Kapitel 7

416 30 0
                                    

"Licia!", ertönte die Stimme ihrer Kollegin, als Linn das Gebäude am Morgen betrat.

Sie fand Alicia wenige Minuten später in ihrem lichtdurchfluteten Büro durch die Blumenbestellung blätternd.

"Hm?", murmelte diese abgelenkt, als Linn aufgebracht durch die Glastüren trat.

"Was sollte der Scheiß vorhin?", fragte sie vorwurfsvoll.

"Ich weiß ja, dass es dein neues Lieblingscafé ist Linn, aber ich bin sicher du findest ein wunderbares Café mit besserem Personal."

Linn schnaubte. Sie hielt Alicia's Schreibtisch als Grenze zwischen den beiden und stütze sich auf ihre Handflächen, um sich näher zu ihrer Freundin zu lehnen.

"Zuerst einmal Lica, ist es meine Entscheidung, wo ich mir meine tägliche Dosis Koffein hole und wenn ich dir deine mitbringen soll, damit dieses Geschäft weiter läuft, dann ist es auch meine Entscheidung wo deine herkommt!
Und zweitens, was war das bitte für ein Aufstand? Hast du sie noch alle? Mag ja sein, dass du auf Grund eurer Wohnsituation so deine Probleme mit dem Mädchen hast, aber sie an ihrem Arbeitsplatz so anzufahren geht ja wohl gar nicht! Stell dir vor einer deiner Nachbarn würde das mit dir machen! Du wärst empört! Stattdessen fühlt sich die Kleine jetzt beschissen und wird sich vermutlich den ganzen Arbeitstag schuldig fühlen!"

Es war lange her, dass Linn ihrer Freundin eine derartige Standpauke gehalten hatte. Zuletzt, vermutlich, als sie zuerst Geschäftspartner wurden und ihre Firma and laufen kriegen mussten und die Fetzen vor lauter blank liegenden Nerven geflogen waren.

Alicia nahm den Blick von ihren Papieren und starrte Linn finster an.

"Soll sie doch!", zeterte sie. "Sie darf sich gerne so schuldig fühlen wie sie will, bis sie mir meinen Hausfrieden wieder bringt! Sie hat keinen entspannten Arbeitstag verdient wenn sie es schafft mir meine Zeit zur ruhelosen Hölle zu machen!"

Ihrer Wut wurde Verständnislosigkeit entgegen gebracht.

"Das macht die Arme doch nicht mit Absicht meine Güte! Erinnerst du dich noch daran wie wir in die neuen Räumlichkeiten gezogen sind? Ich hab dir fast nen Hammer auf den Fuß fallen lassen und wir haben ganze Wochenenden darauf verwendet die Bildern an die Wände zu nageln. Ich bezweifle, dass wir dabei ansatzweise leise waren."

Alicia schnaubte. Die Tatsache, dass sich ihre Geschäftspartnerin und langjährige Freundin auf die Seite ihrer höllischen Nachbarin schlug wäre vielleicht weniger aufbringend gewesen, wenn Linn's Argumenten die Stichhaltigkeit gefehlt hätte und es nicht so schien, als wäre sie selbst im Unrecht.

"Selbst wenn sie nichts dafür könnte, heißt das noch lange nicht, dass ich sie tolerieren oder, das wäre ja noch schöner, sie mögen muss!"

Linn sah ihrer Freundin fassungslos entgegen.

"Meine Güte Lica was ist denn los mit dir? Ich schwöre, dir so schlimm warst du seid dem ersten Monat nach deiner letzten Trennung nicht mehr drauf!
Ich weiß, dass dir das damals Nahe gegangen ist, aber die Leute sind langsam, aber sicher lange genug um dich herum getanzt!"

Alicia stierte ihr wütend entgegen.
Es war jetzt fast 8 Monate her, dass sich ihre Exfreundin mit einer anderen davon gemacht und Alicia's Leben in Trümmern zurückgelassen hatte, aber das Thema war immer noch mehr als ein "Sore Spot" für sie und Linn wusste über diese Tatsache nur zu gut Bescheid.

"Was hat das ganze bitte mit Tara zu tun? Und was heißt hier 'um mich herum getanzt'?", schnappte sie.

"Du hast schon richtig gehört Licia!
Seid Tara mit diesem Flittchen abgehauen ist bist du die Furie schlechthin! Du schreist die Neulinge an, wenn sie den kleinsten Fehler machen, deine restlichen Nachbarn gehen dir aus dem Weg und ich bin damit beauftragt deinen Schokoladen Konsum aufrecht zu erhalten, damit du dem Floristen nicht nochmal so einen Schreck einjagst, wie letztes Mal. Als du fluchend im strömenden regen vor seiner Haustür aufgetaucht bist, um dich über eine fehlerhafte Bestellung zu beschweren!"

Linn funkelte Alicia wütend entgegen. Es kam selten dazu, dass die ältere der beiden ihre Nerven verlor und ihre Stimme in einer derartigen Weise gegen Alicia erhob.
Die Angestellten ihres Unternehmens wurden regelmäßig von beiden Frauen gemaßregelt, aber Linn war mehr für scharfe Worte und schnippische Kommentare als für ausgewachsene Wutausbrüche bekannt.

Alicia blieb einen Moment die Luft weg. Sie nahm einen tiefen Atemzug, um zurück zu zetern und ihrer Wut weiter Luft zu machen, doch als sie den Atem aus ihren Lungen entweichen ließ schien sich ihr Ärger aufzulösen. Ihr Augen begannen sacht zu prickeln.

Linn seufzte sacht.
"Komm her du Starrkopf!"
Sie hielt die Arme offen und zog Alicia um ihren Tisch herum in eine Umarmung. Diese schniefte leise.

"T-Tut mir leid", wisperte sie und Linn strich ihr sanft über den Kopf.

"Vergeben und vergessen was mich angeht. Ich bin deine beste Freundin aus Kindheitstagen, man, wir haben ein Geschäft zusammen, ich darf dir gar nicht lange böse sein! Aber du musst anfangen deinen Schädel aus deinem Arsch zu ziehen oder dein Sozialleben besteht bald nur noch aus mir und dem Postmann, falls du den nicht auch schon verschreckt hast."

Alicia seufzte. "Ich weiß ich weiß. Und ich hab mich schon gewundert warum Mrs Georges aus 12 B nicht mehr vorbei kommt um sich meine Zeitung zu leihen. Ich weiß nur nicht wie ich mich verhalten soll Linn! Ich hab so viel Zeit darauf verwendet sauer auf Gott und die Welt zu sein, dass ich nicht mehr weiß wie man ein normaler Mensch ist!"

Linn grinste.
"Du schaffst das Lica. Tara war ne blöde Bitch und ich will ja nicht fies sein, aber ich hab es dir gesagt. Egal wie. Sie ist weg und sie kommt nicht wieder und wenn doch kriegt sie von mir auf die Mütze. Und du hast was besseres verdient und du hast vielleicht die beste Chance eine neue Freundin zu gewinnen, wenn du deiner, wenn ich mir die Anmerkung erlauben darf, sehr netten, Nachbarin eine vernünftige Chance gibst!"

Alicia vergrub den Kopf im Nacken ihrer Freundin und murmelte leise vor sich hin.

"Wenn das kein 'Ja Linn, du hast recht Linn, alles was du sagst Linn' war will ich es nicht hören. Ich drohe dir ungerne, aber ich kauf dir sonst keinen Kaffee mehr!"

Alicia hob abrupt ihren Kopf um Linn entgeistert anzustarren, bevor sie die Arme in die Luft warf und ihre Niederlage eingestand.

KatzenjammerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt