58. Kapitel (Ethans Sicht!)

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„Tessa, lass stecken! Ich gehe nicht mit dir auf den Winterball", versuchte ich ihr heute nun schon das zweite Mal zu erklären. Diese Woche musste ich es ihr immerhin schon gefühlte fünfzig Mal sagen.
„Süsser, mit wem gehst du auf den Winterball?" Das fragte sie immer wieder, wenn ich ihr absagte.
Ich verdrehte genervt die Augen. „Mit gar niemandem." Tessa lächelte mich wissend an. „Deshalb wirst du mit mir hingehen. Alleine auf den Ball des Jahres zu gehen, ist viel zu erbärmlich. Nur Loser machen das! Ziehen wir also dieselbe Farbe an?"
Ich legte meine Hände auf Tessas Schultern und versuchte es noch einmal: „Tessa. Ich. Gehe. Nicht. Mit. Dir. Auf. Diesen. Ball! Kapiert?" Damit drückte ich mich an ihr vorbei und folgte Jacob auf den Schulhof.
Als ich ihn eingeholt hatte, grinste er mich an. „Nervt sie dich immer noch mit dem ollen Ball?" Ich nickte. „Ihr ist schon klar, dass dieser Ball heute ist und sie in dem Fall wohl keine Begleitung haben wird?", fragte Jake amüsiert und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Bei Tessa weiss man ja nie", meinte ich nur achselzuckend.
„Aber du hast den Plan im Griff? Steht alles noch?", wechselte er sogleich das Thema und stieg schon in seinem Wagen. Als ich mich neben ihm nieder liess, fragte ich seufzend: „Habe ich denn noch eine Wahl?"
„Nein, die hast du nicht. Du weisst, dass ich nur deinetwegen mit ihr auf den Ball gehe. Du musst endlich in Ordnung bringen, was du verbockt hast!"

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Ich wusste, dass es wahnsinnig gestellt aussehen musste, wenn ich absichtlich zu spät zum Ball kam. Aber das gehörte nun mal zum Plan, um Natis Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.
Ich sollte wirklich aufhören auf Jacob zu hören. Seine Pläne sind immer der totale Schwachsinn, dennoch liess ich mich immer wieder auf sie ein. Vielleicht sollte ich mir in Zukunft selbst Pläne schmieden. Oder zumindest auf Rylie hören, das wäre vermutlich auch schon besser, als das hier.
Wenn man Jacobs vertrauen konnte, würde ich so Natis Aufmerksamkeit auf mich ziehen und ihr zeigen, dass ich mich für keine andere interessierte. Gab es nicht einen Film, in dem ein Mädchen genau dasselbe getan hatte? Ich sollte wirklich nicht darüber nachdenken...

Der Ballsaal war noch derselbe, wie letztes Jahr und ausserdem war er bereits gerammelt voll. Ich spürte die Blicke der ganzen Mädchen auf mir - und auch derer Begleitungen, die mich gereizt anstarrten. Sorry Jungs, aber das konnte ich leider nicht ändern. Ich wollte doch nur den Blick eines bestimmten Mädchens auf mich ziehen.
Ich konnte sie bereits nach wenigen Momenten am Rand mit ihren Freundinnen ausmachen. Während ich die Treppen herunterging, ruhte mein Blick auf ihr und ich musste zugeben, dass ich es nicht schaffte meine Augen von ihr zu lösen. In ihrem hellblauen Kleid sah sie umwerfend aus und ich konnte mir schon fast denken, dass sie die anschmachtenden Blicke der Jungs und die neidvollen der Mädchen gar nicht bemerkte.
Sie schaute mir in die Augen und ich wusste, dass sie Delancy, die neben ihr auf sie einredete, gar nicht mehr wahrnahm.
Etwas weiter von ihr entfernt erblickte ich Jacob und die anderen, auf die ich kurzerhand zu ging und mich zu ihnen gesellte.

„Hallo, Bro!", begrüsste mich Jake und hielt mir seine Hand hin, damit ich einschlagen konnte. Das Gleiche tat ich auch mit Natis Brüdern, Jason und Derek.
„Was macht ihr denn alle hier? Weshalb seid ihr nicht bei den Mädels?", fragte ich vor allem an Jacob, Derek, Aiden und die Zwillinge gewandt, da diese mit 'unseren' Mädels hier waren.
„Sie haben gleich ihren Auftritt und Delancy versucht vor allem Natalia eine Motivationsansprache zu halten, aber die scheint gerade ziemlich abgelenkt zu sein", erklärte Derek grinsend und schaute an mir vorbei zu Natalia, deren blaue Augen auf mir ruhten, und Delancy, die ziemlich sauer auf Nati einredete. Ich fragte mich wirklich, wieso Derek ausgerechnet die kratzbürstige Halbschwester von Tessa gefragt hatte, ob sie mit ihm auf den Ball ging.

„Ich glaube, dass Harper diese Ansprache noch fast nötiger hat, als unsere Schwester", erklärte Aiden, der unseren Blicken gefolgt war. „Das hat sie mir jedenfalls erzählt, als wir sie bei ihr zu Hause abgeholt haben."
„Chloe und Madison sind auch nicht besonders entspannt. Ich glaube die Anwesenheit dieses Musikproduzenten macht sie alle ziemlich nervös", erklärte Mason und Meik nickte zustimmend.
Im Stillen widersprach ich meinen Freunden, denn Natalia sah so entspannt aus wie immer. Nach allem, was sie durchmachen musste, brauchte es nicht mehr viel, um sie aus der Ruhe zu bringen. Da war so ein kleiner Auftritt vor einem bekannten Musikproduzenten gar nichts.
Ich beobachtete, wie sie sich auf der Bühne einrichteten und schliesslich ihre Songs anstimmten.
Meine Augen waren die ganze Zeit auf Natalia geheftet. Ich konnte ihre Freude, die sie in dem Moment empfinden musste, bis hierher spüren und diese Freude war wirklich ansteckend.
Unsere Mitschüler strömten geradezu auf die Tanzfläche und bewegten sich jubelnd mit dem Rhythmus mit. Einmal erblickte ich sogar Roxie, die am Rand stand und wie wild Fotos schoss.

Alive - Wie er mich am Leben hielt Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt