22. Happy New Year

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22. Happy New Year

Vor meinem inneren Auge tauchte der Spiegel auf. Ich kannte ihn so gut, doch ich hatte ihn lange nicht mehr gesehen und ganz und gar nicht vermisst. Ich wusste bereits was kommen würde, erschrak jedoch, als ich in den Spiegel sah und mir zum ersten Mal ein Gesicht entgegen blickte.

Eine braunhaarige, junge Frau starrte mir aus ihren ebenso braunen Augen entgegen. Sie war schön und mir völlig fremd, zugleich kam sie mir jedoch bekannt vor.

Die Visage der schönen Frau verzog sich zu einem hämischen Grinsen und sie bleckte gefährlich ihre Zähne. Ich wurde panisch. Ich wollte mit meinen Fingern auf den Spiegel einschlagen, ihn zerschlagen, sodass ich nicht mehr in dieses Gesicht blicken musste, nicht mehr dieses grauenhafte, hämische Grinsen ertragen musste. Es gelang mir nicht. Ich konnte mich nicht bewegen, war wie gefangen in meinem eigenen Körper. Eine Gefangene in meinem eigenen Kopf, wie ferngesteuert. Jegliche Kontrolle war mir entglitten, lastete nun auf fremden Schultern.

Um mich herum waberte Nebel auf und umhüllte mich, wie eine kühle zweite Haut, bis ich vollständig darin gefangen war. Es gab kein Entrinnen mehr.

Eine gefühlte Ewigkeit schwebte ich einfach nur im Nebel, jedenfalls fühlte es sich an, als würde ich schweben, denn unter mir war nichts, worauf ich stand. Um genau zu sein, spürte ich kaum etwas, abgesehen vom kühlen, dichten Nebel.

Plötzlich eine Stimme. Nein. Nicht irgendeine Stimme. DIE Stimme. „Komm!“ Mein ganzer Körper erschauderte beim Klang dieser Stimme, beim Klang dieser Buchstaben, dieses Wortes.

Gerade wollte ich den Mund öffnen, schreien und alledem entkommen, da wurde mir eine eiskalte Hand auf die Lippen gepresst und hinderte mich daran laut zu Schreien.

Tränen bildeten sich in meinen Augen, ein leises Wimmern entfuhr mir, wurde jedoch durch die Hand auf meinen Lippen gedämpft.

Ich begann zu zittern. Konnte ich nicht einfach aufwachen? Schlief ich überhaupt?

Ganz fest kniff ich meine Augen zusammen, hoffte auf ein schnelles erwachen, wenn ich tatsächlich schlief. Hoffte darauf, dass all dies hier ein Ende nehmen würde und zwar schnell.

Die Stimme hatte aufgehört zu sprechen, stattdessen fühlte es sich an, als hatte jemand seinen Mund unmittelbar an mein Ohr gelegt, denn ich konnte den feuchten Atem hören und auf meiner Haut spüren.

„Ich werde dich kriegen! Du kannst mir nicht entkommen!“, brüllte der Mund in mein Ohr und es war, als würden die Fesseln, die mich gehalten hatten sich lösen. Die Hand vor meinem Mund wurde fortgerissen und endlich, endlich konnte ich schreien. Im Hintergrund vernahm ich ein höhnisches Gelächter, bis mein Schrei es vollends übertönte...

„Bonnie? Bonnie, was ist passiert?“ Rose rüttelte an meiner Schulter und ich öffnete die Augen, die ich immer noch zugekniffen hatte.

Ich spürte, dass meine Wangen feucht waren vor all den Tränen die ich vergossen hatte. Eine Gänsehaut hatte sich über mich gelegt und dennoch perlte Angstschweiß von meiner Stirn ab.

„Albtraum.“, murmelte ich, noch immer zu benommen um mehr zu sagen.

„So schlimm?“, fragte Rose und strich mir mitfühlend über die Haare.

Dankbar lächelte ich sie an. „Weißt du Rose...“, setzte ich an, machte dann allerdings wieder eine Pause. Rose sah mich weder fragend noch fordernd an. Sie sah mich ermutigend an und ich war ihr so dankbar dafür. Sie drängte mich nicht ihr etwas zu erzählen, wollte mir Mut machen ihr etwas zu erzählen, aber keinesfalls wollte sie es wissen, wenn ich es ihr nicht sagen wollte.

Veränderungen - Schatten der Vergangenheit I - HP FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt