Kapitel 17

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Ich nippte an meinem grünen Smoothie, der mich geradezu mit fehlenden Vitaminen auflud und hörte Marc zu, der gar nicht mehr aufhörte von Neuigkeiten zu reden. Es hätte eigentlich wie immer sein können, wie früher sein können,  wenn meine Welt nicht komplett auf den Kopf gestellt worden wäre.
Wenn, nur wenn...
Aber vielleicht musste es früher oder später so kommen und vielleicht hatte meine Mutter es schon eine Weile erwartet.
Bei diesem Gedanken lief mir ein eiskalter Schauder den Rücken hinunter.
Marcs Tasse klirrte beim Abstellen leise auf seinem Teller und brachte mich wieder dazu, ihm zuzuhören.
Er sprach gerade über meine alten Klassenkameraden.
'Alle vermissen dich unglaublich, auch wenn es nicht jeder zugeben will.'
'Ach was.', sagte ich bescheidend lächelnd. Ich wusste, dass er das nur schön redete.
Niemand hatte mich wirklich beachtet.
Ich war ein ganz normales, unscheinbares Mädchen gewesen und die Anzahl meiner Freunde konnte ich an einer Hand abzählen, die Anzahl meiner wirklich guten Freunde an einem Finger.
'Na gut, aber die Meisten!', meinte Marc entschlossen, 'Und es gibt Gerüchte über dein Verschwinden. Hannah erzählt allen, dass du und deine Mutter gekiddnapt worden seid. Oliver ist sich sicher, dass deine Mutter Drogen gedielt hat, die Polizei euch auf die Spur gekommen ist und ihr nun untertauchen müsst.
Und irgendwie ist auch noch das Gerücht von einer Alieninvasion, die euch mitgenommen hat, aufgekommen.'
Ich lachte laut und aufrichtig.
Punkte Gerüchten unterschieden sich die Schulen wohl nie.
Eine blühende Fantasie hatten meine Mitschüler auf jeden Fall und keine Ahnung von der magischen Welt, genau wie ich vor nicht all zu langer Zeit.
Marc schaute mich mit schräggelegenem Kopf und glitzernden braunen Augen an.
'Dein Lachen ist anders.', stellte er fest.
Ich zuckte nur mit den Schultern.
'Ist das schlimm?'
Er hob die Augenbrauen, was mich immer ein wenig nervös machte.
'Sag du es mir?'
Ich atmete tief ein und aus und zog dann die Ärmel meines grauen Pullis länger.
'Jeder verändert sich.',erklärte ich unnachgiebig.

'Weißt du Nia, du hast dich ziemlich  verändert in letzter Zeit und ich glaube wirklich nicht, dass jeder sich so verändert, von einem Moment auf den andern.'
Ich verdrehte die Augen.
'Übertreib nicht Marc, nur wegen einem Lachen.'
'Du weißt genau, was ich meine.
Tu nicht so, als würdest du nichts verstehen.', grummelte er fast schon wütend.
'Entschuldigung'
Ich wusste nicht, was ich anderes sagen sollte, um ihn zu besänftigen, ich wusste nur, dass er Recht hatte.

Marc schaute einen kurzen Moment aus dem Fenster, blickte verschiedensten Leuten hinterher blinzelte gegen die Sonne.
'In manchen Momenten denke ich, alles ist wie früher. Wir lachen und haben Spaß. Zu perfekt um wahr zu sein, selbst wenn ich weiß, dass du mich nicht liebst.'
Wieso musste er das immer erwähnen?
Merkte er nicht, dass das auch meine Laune hinunterzog und dass mich dieses Thema noch immer bedrückte?
Ich blickte wieder auf die braune Tischplatte aus Holz, die ich inzwischen schon so lange gemustert hatte, dass ich ihre verworrenen Muster und Striche auswendig kennen müssten.
Marc streckte die Hand aus und hob dann sanft mein Kinn an.
'Dann sage ich irgendetwas Falsches und du versinkst in deinen Gedanken. Du wirkst in dich gekehrt und dein Blick ist so traurig, so unsicher.
Ich habe wirklich keine Ahnung, was du denkst.
Geht es dir wirklich gut?'

Ein kleiner Teil von mir wollte wild den Kopf schütteln, wollte alle Fotschritte, die ich schon gemacht hatte, außer acht lassen und sagen, dass alles schrecklich war, aber der größere Teil wusste schon eine Weile, dass diese normale, sorgenlose Welt nicht die meine war und wollte stark sein.
Bestimmt befreite ich den Kopf aus seiner Hand und lächelte ihn wieder an.
'Es ist halt alles anders. Ich glaube, dass muss ich noch verarbeiten. Alles was passiert...'
'Alles was passiert saugst du in dir auf, behälst du für dich.
Denkst du, du kannst niemandem etwas von deinen tausend Sorgen erzählen?
Nein, kannst du nicht.', fuhr Marc mich an, schien ernsthaft besorgt zu sein.

Magisches Erbe - Die Kämpferin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt