Erkenntnis

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Als Milan das sagte, überlegte Joel nicht lange, er stand auf und lief ohne ein weiteres Wort ins Haus. Er ging schnell zu den Mädchenzimmern und klopfte dann an der Tür zum Zimmer von Laika und Cathéa, doch bekam keine Antwort. Also riss er die Tür auf, und stellte fest, dass niemand im Zimmer war. Das Licht war eingeschaltet, und ein offener Füller lag auf Laikas Kopfkissen, unter welchem sich ein Tintenfleck gebildet hatte.

Joel schluckte. Was war passiert? Mit einem besorgten Gesichtsausdruck ging er zurück in die Eingangshalle. „Sie ist nicht da", sagte er mit zittriger Stimme.

***

Cathéa saß mit glasigem Blick am Esstisch, Matteo zu ihrer Linken und Malayka zu ihrer Rechten. Matteo trug einen Verband um seine verbrannte Hand, Taynara konnte sie nicht vollkommen heilen, da sie in dem Augenblick zu müde war, um ihre ganze magische Kraft einzusetzen.

Milan und Rosalia waren mit Anemos und Hyou losgezogen, um nach Laika zu suchen, und Joel und Coco hatten darauf bestanden, mitzukommen. Hyou sollte sich in einen Hund verwandeln und Laikas Spur aufnehmen, und Anemos sollte ihm den Wind stillhalten, damit der Geruch nicht weggeweht wurde.

Die anderen waren im Hause geblieben, alle waren schockiert, und außer Taynara und Kiki konnte in dieser Nacht keiner der Magier einschlafen. Alle versuchten zu verarbeiten, dass ihre Freundin verschwunden war, wahrscheinlich entführt. Es herrschte eine bedrückende Stimmung, niemand sagte etwas, alle waren in ihre eigenen Gedanken versunken.

So verging eine Woche auf der Suche nach ihr, jedoch fanden die Magier keine einzige Spur. Kiki hatte den Vorfall schon fast vergessen, und jedes Mal, wenn man sie darauf ansprach, brach sie beinahe wieder in Tränen aus, sodass die Anderen auch nicht herausfinden konnten, was genau geschehen war.
Cathéa saß mit Joel und Matteo auf der Terrasse, und gemeinsam betrachteten sie den Sternenhimmel. „Glaubt ihr, wir werden Laika wiederfinden?", fragte sie leise und lehnte sich leicht an Joel. „Natürlich werden wir das", knurrte er und legte seinen Arm um sie, „Wer sie sich auch immer geschnappt hat, er hat sich mit den falschen Magiern angelegt." Cathéa lächelte leicht. Er hatte Recht, niemand konnte es wagen, einem Teil von ihnen etwas anzutun.

„W-was zum...?", kam es plötzlich von Matteo, welcher entsetzt in den Himmel starrte. Cathéa schaute irritiert ebenfalls wieder hoch, und als sie es sah, wurde sie kreidebleich. „Granny...?".

„Ja?". Die alte Frau saß im Wohnzimmer, welches an der Terrasse lag, und die Glastür war offen. „Was hat das zu bedeuten?", fragte Cathéa mit leicht zitternder Stimme und zeigte zu den Sternen. Rosalia kam mit einem warmen Lächeln wie immer durch die Tür heraus, stellte sich zu den Kindern und sah hinauf. Plötzlich erstarrte ihr Lächeln und wich einem schockierten Gesichtsausdruck.

Einige Sterne hatten sich neu formiert, und bildeten die Worte: „Hm... Keine Lust mehr zu warten. Haha!".
Rosalia stockte und schaute fassungslos auf das Sternenbild. Wie war das möglich? Was ging da vor sich?
„Ich habe mich geirrt...", stellte sie entsetzt fest, und man hörte aus ihrer Stimme heraus, dass sie ein wenig beschämt war, „Damals... vor zwölf Jahren... Es war anscheinend keine Prophezeiung der Sterne, es war das Werk eines Magiers... Er benutzte Caelestis Magicae, also himmlische Magie." „Also... müssen wir gar nicht kämpfen? Waren all die Jahre umsonst?", fragte Joel mit großen Augen und schaute Rosalia abwartend an. Diese machte ein ernstes Gesicht, bevor sie langsam antwortete: „...Doch. Und zwar gegen Magier. Dunkle Magier." „Wirklich?", fragte Cathéa. Kurz überlegte sie, bevor sich ein breites Grinsen auf ihr Gesicht schlich. „Das wird bestimmt richtig aufregend! Andere Magier, neue Magien..."

Rosalia musste über ihren Enthusiasmus lächeln, auch wenn sie ziemlich besorgt war. „Aufregend bestimmt. Aber garantiert nicht einfach. Und wenn der, beziehungsweise die Magier nicht mehr abwarten wollen, heißt das, dass ihr jederzeit auf einen Kampf vorbereitet sein müsst. Bitte, Kinder, nehmt es nicht auf die leichte Schulter." „Machen wir schon nicht", versicherte Matteo mit einem leichten Lächeln. Rosalia seufzte erleichtert und sagte: „Ich muss den anderen Bescheid geben." „Äh, Granny?", sprach Matteo sie noch einmal an, „Glaubst du, die anderen Magier haben etwas mit Laikas Verschwinden zu tun?". „Es ist nicht unwahrscheinlich", meinte sie, dann ging sie ohne ein weiteres Wort zurück ins Haus.

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