Kapitel 5

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Alicia Fairwell schnaubte genervt.

War es nicht genug, dass sie wegen ihrer neuen Nachbarin schon zu spät zur Arbeit gekommen war? Nein, die Frau musste nicht nur mit einem Trupp von plattfüßigen Trampeln anreisen um tagelang im Treppenhaus zu lärmen, sondern sie musste ihr auch ihre Möbelstücke in die Knie schlagen.

Alicia rieb sich knurrend eines ihrer besagten schmerzenden Körperteile.

Es schien wirklich nicht ihre Woche zu sein. Zwei größere Firmen hatten Eventaufträge zurückgezogen und dann war sie auch noch zu spät zu einem der Meetings mit einer weiteren erschienen - dank ihrer Nachbarin.

Ihre Nachbarin und ihre verdammte Katze schienen das Zentrum von Alicias Unglück zu sein.

Nicht einmal nachts wurde sie die beiden los. Der vermaledeite Kater hatte sie die halbe Nacht mit seinem Katzenjammer wachgehalten und jetzt, um 8:30 Uhr an einem verdammten Samstag morgen, hielt sein Frauchen es für eine grandiose Idee gegen die Wand zu hämmern.

Alicia knurrte. Ihre Finger gruben sich in ihre blau/weiß geblümte Sommerbettwäsche, als sie verzweifelt an ihre Zurückhaltung appellierte.

Das Hämmern lies für einen kurzen Moment nach und Alicia drehte sich um, um ihr Gesicht in ihrem Kissen zu vergraben.

Sie war kurz davor wieder zurück in ihre Traumwelt zu driften, als es erneut begann. Schnaubend warf sie ihre Bettdecke zur Seite und schwang die Beine über die Bettkante. In Schlafshorts und Seidenhemd stürmte sie durch ihre Wohnung.

Genug war genug!

Im Wohnzimmer stieß sie gegen die Kante ihrer Couch und fluchte.
Nein es war wirklich nicht ihre Woche.

Ihre Hausschuhe übergehend stapfte sie schnurstracks barfuß aus der Haustür.

Die Tür ihrer Nachbarin war geschlossen, doch auch auf ihrer Fußmatte stehend konnte Alicia Musik und das polternde Geräusch des Hämmerns hören.

Erbost presste sie einen der schlanken Finger gegen den Knopf der Türklingel. Rascheln war zu hören.

Wehe wenn diese Frau es wagte ihr nicht zu öffnen!

Sie drückte ihren Finger erneut auf die Klingel und stieß ein leises Knurren aus. Ein poltern und das Geräusch des sich im Schloss drehenden Schlüssel später blickten die schockierten Augen ihres Quälgeistes ihr entgegen.

"Sie!", knurrte Alicia.

"Wie können Sie es wagen! Sie und ihr Mistfieh von Kater! Hetzten Ihr Ungetüm auf mich! Sorgen dafür, dass ich zu spät zur Arbeit komme! Belästigen meine Ruhe mit ihrem obszönen Lärm und ihrem Proletenpack von inkompetenten, lauten, ignoranten Freunden! Attackieren mich mit ihren Möbeln! Und wecken mich an meinem FREIEN Tag mit ihrem dämlichen Gehämmer!"

Jean's Mund öffnete und schloss sich in Comic artiger weise, fast wie ein Fisch.

"Es war ruhig hier! Ruhig und gesittet, bevor Sie hier hin gezogen sind!", schnaubte Alicia, ihr Gesicht gerötet vor Zorn.

Jean konnte ihre Pulsader pulsieren sehen, ihr Kiefer verkrampft und ihre Augen funkelten vor Zorn.

Sie atmete tief ein, verzweifelt versuchend sich von dem Schock zu erholen den der Besuch ihrer Nachbarin verursacht hatte.

"Und jetzt vergeuden Sie meine wertvolle Zeit mit Ihrer eigenen Inkompetenz in dem Sie mich dümmlich anstarren! Sagen Sie befindet sich in Ihrem Schädel irgendetwas anderes, als gähnende Leere?"

Jean konnte nicht umhin festzustellen, dass der Zorn ihrer Nachbarin eine gewisse Wirkung auf sie hatte.

Sie fand die Dominanz ihrer Haltung und das finstere funkeln der blauen Augen mehr als zusprechend und bedauerte auf einmal, dass es scheinbar die Mission der Frau war, Jean zu ihrer Erzfeindin zu deklarieren.

"Haben Sie irgendwas zu Ihrer Verteidigung zu sagen oder hat man Ihnen den Mund zu geklebt?"

Jean schluckte schwer. Es hatte ihr nie leicht gefallen mit Frauen zu sprechen, die ihr gefielen. Es gab dort schließlich die dramatische Story über sie und ihre Englisch Lehrerin im zehnten Jahr...

"Tut mir leid Sie geweckt zu haben Miss Fairwell", sagte sie, schlug dann jedoch einen anderen Ton an.
"Aber Sie müssen gestehen, dass ein Umzug nicht gerade leise von statten gehen kann."

Argumentation schien der falsche Ansatz zu sein was ihr momentanes Problem anging.

"Nicht gerade leise? Sie nennen den eklatanten Lärm den Sie veranstalten 'nicht gerade leise'? Das ist die Untertreibung des Jahres!", schimpfte Alicia und Jean ließ geschlagen die Schultern sinken.

"Wie schon gesagt, die Störung tut mir außer ordentlich leid! Vielleicht können wir die ganze Sache bereinigen. Ich habe meine neue Kaffeemaschine schon ausgepackt, aber bisher noch nicht in Betrieb nehmen können. Wie wäre es mit einer Tasse?", wandte Jean gutmütig ein.

Selbst wenn ihre Nachbarin keinen so außerordentlichen Effekt auf Jean gehabt hätte, wäre ihr die momentane Situation in der sie sich befanden unangenehm. Sie wollte, dass ihre neuen Nachbarn ein gutes Verhältnis zu ihr hatten und bis auf Alicia schien auch niemand ein Problem mit ihr zu haben.

Ihr Friedensangebot schien jedoch auf kampflustige Ohren zu treffen.

"Kaffee trinken? Denken Sie Kaffee kann Sie hier retten? Einen Kaffee trinken, also ehrlich. Und dann auch noch mit Ihnen!", schnaufte Alicia. "Das einzige, was ich von Ihnen möchte, ist meine Ruhe zurück!"

Und somit wand sie sich um und stürmte den Gang entlang, eine verdutzte und zugegebener Maßen leicht verletzte Jean zurücklassend.

Einen Moment lang, nachdem Alicia's Haustür hinter ihr zugeknallt war herrschte Ruhe im Haus.
Jedoch nur so lange wie es Alicia kostete ihr Wohnzimmer zu durchqueren und ihre Balkontür zu erreichen, hinter derer sich Chaos erstreckte.

Mühevoll platzierte Tontöpfe mit selbst ausgewählten Blumen waren wüst über die Fläche ihrer Balkons verteilt, Erde erstreckte sich über den Boden und im Zentrum des Chaos' saß ein grauer Kater und leckte sich zufrieden die Pfoten.

"DU MISTFIEH!", war das nächste was quer durch die gesamte Etage dröhnte und Jean über einen weiteren Zwischenfall, ihren Kater involvierend, benachrichtigte.

KatzenjammerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt