6.

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Ein paar weitere Tage sind vergangen.
Ich habe in Rosalie doch noch eine beste Freundin gefunden. Nun verstehe ich mich mit allen sehr gut, außer mit Renesmee. Seit einer Weile hängt sie nur noch mit diesem Typen rum, der echt streng riecht. Bella erklärte mir, dass es sich bei diesem Typen um einen Gestaltwandler handelt. Ich habe nur darüber gelacht, da ich das für Schwachsinn hielt. Ich glaubte aber auch erst nicht, dass es Vampire gibt. So kann man sich irren.

Jasper hat sich bereit erklärt, mir bei der Kontrolle meiner Gabe zu helfen. Wir trainieren jeden Tag. Heute ist aber das Kampftraining dran. Es fällt mir aber nicht wirklich schwer.

Ich habe vor etwa Zweihundert Jahren an der französischen Revolution teilgenommen. Zu dieser Zeit war ich sehr verbittert und schnell reizbar.
Damals gehörte ich zu einer kleinen Gruppe von Vampiren. Wir lebten in einem alten, 'verlassenen' Haus am Stadtrand von Paris. Es wurde immer erzählt, dass in diesem Haus dämonische Wesen leben, die des Nachts heraus kommen und jeden töten, der sich noch draußen aufhält. Das kam uns zu gute. Sie mussten sich beim Jagen nicht sonderlich anstrengen, da es immer wieder Draufgänger gab, die der Geschichte nicht glauben wollten. Ganz so grausam waren sie aber auch nicht. Wenn einer um Gnade bettelte und er ihnen als nützlich erschien, verwandelten sie ihn.
Auf diese Weise entstand eine Art Clan direkt in der Hauptstadt Frankreichs.
So lernte ich auch meinen damaligen besten Freund Jack kennen. Seine irgendwie draufgängerische Art gefiel mir, schon als er noch ein Mensch war. Er trieb sich öfter des Nachts auf den Straßen herum und suchte nach dem gewissen Nervenkitzel. Den schien er bei uns gefunden zu haben. Er bat darum verwandelt zu werden, als er von den anderen umzingelt wurde. Sie waren zuerst dagegen, doch ich konnte sie umstimmen. So wurde er Teil unserer Familie.

Wir planten schon lange an einer Revolution. Wären wir nicht beteiligt gewesen, dann wäre das alles bestimmt missglückt. Der Sturm auf die Bastille war für uns eher ein Kinderspiel. An der Hinrichtung des Königs nahmen auch einige von uns aus sicherer Entfernung teil. Ich aber blieb im Haus.

Danach habe ich beschlossen, wieder allein weiter zu ziehen.
Egal in welches Land ich kam, nach einer Weile kehrte ich wieder in die USA zurück. Ich ging immer wieder in mein Heimatdorf zurück, um zu sehen wie es meiner Familie ging. Zwanzig Jahre nach meiner Verwandlung kehrte ich das dritte Mal zurück. Ich habe versuchen wollen, mein altes Leben weiter zu 'leben'. Doch alles war anders.

In der Nacht, in der ich verschwand, wurde ein obdachloses Mädchen ermordet.
Die Menschen dachten, dass es sich dabei um mich handelte, da sie mein Kleid getragen hatte.

Auf meiner Flucht hatte ich ein schlichtes Kleid von einer Wäscheleine genommen und das neue in eine Gasse geworfen. Sie schien es gefunden zu haben, bevor ihr Leben beendet wurde.

Man hatte sie mit meinem Namen beigesetzt. Auch meiner Familie ging es schlecht. Sie verloren all ihren Reichtum, meine Mutter bekam Fieber und starb wenig später. Mein Vater ging an den Geschehnissen zu Grunde. Da ich ein Einzelkind war, hatte er niemanden, der sich um ihn kümmern konnte. Ich und meine Mutter waren, neben seiner Arbeit, sein ein und alles.

Ich beobachtete ihn immer durchs Fenster. Einmal, als ich nicht vorsichtig genug war, sah er mich. Er wurde für verrückt erklärt und in eine Psychiatrie eingewiesen. Nur eine Woche später nahm er sich das Leben.

Ich hörte davon, dass mein Verlobter eine Freundin von mir geheiratet hatte. Nicht mal ein Jahr nach meinem 'Tod'. Sie bekamen viele Töchter und Söhne.
Sie hatten ihr happy End.
Sie wurden alt und starben glücklich und zufrieden, während ich mich nicht veränderte.

Ein Mensch wäre froh so lange leben zu können. Ich aber war und bin es Leid, für immer Siebzehn Jahre alt zu sein. Niemals eine Familie haben zu können, da man keine Kinder bekommen kann.

Aber egal. Ich kann daran nicht das Geringste ändern. Wenigstens bin ich nicht mehr allein. Ich frage mich aber noch immer, wie es Jack geht. Ob er überhaupt noch existiert.

Nun wieder zurück zur Gegenwart. Ich laufe durch den Wald. Ich spüre den Saum meines Kleides. Es ist Grün und aus seidigem Stoff.
Zum jagen oder zum spazieren im Wald, trage ich immer ein Kleid. Einen richtigen Grund dafür gibt es nicht. Es gefällt mir einfach.
Ich springe über einen Fluss, gefolgt von Bella. Sie ist aber viel langsamer als ich. Wir sind vermutlich schon viele Kilometer vom Haus entfernt. Außer den Tieren ist niemand im Wald. Kein Mensch.
"Wo bleibst du denn?", frage ich Bella, die ein paar Meter hinter mir stehen bleibt.
"Ich bin leider nicht so schnell wie du", sagt sie lächelnd. Ich grinse nur vor mich hin. Doch dann drehe mich schnell um.
"Hörst du etwas?", fragt sie, während ich meine Augen schließe.
"Ja, eine Herde Hirsche.
Zwei Kilometer nördlich von hier", sage ich und laufe wieder los. Dieses Mal aber langsamer, damit Bella mithalten kann.
"Die zwei Schwächeren", sagt sie. Wir nicken uns gegenseitig zu und machen uns ans Werk. Da der Durst nun gestillt ist, gehen wir zurück. "Was ist eigentlich zwischen Renesmee und diesem Jacob", frage ich nach einer Weile.
"Er hat sich auf sie geprägt", sagt sie und sieht auf den Boden.
"Und was bedeutet das?", frage ich etwas verwirrt.
"Das bedeutet, dass er ihr Beschützer, bester Freund ist, und so weiter. Sie ist aber nicht an ihn gebunden, sie kann sich auch in jemanden anderes verlieben. Er bleibt aber trotzdem ihr Beschützer", erklärt sie. Ich beginne zu lachen,
"Ein Glück, dass so etwas nicht bei Vampiren passiert", sage ich dann etwas ruhiger. Den Rest des Heimwegs unterhalten wir uns dauerhaft.

Ich kann Bella gut leiden. Sie ist für mich schon so etwas, wie eine Schwester. Aber meine beste Freundin ist immer noch Rose, sie versteht, wie es mir geht, wegen dem Dasein als Vampir.

Nur noch eine Woche bis zum Schulbeginn. Ich habe schon lange keine Schule mehr von innen gesehen. Damals bestand eine Klasse aus mehr als Dreißig Schülern.
Dank der hohen Kindersterblichkeit, gab es nicht so viele Schüler in meiner Klasse. Zu Beginn waren wir Fünfundzwanzig Schüler, gegen Ende nur noch Fünfzehn. Ich weiß nicht, wie viele von denen das Teenageralter überlebt hatten. Vielleicht zwei oder drei.

Ich betrete mein Zimmer, schnappe mir ein Buch und werfe mich auf das Bett, das mit einem leisen knarren ein bisschen nachgibt. Ich verbringe die ganze Nacht damit, alle Bücher zu lesen.

Dieses Mal ein längeres Kapitel!!!

❤❤❤
Caro 💡

After Dark - Bis(s) zur Unendlichkeit (BEENDET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt