Kapitel 32

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Ich versuchte verzweifelt aufzuwachen, mich aus diesem Traum zu kämpfen, aber es ging nicht. Irgendetwas hielt mich in dieser endlosen Schwärze gefangen und zog mich immer wieder zurück. Dunkler Rauch floss um meine Beine, während diese Stimme ihre Worte wie ein Mantra wiederholte.
'Du bist in meinem Bann, du kannst nicht fliehen und du hast verloren. Die Ausgeschlossenen werden siegen.' Er schien die Worte zum hundertsten Mal zu sagen, den ich konnte sie schon auswendig.
'Nein.', gab ich stur zurück, 'Wir haben den Kristall, wir werden siegen.'
Das kalte, grausame Lachen schallte durch mich hindurch, ließ mich zittern, indem es mir die Kälte entsog.
'Das glaubst auch nur du, Verlierer. Du bist in meinem Bann, du kannst nicht fliehen und du hast verloren. Die Ausgeschlossenen werden siegen.' Ich drehte mich im Kreis, um herauszufinden, woher die Stimme kam, aber sie hatte keinen Ursprung.
Ich ballte die Hände wütend zu Fäusten. Das hier ging nicht mit rechten Dingen zu.
'Lass mich hier raus.', rief ich ins Nichts, doch nichts passiert, mein Gefängnis wich keinen Meter und es gab keine Öffnung.
Plötzlich durchfuhr ein gellender Schrei die Schwärze.
Yianschu, ich erkannte ihre entsetzte Stimme sofort.
Ihr musste etwas passiert sein.

Konzentriert ließ ich ein Licht in mir aufflammen und breitete es in meiner dunklen Traumwelt aus.
Ich konnte nicht hier bleiben, musste sie retten.
Das hellblaue Licht fraß von der Schwärze, die sich daraufhin langsam auflöste und färbte die Wände weiß.
Ich hörte aus weiter Ferne Schwerter aufeinander schlagen und der Drang zu helfen, keimte in mir auf.
'Wach auf, wach auf, wach auf.', murmelte ich in das grelle Licht, das mich inzwischen umhüllte, und schlug endlich meine Augen auf. Dann warf sich ein Schwert auf mich, wollte mich töten und in der letzten Sekunde riss ich die Augen auf und rollte mich entsetzt zur Seite.
Ich konnte nicht glauben, in wessen Gesicht ich da blickte, verstand die Welt nicht mehr. 

'Zu Schade.', sagte Hannes mit kalter Stimme und blitzte mich wütend an. Was passierte hier?
Schnell zog ich mein Schwert und parierte seinen nächsten Schlag.
'Du Verräter.', spuckte Luis die Worte voller Trauer und Leid aus, hatte diesen Hinterhalt auch nicht erwartet und war zutiefst von seinem Freund Hannes enttäuscht.
'Die ganze Zeit über hast du mich belogen.', er schüttelte verwirrt den Kopf und ich konnte sehen wie schwer es ihm fiel das alles zu sagen. 'Ich dachte wir wären beste Freunde? Wie konntest du nur?'
Unsere Gruppe stellte sich nach und nach hinter meinem Freund auf, was Hannes jedoch nur einen Grund für ein gehässiges Lächeln gab.
'Gebt es doch zu, ihr werdet sowieso verlieren.'
Seine Stimme klang so anders als sonst und seine Worte erinnerten mich an die des Mannes in meinem Traum.
Unwillkürlich fragte ich mich, wie lange er schon ein Spion bei den Gewählten war. 
Ob er das Loch in der Hecke für sich genutzt oder es sogar erschaffen hatte?

'Ich habe mich entschieden bei den Gewinnern zu sein und das hättet ihr besser auch getan.', sagte er zutiefst  überzeugt, während ich mich langsam aufrappelte.
'Du bist so ein Mistkerl.', schrie Lindsay wütend, 'Und jetzt gib uns gefälligst den Donnerkristal wieder.'
Erst da bemerkte ich, dass Hannes das magische Artefakt fest in der linken Hand hielt.
Federico baute sich einschüchternd vor ihm auf, jedoch zeigte dies keine Wirkung. 'Du bist alleine. So kommst du nicht weit.'
'Träum weiter. Euch haben wir doch nur benutzt, um den Kristall zu finden.', sagte er abschätzig und vor allem dieses kleine Wort wir ließ mich erschaudern.
Er zählte sich nicht mehr zu uns, vielleicht hatte er das nie getan. Hannes Stimme wurde, wenn das überhaupt ging, noch härter, erbarmungsloser.
'Viel Spaß beim Sterben.'

Im nächsten Moment schossen unglaublich viele Ausgeschlossene aus dem Gebüsch und verströmten eine so dunkle Aura, dass es mir fast die Luft nahm, denn jeder war bis in den kleinsten Teil seiner Seele schwarz.
Wieso hatte ich das nur nie bei Hannes gemerkt?
Luis neben mir atmete tief ein und aus. Irgendwo in seinem Auge, meinte ich, eine verlorene Träne zu erkennen, die er eisern zurückhielt,  aber sicher war ich mir nicht.
Hannes Verrat musste ihn stark getroffen haben und ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es wäre, wenn Jen uns verraten hätte. Eigentlich wollte ich ihm am liebsten eine Hand auf die Schulter legen, ihn fest drücken oder ihm beruhigend zureden, aber Hannes hätte das sofort als Schwäche gesehen.
Und Schwächen dürften wir nicht besitzen, wenn knapp 30 Ausgeschlossenen auf uns zukamen. Jetzt kam es nicht mehr darauf an den Donnerkristal zu bekommen, nein, wir mussten diesen Kampf überleben.

Magisches Erbe - Die Kämpferin Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt