Kapitel 1

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Benjamin Cumberbutton setzte zum Sprung an und entwich geschwind durch die Vordertür.

"Verdammt!", fluchte Jean, als sie ihrem vermaledeiten Kater nach hechtete.

Aus dem Treppenflur was lautes Gepolter zu hören. So ein verdammter Mist aber auch!

"Benjamin!", rief sie dem störrischen Tier nach, doch für den jungen Kater gab es bereits kein Halten mehr.

"Du Streuner", zeterte Jean, als sie blindlings in den Flur stolperte und beinahe selbst über Benjamin fiel, der sich gerade an der Flucht zurück in seine vier Wände versuchte.

"Oh Scheiße", hörte sie es aus dem Treppenhaus fluchen.

"Ben!", stieß Jean aus, als ihr Kater erneut in Richtung Treppen rannte.

"So ein elendiger Mist!"

Oh man, da lief wohl jemandes Tag noch beschissener als ihr eigener, und sie war auch noch daran schuld. Zögernd trat Jean einen weiteren Schritt in den Flur und spähte das Treppenhaus hinunter, um den Schaden zu begutachten den ihr Kater angerichtet hatte. Und oh war das ein Schaden. Ein ziemlich hinreißender.

Am Boden des kurzen Treppenabschnitts saß, neben einer schmalen Lache von Kaffee, eine junge Frau, lautstark vor sich hinfluchend, während Benjamin seelenruhig die verschüttete Flüssigkeit aufleckte.

"Shit!", stieß Jean aus und zog somit die Aufmerksamkeit der Frau auf sich.

Das letzte Mal, dass Jean jemanden so angefressen gesehen hatte musste Jahre her gewesen sein, aber auch ohne ausführliche Erfahrungen mit derartigen Situationen war ihr deutlich bewusste, dass das wutverzerrte Gesicht der Frau in ihrem Hausflur nichts gutes bedeuten konnte.

"Verfluchte Scheiße!", schimpfte diese.

Nein, nein, gar nichts gutes.

"Ist das da -", sie deutete mit einem schmalen Zeigefinger auf Benjamin. "- Ihr Mistfieh?"

Jean schluckte schwer. Einerseits konnte sie den Ärger der Frau durchaus gut verstehen, andererseits sträubte sich die Katzenliebhaberin in ihr gegen die harschen Worte die ihrem Kater entgegengebracht wurden.

Ihr Zögern schien der Laune der Frau nicht gerade zu Gute zu kommen.
Schnaufend strich sie sich mehrere wilde Strähnen blonden Haares, die sich aus ihrem strengen Dutt gelöst hatten, aus ihrem Gesicht und erhob sich vom Linoleum Boden.

Jean schluckte erneut. Die Bluse der Blondine war getränkt in Kaffee; Milchkaffee oder vielleicht Latte Machiato wenn man der hellbraunen Farbe trauen durfte. Der weiße Stoff war durchnässt und durchlässig; der schwarze Spitzen BH der Frau in voller Sicht. Auch ihren Rock hatte es nicht besser erwischt; der Kaffee hatte Schlieren auf dem feinen grauen Material hinterlassen.

Benjamin schleckte immer noch genüsslich an dem Teil der Flüssigkeit, der auf dem Boden gelandet war.

"Oh Gott", war das erste was Jean hervorbrachte. "Tut mir schrecklich leid! Wir sind gerade dabei einzuziehen und ich hab die Tür offen gelassen! Ben ist mir entwischt, als ich gerade einen der Kartons reingetragen hab."

Die andere Frau schien dafür offensichtlich wenig Verständnis zu haben.

"Wegen Ihnen und diesem...diesem Ungetüm komme ich jetzt zu spät zur Arbeit", knurrte sie. Blaue Augen funkelten gefährlich in ihre Richtung und Jean biss sich sacht auf die Unterlippe.

"Es tut mir wirklich leid, ich komme natürlich für die Reinigungskosten auf", versuchte sie es erneut, doch die Hand der anderen Frau schoss in die Höhe um jegliche weitere
Entschuldigung oder Erklärung abzuwehren.

"Gehen Sie mir einfach aus dem Weg", orderte sie. Sie trat sicheren Schrittes auf die Treppe zu und erklomm die Stufen mit erschreckender Selbstsicherheit.

Jean wich flink zurück und sah zu wie die junge Frau in dem Apartment neben ihrem verschwand.

Als die weiße Haustür lautstark zuschlug kehrte eiserne Stille im Hausflur ein. Jean nahm einen tiefen Atemzug, lies die Anspannung von ihrem Körper weichen und joggte dann die Treppe hinunter um ihren Kater einzusammeln.

"Komm schon du Terror-Kater", schnaubte sie, als sie die graue Hauskatze in ihre Arme hob und kurzerhand zurück in ihre Wohnung bucksierte.

Als er schließlich sicher in ihrer Wohnung eingesperrt war (und sie sicher war, dass die Frau ihr Apartment schlussendlich erneut verlassen hatte) trat Jean wieder in den Flur, um einen Blick auf das Türschild zu werfen.

Fairwell.

Na toll. Sie hatte es nicht nur geschafft an ihrem ersten Tag in ihrem neuen Zuhause ein riesiges Chaos anzurichten, nein sie hatte es auch geschafft sich gleich am ersten Tag mit einer ihrer Nachbarinnen anzulegen.

Super Start.

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