Kapitel 29

134 11 0
                                    

Unendliche Schwärze und grausame Dunkelheit umgaben mich.
Nur langsam konnte ich meine Füße durch die Mischung aus schwarzem Sand und ebenso schwarzem Wasser bewegen, der an meinen nackten Füßen klebte und überall um mich herum floss, hin und her schwappte wie nicht fest gewordener, stinkender Teer.
Die unheilvolle Nacht flimmerte beunruhigend vor meinen Augen und kein einziges Licht war zu erkennen. Ich konnte nicht einmal meine eigene Hand sehen, so dunkel war es.

Dann fing der sandige Boden unter meinen Füßen an zu vibrieren wie bei einem Erdbeben.
Ich wackelte gefährlich und fiel nach vorne auf die Knie.
Meine Hände versuchten vergeblich Halt zu finden, während die schwarze Welt unterzugehen drohte, aber ich sank nur tiefer in die eckeleregende Masse ein.
Ein ohrenbetäubendes Brüllen direkt vor mir schallte durch die Dunkelheit, die mich umgab, mich umhüllte wie eine Decke, mich fesselte wie ein dunkler Sack, der bei einer Entführung über mich geschmissen worden war.
Ich duckte mich instinktiv vor dem Geräusch weg, sank noch tiefer in das Nichts ein, aber mir war nicht klar, wer vor mir stand
oder was.

'Wann verstehst du endlich, dass es Zeit ist aufzugeben.
Ich habe dich schon längst geschlagen.', stellte eine dunkle Männerstimme fest,
'Du kannst das nicht schaffen.
Gib einfach auf.'
Ich schluckte hörbar, denn die Stimme war mir nur allzu bekannt.
Es war der Mann, der Mann aus meinen Albträumen.
Langsam hob ich den Kopf und kniff suchend die Augen zusammen, was in dieser schwarzen Nacht natürlich gar nichts brachte.
Trotzdem konnte ich mich allein an der kalten, emotionslosen Stimme des Mannes orientieren.
'Es wird einen Krieg geben, ob du willst oder nicht.
Alle werden sterben.
Bilde dir bloß nicht ein, dass du irgendjemanden retten kannst.', sprach er laut die unheilvollen Worte aus.
Ich hob schwerfällig meine Hand, von der der schwarze Schleim tropfte, und schoss einen imaginären Pfeil nach der Stimme.
Einen kurzen Moment war es still, und ich hoffte ihn getroffen zu haben, doch sobald ich aufatmete, vernahm ich das herablassende Lachen des Fremden.
Nachdem er sich gefangen hatte, sprach er mit seiner machtvollen Stimme weiter.
'Du hast wohl immer noch nicht verstanden, dass du mit deinem harmlosen Illusionen keinen Menschen töten kannst und mich kannst du erst recht nicht umbringen. Du bist einfach nur ein unwissendes, nutzloses Kind.'
Seine Worte stachen mich wie die spitzen Dornen einer Rose und ich versuchte aufzustehen, um zu fliehen. Einfach weg von hier, ganz weit weg von ihm, doch eine unbekannte Macht hielt mich am Boden fest, wobei ich sicher war, dass nicht nur das schwarze Sandgemisch mich herunterdrückte und mir die Luft entzog, sodass ich laut aufkeuchte.
'So gefällst du mir schon viel besser, Schwächling!', spottete der Mann freudig und schien sich an meinen Schmerzen zu erfreuen, denn das war genau das, was er wollte.
Ich sollte zusammenklappen, am besten aus Kummer und Sorgen sterben.

Doch ich musste für meine Freunde da sein und ich würde ganz bestimmt nicht das tun, was er am meisten wollte.
Ich würde nicht aufgeben, nicht jetzt und nicht hier in diesem Traum, denn er war lediglich eine Illusion, ein Teil von mir, der mich eingrenzte.
Wütend ballte ich meine rechte Hand zu einer Faust, war nicht in der Lage ein anderes Körperteil zu bewegen, und sagte viel sicherer, als ich mich fühlte.
'Ich werde niemals aufgeben.'
Vor mir ertönte das ärgerliche Knurren des Fremden, der wohl eine andere Antwort erwartet hätte.
Im nächsten Moment sog mich der schwarze Sand in einen Tunnel aus Kälte und Schmerz.
Ich schloss die Augen und ignorierte den Sand der meine Haut zerfetzt, musste in erster Linie meine negativen Gefühle und schmerzenden Erinnerungen in Schach halten.
Alles nur ein Traum.
Lass dich nicht so beeinflussen.
Komm endlich hier raus und wach auf!
Dann war es vorbei.

***

'Hey, geht's dir gut?', fragte Luis bedacht und sah mich prüfend von Kopf bis Fuß an.
Als Antwort nickte ich müde.
'Alles super', erklärte ich so überzeugt, wie ich konnte, und verdrängte die schrecklichen Erinnerungen an meinen letzten Traum.
'Das ist gut.', meinte Luis und legte mir einen Arm um die Schulter, um mich von meinem Wohnheim weg zu schieben.
Inzwischen war ich richtig gut darin geworden, die zu belügen, die mir wichtig waren.
Trotzdem war es immer noch der richtige Weg mit meinen Problemen umzugehen, weil ich so nicht immer ihre besorgten Blicke auf mir spüren musste, die sich fragten, ob ich meine traumatischen Erlebnisse alleine verarbeiten konnte, und mir dennoch nicht helfen konnten.
Außerdem wusste ich nicht, ob ich es schaffen würde, über meine Träume zu reden, ohne ihn Tränen auszubrechen und das tat ich wirklich schon oft genug.
Langsam schlenderten wir über den Campus und genossen die sanften Sonnenstrahlen auf unserer Haut.
Es waren wenige Schüler draußen, weil es bis zum Unterricht noch mindestens eine halbe Stunde dauerte.

Magisches Erbe - Die Kämpferin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt