Kapitel 27

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Dunkelheit.
Sie nahm mir die Luft, durchdrang meine Lunge, drohte mich zu ersticken, denn ich war doch wieder in einem engen Gefängnis.
Ich blickte mich um, während ich erfolglos versuchte, nach Luft zu schnappen.
Umgeben von schmutzigen, grauen Wänden lag ich hier in einem kleinen Kasten ohne ein einziges Fenster, meine Hände und Füße waren an die Wand gekettet, sodass die Ketten hart in meine Gelenke drückten und Tränen liefen mir die Wangen herunter.
Ich konnte sie nicht aufhalten, wusste nicht woher sie kamen und ich wusste nicht aus welchem Grund ich weinte, aber die salzigen Tränen flossen zunehmend schneller und tropften auf den dunklen Boden wie das Wasser eines kleinen Baches.
Eigentlich müsste ich an diesen Zustand gewöhnt sein, denn ich war schon oft in einer solchen Umgebung aufgewacht, in einem Traum aufgewacht, doch ich konnte mich einfach nicht zusammenreißen.

Stundenlang lehnte ich bereits an dieser kühlen Wand, bewegungunfähig, starr, einsam und ohne Hoffnung.
Unsicherheit erfüllte mich.
Konnte man in einem Traum sterben? Ich würde doch trotzdem aufwachen, oder?
Hartnäckig riss ich an den Ketten, doch sie lösten sich keinen Millimeter, schnallten sich nur fester um meine Hände, sodass ich aufschrie.
Sie hatten alle gesagt, dass ich stark sei, doch in meinen Träumen konnte ich nichts tun.
In meinen Träumen und dieses Mal wusste ich genau, dass es einer war, war ich machtlos und verdammt dazu, Nacht für Nacht zu leiden.
Jemand Anderes kontrollierte diese Welt und dieser jemand wusste genau, was mich zerstören konnte.
Er kannte meine schlimmsten Schwächen, Sorgen und Ängste.

Wie zur Bestätigung trat ich mit meinem Bein gegen etwas hartes.
Ein Lichtstrahl, der aus dem Nichts zu kommen schien, erhellte die Leiche vor mir.
Meine Mutter.
Ihre starren Augen blickten nach oben, dahin wo eigentlich der Himmel sein sollte, und ich zog ruckartig meine Füße zurück und presste sie an meinen Körper.
Ein Schluchzer entdrang meiner Kehle, mein Atem ging schneller, weil ich endlich wieder Luft bekam, und in meiner Nase breitete sich der Geruch von Verwesung aus.
Ich wollte hier weg und nie wieder diesen Raum sehen.

Der nächste, unerklärbare Lichtstrahl schien auf Luis Leiche und ich presste fest die Lippen aufeinander, um nicht laut zu schreien.
Jeder Moment neben ihren toten Körpern saugte mehr Leben aus mir heraus.
Wütend riss ich ein weiteres Mal an meinen Ketten, wollte mir meine Niederlage nicht eingestehen, doch  sie schnitten immer weiter in meine Haut, bis ich dachte, dass meine Hände abfallen würden.
Quälend langsam schaffte ich es mich umzudrehen.
'Bitte', schluchzte ich laut und schlug mit der Hand gegen die kalte, harte Steinwand, obgleich ich nicht wusste, wenn ich ansprach.
'Bitte Licht'
Erschöpft schloss ich meine Augen und tauchte vollends in die Schwärze ein.
Ich brauchte Licht, um die Dunkelheit zu vertreiben, brauchte Hoffnung, um die Angst auszulöschen.

Plötzlich hörte ich Schritte neben mir.
Wie konnte jemand in diese Kammer gelangen, wenn es doch keinen Eingang gab?
Langsam öffnete ich meine Augen, um zu sehen, wer mich besuchte und sag in das weiße, grelle Licht, das Elysias immer umgab.
Sie trat umgeben von ihrer hellblauen Aura aus dem Nichts auf wie das unheimliche Licht, welches die Toten beschienen hatte.
'Habe keine Angst. Du schaffst das.', sang sie mit ihrer hellen, melodische Stimme und ein Duft nach Wald und Tannen umhüllte mich, ein Duft der Freiheit versprach.
'Ist die Dunkelheit weg?', fragte ich mit zitternder Stimme und versuchte mich aufzusetzen.
'Natürlich ist sie das.
Du hast sie weggeschickt.' Verunsichert schaute ich in ihre pupillenlosen, blauen Augen.
'Ja, du warst das.', sagte sie mit leiser, warmer Stimme, die mich beruhigte und mich müde werden ließ.

'Bitte bleib hier. ', hauchte ich mit schwindender Kraft und krächzender Stimme.
Das helle, gleißende Blau ihres Körpers wirbelte munter um mich herum.
'Du bist die Richtige.'
Ihre schlanke, hübsche Gestalt zeichnete sich vor dem dunklen, tristen Hintergrund ab und ihre lebendigen, überirdischen Augen schienen durch mich hindurch zu starren.
Sie wirkte wie eine Shiluette, die im fahlen Mondlicht schimmerte und schien jeden Moment zu verblassen.
Mit den Händen fuhr ich mir durch das verschwitzte Haar, wobei die Ketten an meinen Händen geräuschvoll rasselten und meine Bewegungen erschwerten.
'Und wieso bin ich hier und muss leiden? Das ist ungerecht, denn ich habe niemandem etwas angetan.'
'Du bist etwas besonderes, Nia, und das wirst du noch früh genug verstehen.', erklärte sie mit ihrer glockenhellen Engelsstimme.

Magisches Erbe - Die Kämpferin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt