Ich wachte auf und fühlte mich so wach, wie seit Tagen nicht.
Ich hatte eigentlich nur ein paar Stunden geschlafen, aber dies war ein ruhiger, traumloser Schlaf gewesen und das freute mich so sehr, weil ich wusste, dass ich selber gegen die Träume gekämpft hatte und das ich sie nicht an mich herangelassen hatte.
Und vielleicht, ganz vielleicht hatte mir auch Luis Kette die nötige Kraft geschenkt.
Unbewusst griff ich nach dem Sternenanhänger und hielt ihn fest in meiner Hand.
Luis war gestern so unglaublich lieb zu mir gewesen, hatte mich getröstet und mir beigestanden, und wenn ich ehrlich war, dann fühlte ich mich zu dieser Seite von ihm wirklich hingezogen.Ich war gestern unendlich müde ins Bett gefallen und sofort in einen tiefen Schlaf gestürzt, sodass gerade noch genug Zeit gewesen war, in eine Jogginghose und ein altes Sweatshirt zu schlüpfen.
Ich war einfach so von der Müdigkeit überwältigt gewesen.
Nun blinzelte ich müde und meine Hand suchte tastend nach meinem Handy, um die Uhrzeit zu erfahren, als ich plötzlich etwas kaltes metallisches spürte.
Die Brosche.
Selbst in diesem halb wachen Zustand spürte ich ihre riesige Macht, die sie umhüllte wie ein seichter Umhang aus Magie.
In dem ganzen durcheinander hatte ich sie völlig vergessen.
Sofort nahm ich die kühle Brosche hoch und legte sie behutsam auf meine zugedeckten Oberschenkel, um mich aufzurappeln und mir verschlafen die Augen zu reiben, bis ich sie richtig öffnen konnte.Anschließend schnappte ich mir begierig die Brosche, sodass ihre Macht mich vollends ergriff.
Die Luft schien zu vibrieren und die Zeit schien still zu stehen.
Da war nur noch ich und dieser metallisch glänzende Traumfänger. Ich hätte die Brosche so gerne getragen, aber dann würde man denken, dass ich sie gestohlen hatte. Hatte ich das nicht auch?
Sie war es auf jedenfall Wert.
Diese einzugertige Macht zog mich an, lud mich auf und erfüllte mich mit einem fremden Gefühl der Unbesiegbarkeit, genau das, was ich brauchte, was mich abhängig werden ließ.
Bei diesem Gedanken wurde mein Verstand endlich wieder angeschaltet und vorsichtig legte ich die Brosche auf meinen Nachttisch zurück, fasste stattdessen wieder an meinen Hals, an Luis Kette.
Erleichterung breitete sich in mir aus, denn Luis Anhänger war anders, weniger anziehend und überrumpelt, denn an ihm spürte ich lediglich den kühlen, goldenen Anhänger und die gestrige Erinnerung, die damit verbunden war, brachte mich zurück in mein Leben.
Langsam stand ich auf, meine Muskeln schmerzten ein wenig, doch ich hatte gelernt das zu ignorieren Entschlosseb ging ich von der Seite auf meinen Spiegel zu und streckte nur meine Hand nach vorne.
Sie spiegelte sich ganz normal, sodass ich ganz vor den Spiegel trat und tief ausatmete.
Ja, ich weiß.
Meine Angst vor Spiegeln hatte noch immer nicht nachgelassen.
Lächerlich.
Trotzdem konnte ich mich nicht dazu überwinden, diesen Albtraum nur als das anzusehen, was er war, denn dafür war mein zweites Ich zu echt gewesen.Zuerst kontrollierte ich meine Augen. Sie waren friedlich, haselnussbraun und nicht blutrot. So weit so gut.
Die dunklen Ringe, die sich unter meine Auge stahlen, waren nicht weniger geworden und die Jogginghose half auch nicht gerade zu einem positiven Aussehen bei.
Das konnte ich alles ändern, die kleinen Fehler waren leicht zu beheben und mein Aussehen einfach aufzubessern.
Am Wichtigsten war dieser neue Ausdruck auf meinem Gesicht.
Natürlich war nicht alles wieder gut. Wie sollte es das auch?
Aber alles war ein kleines Stückchen besser, unter anderem Dank Luis.
Er war für mich da, jeden Tag aufs Neue, wie Marc früher.
Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag in die Magengrube.
Er hatte Marc ersetzt, einfach seinen Platz in meinem Leben eingenommen, wenn auch auf eine ziemlich unterschiedliche Weise.
Dabei konnte ich die Erinnerungen, die wir teilten, keinesfalls vergessen, es war einfach das Eine zum Andern gekommen und Marc spielte nicht mehr die größte Rolle.
Nicht nur diese Welt war anders.
Auch ich hatte mich verändert und dem konnte ich nicht entfliehen.***
Ich schritt gemütlich durch die weite, erleuchtete Aula des Schulgebäudes. Die Blicke, die mich beobachteten, waren wieder da, doch ich drehte mich nicht um.
Heute nicht.
Ich wartete noch auf Jen, war ausnahmsweise ein bisschen zu früh, und in Gedanken spielte ich wieder mit dem Sternenanhänger meiner Kette herum.
'Du hast sie an.', sagte ein rauer Stimme neben mir, ich schaute auf und blickte in Luis leuchtend blaue Augen.
Ich lächelte plötzlich sehr schüchtern.
'Natürlich trage ich sie.', stellte ich fest, wusste nicht, was ich sonst hätte erwiedern sollen.
'Das ist auch gut so.', sagte Luis herausfordernd und hob seine schwarzen Augenbrauen.
'Du machst mir keine Angst.', sagte ich grinsend und unterdrückte den Impuls, ihn spielerisch wegzuschubsen.
Luis lachte leise, schien heute in guter Stimmung zu sein und zuckte unschuldig mit den Schultern.
'Hab ich das versucht?'
Er brach unseren Augenkontakt nicht ab.
'Ja, hast du.', sagte ich und hob mein Kinn. 'Ich bin so ein böser Kerl.', seufzte er laut und sah dabei so verboten gut aus, weil ihm sein schwarzes Haar locker ins Gesicht fiel und ich deutlich sehen konnte, wie sich die Muskeln unter seinem schwarzen Pulli, in dem ich sicher erfroren wäre, bei jeder kleinsten Bewegung in unserem Umfeld, anspannten.
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Magisches Erbe - Die Kämpferin
FantasíaAls Nias Mutter stirbt, verändert sich ihr gesamtes Leben. Sie muss ihr altes, normales Leben aufgeben, um ein fremdes, magisches Leben voller Abenteuer zu beginnen. Auf dem Internat, an dem ihre Tante arbeitet, lernt sie nicht nur das Kämpfen und...