Kapitel 8

85 21 2
                                    

-FREYA-

Vor Schock gelähmt starrte ich in seine blauen Augen.

»Ich«, sagte ich nur, »Ich - ...«

Mit breitem Grinsen beobachtete er meine Reaktion über den Rand seines Bechers.
Seine Augen funkelten voller Erwartung, während er sich über die vom Wein rot gefärbten Lippen leckte.

»Überleg dir deine Antwort gut, Liebling«, riet der Offizier mir leise, stand auf und füllte sich seinen Becher ein weiteres Mal.
»Obwohl«, fügte er mit teuflischem Grinsen hinzu, »Es war keine Frage. Eher ein Befehl.«

Er begann, ein paar getrocknete Pflanzen, die er in einer Jackentasche trug, auf seiner Hand auszubreiten und zu inspirieren.

Kurz konnte ich einen klaren Gedanken fassen:

Geh. Geh, sofort.
Er spielt nur mit dir.

Hilfesuchend wanderte mein Blick durch das Zelt und streifte seine zwei weiblichen Bediensteten:
Beide, in beige Gewänder gekleidet, umklammerten fast leere Tonkrüge.
Ihre Kleidung wies ausgeblichene Weinflecken auf und keine war älter als ich.
Wie in Zeitlupe erhob ich mich und ging mit leisen Schritten Richtung Ausgang.

»Du gehst schon?«

Seine Stimme wurden von den schweren Zeltwänden gedämpft.
Der Offizier schien mittlerweile in den letzten Stunden mehr Wein als Wasser getrunken zu haben.

Ich wandte mich und erblickte ihn, auf den Stufen seines »Thrones«, halb auf den Knien sitzend.
Er schwenkte seinen Weinbecher feierlich, trank einen weiteren Schluck und sah mich unverwandt an.
Zwischen den Schlucken steckte er sich einige der sonderbaren Pflanzen in den Mund und schloss kurz die Augen.

Schweigend beobachtete ich ihn, fühlte meine Haut an den Fingern kribbeln.
In meinem Kopf dröhnte es und ich blieb reglos stehen.

Ich hatte soeben einen Entschluss gefasst:
Ich würde sein Spiel spielen.
Wenn auch nur für heute, wenn auch nur für einen Tag:

Ich würde es spielen.

Es war meine einzige Chance, zu überleben, denn seine Macht und Einfluss - sei es auch nur in dieser Gesellschaft - bedeutete Leben oder Tod für mich.

»Oh«, sagte ich und setzte mein charmantestes Lächeln auf, »Nein, auf keinen Fall.«

Der Offizier begann ebenfalls zu lächeln.
In diesem Zustand war wirklich er eine leichte Beute.

»Wusste ich doch, dass du nicht ablehnen kannst«, antwortete er und streckte die Hand nach mir aus.
Ich ergriff sie und ließ mich neben ihm auf die mit rotem Teppich überzogenen Treppen fallen.
Seine Haut war rau und trocken, sein Atem warm auf meiner Haut.

»He, ihr da: Ihr geht jetzt besser, ja? Kommt nicht wieder.
Vergnügt euch mit meinen Männern oder so. Was ihr wollt. Aber stört uns nicht.«

Seine Dienstmädchen stellten hastig ihre Tonkrüge ab und verließen augenblicklich das Zelt.
Sie machten offenbar keine Anstalten, ihre Euphorie zu verbergen.
Die braunen Haare der Mädchen wehten träge hinter ihnen, als sie mit schnellen Schritten nach Draußen traten.
Ich hörte sie vor dem Zelteingang leise tuscheln - vermutlich planten sie gerade ihre Flucht aus diesem Lager.

Tochter der SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt