dass ich kaum denken konnte. Das war ein absoluter Alptraum! Wie konnte ich nur in diese Situation kommen?
„Boss, ich glaube sie ist wach." Warum gab es hier so viele Stimmen, die ich kannte? Letztere assoziierte jedoch nur wieder diese schreckliche Nacht. Er war einer von diesen Männern!
Mein Kopf dachte nicht mehr das, was er sollte. Ich konnte kaum einen klaren Gedanken fassen. Alles erschien mir wie in einem Traum und ich wollte mich ins Bein kneifen, um endlich aufzuwachen, doch ich konnte meine Arme nicht bewegen. Ich bekam Panik.
„Hör auf, dich zu wehren, und halt die Klappe! Dich wird hier niemand hören, verstanden?" Ich ignorierte die Aufforderung. Es war doch sowieso nur ein Traum, oder nicht?
Plötzlich klatschte es, mein Kopf wurde zur Seite geworfen und ein stechender und zugleich dumpfer Schmerz breitete sich auf meiner Wange aus.
„Du sollst auf hören!" Etwas Feuchtes rann mir über die Wange.
„Und jetzt zurück zu dir." Ich hörte, wie sich die Stimme wegdrehte. Ich machte keinen Wank mehr. Ich war vor Angst wie gelähmt.
„Ich habe angeordnet, dass sie verletzt werden darf, wenn es nötig sein sollte, aber ich wollte sie nicht töten!"

Alive - Wie er mich am Leben hielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt