45. Kapitel

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Der gefallene Schuss warf nicht nur mich, sondern auch die Typen, die mich packten aus der Bahn. Geschockt starrten wir auf die beiden Blacks.
Für einen kurzen Augenblick rührte sich weder Vater noch Sohn und Panik erfasste mich. Bitte, bitte, der Schuss musste unbedingt daneben gegangen sein!
Plötzlich liess Mr Black von Ethan ab und torkelte, die Waffe fallen lassend, rückwärts. Ethan schnappte sich die Waffe. Sein Vater hielt sich den Bauch, als er gegen die Wand knallte. Ethan richtete die Pistole auf die beiden Typen, die mich noch einmal packen wollten, und sah sie drohend an.
„Zurück mit euch!", meinte er an sie gewandt.

Aus dem Augenwinkel, sah ich, wie Oliver seinem Onkel zu Hilfe kam, doch als er merkte, dass Ethan auf die anderen beiden konzentriert war, stand er langsam auf und setzte zum Sprung an.
„Ethan!", schrie ich panisch.
Ethan fuhr herum, ohne mich zu beachten, doch Oliver war schneller und riss seinen Cousin mit sich zusammen zu Boden. Ich schrie erschrocken auf, was das Zeichen der beiden anderen war, ihren Boss zu schnappen und zu verschwinden. Mir schenkten sie keine weitere Beachtung. Zu zweit schleppten sie Mr Black aus den Raum, während Oliver und Ethan noch immer auf sich eindroschen.
Besorgt schaute ich auf sie herunter und versuchte mit allen Kräften, irgendwie meine Fesseln zu lösen, aber ich hatte keine Chance. Stattdessen warf ich mich selbst um, sodass ich wieder auf derselben Schulter landete wie kurze Zeit zuvor. Derselbe Schmerz nur doppelt so heftig durchströmte meine Schulter und ich schrie auf. Schwarze Punkte tanzten vor meinen Augen und einen Moment war ich sicher, dass ich gleich das Bewusstsein verlieren würde.

„Natalia!", hörte ich Ethan rufen. Ich blinzelte die Punkte weg und versuchte Ethan anzusehen, der sich von meinem Schrei ablenken liess, was Oliver auf der Stelle ausnutzte. Er nahm die Pistole und schlug den Griff auf Ethans Kopf, sodass dieser hart zu Boden knallte. Er kletterte rittlings auf ihn und beim zweiten Mal schlug er Ethan der Pistolengriff auf die Nase. Ethan stöhnte und ein Schwall Blut quoll ihm aus der Nase. Wieder schrie ich auf, doch dieses Mal ging es in Olivers lautem Lachen unter.
„Ihr beide seid ja so ein schönes Paar!", höhnte er und drückte Ethan die Waffe auf die Brust.
„Da die Sache hier sowieso verloren ist, muss ich mir jetzt nur noch aussuchen, wen ich als erstes töten möchte." Er musterte Ethan, der versuchte die Hand an seine Nase zu halten, doch aufgrund von Olivers Gewicht verhindert wurde. Dann sah er mich boshaft grinsend an und tat so, als würde er darüber nachdenken, was er morgen zu Mittag essen wollte.
„Willst du sehen, wie es sich anfühlt, jemanden zu verlieren, ohne, dass du etwas dagegen ausrichten kannst, Ethy?", fragte er schliesslich und richtete die Pistole auf mich. Ich keuchte auf.
„Ich weiss bereits, wie sich das anfühlt", presste Ethan atemlos hervor. Mir fuhr ein kalter Schauer über den Rücken, als vor meinem inneren Auge das Bild seiner Mutter und der verursachte Autounfall aufblitzte.
„Dann willst du das deine kleine Freundin fühlen lassen? Mir soll es recht sein", meinte Oliver achselzuckend und richtete die Pistole wieder auf Ethan.
Mir fiel nichts besseres ein, als wieder zu schreien, und natürlich erfüllte es diesen Widerling mit purer perverser Genugtuung.

Wieso hatte ich nicht schon viel früher gesehen, wie krank dieser Kerl doch war? Wie konnte er dies von mir verstecken, während ich mir doch immer so sicher war, zu wissen, was in anderen vorging.

„Warum willst du das so unbedingt?", fragte ich hysterisch und atmete erst einmal tief ein. Das würde uns nicht weiterhelfen. Die Polizei war bereits da, wir mussten nichts weiter tun, als Zeit schinden. Dabei durften wir nichts unüberlegtes tun. Aber wie sollte man nichts unüberlegtes tun, wenn man an einen Stuhl gefesselt war und von einem kranken Typen mit einer Pistole bedroht wurde?
„Ich meine, warum die Sache verschlimmern? Du sagtest doch selbst, dass das Ganze vorbei ist. Wenn du jetzt noch zwei Leben auf dem Gewissen hast, so kommst du vielleicht nie mehr aus dem Gefängnis heraus", versuchte ich es auf die diplomatische Weise.
Oliver sah mich verständnislos an. „Das ist jetzt nicht dein Ernst. Etwas Besseres fällt dir nicht ein? Das sagen die Opfer doch so ziemlich in jedem Thriller. In der Hoffnung, der Mörder könnte es sich noch anders überlegen. Vergiss es! Dann werde ich eben dir zeigen, wie es sich anfühlt, wenn man jemandem beim Sterben zusehen kann. Fühle dich geehrt!"
Er drückte die Pistole an Ethans rechte Schulter und drückte ohne mit der Wimper zu zucken ab. Der laute Knall erfüllte der Raum und bei Ethans Schmerzensschrei zuckte ich zusammen.
„Na, wie fühlt es sich an, eine Kugel in der Schulter zu haben?", fragte Oliver und gluckste dabei, doch seine Stimmung schlug sogleich wieder um und plötzlich war er fuchsteufelswild, packte Ethan am Kragen und schlug seinen Kopf mehrmals auf den Boden, bis dieser aufgehört hatte sich zu regen.
„Hör auf! Hör auf!", schrie ich immer wieder verzweifelt, doch Oliver ignorierte mich.
„Ich stand mein Leben lang in deinem Schatten, du verdammter Mistkerl! Dein Vater hat vor meinem Vater so sehr mit dir geprahlt, dass ich als eine einzige Enttäuschung da stand! Nur weil ich nicht so superschlau bin wie du! Jetzt hatte ich einmal über dir stehen können, doch auch das machst du mir kaputt!"

Alive - Wie er mich am Leben hielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt