Prolog

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Mein Name ist Nia Miller. Eigentlich war ich ein stinknormales Mädchen. Ja genau, ich war. Ich ging auf eine normale Schule, hatte größtenteils oberflächliche Freunde und hörte gerne laute Musik in beliebten, gut gefüllten Clubs. Aber was ist schon normal? Normal. Wenn man das Wort oft genug ausspricht, wird einem erst klar, dass es eigentlich gar nicht existiert. Niemand ist gleich wie der  Andere und jeder hat etwas Besonderes.
Doch mein Leben hat nichts mit unterschiedlichem Verhalten,  individuellen Merkmalen oder irgendeiner Anderen menschlichen Sache zu tun. Und meine Geschichte kann man wohl nur für möglich halten, wenn man an das Magische, das Unmögliche glaubt. Das, was in der öden, grauen Welt meist verloren geht und doch in jedem Herzen besteht. Also wollt ihr euch in eine vollkommen andere Welt begeben? Eine Welt, in der die Fantasie keine Grenzen kennt.
Wenn dem so ist, dann begleitet mich bei meiner Geschichte bis zum Ende. In einem Leben, das an einem schrecklichen Tag eine ruckartige  Kehrtwendung machte. Und nun ist es übermenschlich, irreal, utopisch, unwirklich, unglaublich...
Was können solche Wörter schon darstellen? Sie sind leer und müssen mit Erfahrungen und Emotionen gefühlt werden. Ohne Zusammenhang sagen sie nichts. Nicht so viel wie die Geschichten dahinter. Nicht so viel wie das wahre Leben.
Aber was rede ich da lange drumherum. So fing alles an...

***

Es war ein schöner Herbsttag kurz nach den viel zu kurzen Herbstferien. Es war sehr warm, fast schwül, die Sonne schien golden und das Schwimmbad war natürlich randvoll.
Überall schwammen und lachten glückliche, sorgenlose Menschen .
Die Schule war für heute zuende und ich konnte den angenehmen Tag mit Marc im Schwimmbad ausklingen lassen. Marc war mein allerbester Freund.
Langsam ging ich zur Kante des Schwimmbeckens und blieb starr stehen. Dann blickte ich ins glitzernde Wasser hinunter, in dem ich mein Spiegelbild deutlich erkennen konnte.
Mittellange, hellbraune Haare, die mein Gesicht umrahmten, und mir locker über die Schulter fielen. Ein herzförmiges Gesicht mit einer rundlichen Stupsnase und hohe Wangenknochen. 
Mittendrin meine ovalen, haselnussbraunen Augen, die von einem dichten, aber hellen Wimpernkranz umrandet wurden. Es waren die gleichen Augen, wie meine Mutter sie hatte.
Einen schlanken, vielleicht schon dünnen, Körper mit ellenlangen Beinen. Wenige Kurven und  breitere Schultern, die ich überhaupt nicht an mir mochte. Auch meine Figur ähnelte der von meiner Mutter sehr. Sie sagte immer, dass ich ein Modell werden könnte, aber ehrlich gesagt, legte ich nicht so viel Wert auf mein Aussehen und vor Fotos versuchte ich mich schon immer zu drücken. Es gab nur selten einen Schnappschuss von mir, noch seltener einen guten. Trotzdem sah der rote Bikini auf meiner leicht gebräunten Haut wirklich schön aus. Ich hatte ihn diesen Sommer mit meiner Freundin Gabi gekauft.

Doch insgesamt sah ich aus wie jede Andere hier. Nichts besonderes. Nicht besonders schön oder besonders hässlich. Aber so sah ich aus. Das war ich.
Schnelle Schritte hinter mir rissen mich aus den Gedanken. Bevor ich mich auch nur umdrehen konnte, wurde ich schwungvoll nach vorne gestoßen. Mit einem erschreckten, hohen Aufschrei landete ich im Wasser des Schwimmbeckens, welches bei meinem Aufprall in die Höhe spritzte und den Badegäste um uns herum eine Abkühlung bescherte.
Ich blieb kurz am Boden des Beckens sitzen. Genoss die Stille des kühlen, blauen Wassers, die mich umgab. Die Ruhe. Kleine Bläschen stiegen neben mir auf. Sie erinnerten mich daran, dass ich schnell auftauchen und Luft holen musste, weil ich vor Überraschung nicht mehr die Zeit gehabt hatte, tief einzuatmen. Durch  eine fließende Bewegung meiner Hände beförderte ich mich wieder nach oben. Aufgetaucht drehte ich mich blinzelnd um. Ein lauter Klatschter ertönte neben mir, noch ehe ich klar sehen konnte.

Marc, mein bester Freund und offensichtlich der Verursacher meines Falls, tauchte vor mir auf und lachte. 'He, was soll das!', rief ich aus und schleuderte ihm eine Welle Wasser ins Gesicht. Er war für schuldig erklärt worden und musste nun mit seinen Konsequenzen rechnen. Mit schnellen Zügen schwomm ich zum Rand, doch Marc war leider schneller und er zog mich an der Hüfte zurück. 'Du bleibst schön hier!', rügte er mich spielerisch, während ich wie wild zappelte, um mich zu befreien. Marc hob mich ein Stück hoch und schleuderte mich dann wieder ins Wasser. So viel zu seinen Konsequenzen. Nachdem ich erneut auftauchte und mir das Chlorwasser aus den Augen gerieben hatte, klagte ich: 'Das ist unfair!' Er war größer und stärker als ich. Marc lächelte nur scheinheilig, während ich den Beckenrand erreichte und mich daran rückwärts hochzog.

Magisches Erbe - Die Kämpferin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt