Marc lehnte lässig an unserer Veranda, die Arme verschränkt und den Blick gesenkt, sodass es aussah als würde er im Stehen ein Nickerchen halten.
Ich lächelte.
Wahrscheinlich eher nicht.
Wir kamen näher und ich freute mich mit jedem Meter mehr meinen besten Freund wiederzutreffen.
Sobald Mrs. Infusio gestoppt hatte, schlug ich die Tür des schwarzen VW's auf und sprang eilig heraus.
Mit immer schneller werdenen Schritten eilte ich zu Marc und warf mich dann einfach in seine Arme, ohne darauf zu achten, ob Mrs. Infusio mich beobachtete.
Ich brauchte diese Umarmung jetzt,
brauchte ihn jetzt,
brauchte mein altes Leben jetzt.'Hey, geht's dir gut? Es tut mir so unendlich leid, was passiert ist... Ich habe den ganzen Mittag hier auf dich gewartet. Endlich bist du da und es geht dir...gut, soweit das eben möglich ist. Du siehst gut aus, meine ich.'
Er wusste es also, was eigentlich auch keine große Überraschung war, wenn man sich das große, rote 'For Sale' Schild vor unserem Haus ansah.Jedenfalls wollte ich nicht darüber reden, noch nicht. Ich war schließlich hergekommen, um meine Sachen zu holen und noch einmal kostbare Zeit mit Marc zu verbringen, vielleicht auch um mich abzulenken, aber nicht um weiter über ihren Tod nachzudenken. Das tat ich sonst schon genug.
Also packte ich Marc noch fester und drückte mich an ihn, so als wären wir durch Sekundenkleber verbunden, keinen Zentimeter Luft zwischen unseren Körpern.
In einen anderen Moment wäre nir das peinlich gewesen, aber nun wollte ich lediglich seine Nähe, Wärme und seinen altbekannten, sehr geliebten Geruch.Marc roch schon immer nach Pfefferminz und etwas undefinierbarem süßen, ähnlich wie Waldmeister. Früher hatte ich aus diesem Grund gesagt, dass ich ihn zum fressen gerne hätte. Er hatte darauf so süß geschmunzelt, mit seinem Grübchen an der linken Seite seines Mundes, das mich auch heute oft noch bezauberte.
'Es ist okay. Ich verstehe dich ja.', murmelte Marc leise und strich sanft über meinen Rücken,
'Ich bin ja hier.'
Ich brauchte ein paar Minuten Ruhe in seinen Armen, ein paar Minuten Frieden nach diesem Chaos.Langsam löste ich mich von ihm, da ich jetzt wirklich nicht weinen wollte.
Stattdessen wollte ich meine Zeit mit Marc genießen. Ich hatte nie viele Freunde gehabt und das würde sich wahrscheinlich auch nicht ändern, weshalb ich meinen Kontakt zu Mrs auf jeden Fall halten sollte. Aucb wenn das als Inzernatsschülerin aif einem abgelegenen, mystischen Internat schwierig werden würde.
So einen guten Freund wie ihn würde ich kein zweites Mal finden.Apropos.
'Ich gehe jetzt auf ein Internat, das meine Tante leitet. Ja, ich habe eine Tante mütterlicherseits, ich wusste bis gestern auch nichts von ihr, aber immerhin kann ich dort wohnen und einen Neuanfang starten oder so.', ich stockte, wusste nicht mehr, was ich sagen sollte.
Marc schwieg für einen Moment.
'Also musst du weggehen. Ein Neuanfang.'
Ja, ein Neuanfang.Zum Glück kam Mrs. Infusio auf uns zu und reichte Marc höflich die Hand.
'Hallo, ich bin Sahra Infusio, Nias Tante.'
Marc erwiederte die Geste ebenso höflich. 'Mein Name ist Marc. Ich bin Nia's...', er stoppte kurz.
Ja, was war er denn genau? Ein Freund?
Das zwischen uns war noch nicht wirklich geklärt, nachdem er mich vorgestern geküsst hatte, aber Marc sah gutmütig ein, dass ich im Moment anderes im Kopf hatte. Er nickte mir fast unmerklich zu, um dieses Gespräch auf ein andermal zu verschieben. Ich dankte ihm sehr dafür.
'Ich bin Nias bester Freund.'
Meine Tante nickte nur wissend, zumal sie unsere Blicke gesehen haben musste. Sie nahm einen einzelnen Schlüssel aus ihrer dunkelbraunen Lederhandtasche und deutete mit ihrer freien Hand auf die Eingangstür.
Na dann mal los.***
Sofort ging ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch, mechanisch, kontrolliert.
Ich hätte es im Wohnzimmer, wo meine Mutter gestorben war, niemals ausgehalten, dafür war die Erinnerung an ihre Leiche zu nah, ihr Geruch hing noch in unserem kleinen Haus und ich hatte wirklich keine Lust auf einen Zusammenbruch.
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Magisches Erbe - Die Kämpferin
FantasyAls Nias Mutter stirbt, verändert sich ihr gesamtes Leben. Sie muss ihr altes, normales Leben aufgeben, um ein fremdes, magisches Leben voller Abenteuer zu beginnen. Auf dem Internat, an dem ihre Tante arbeitet, lernt sie nicht nur das Kämpfen und...