Kapitel 18

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Durch helles Licht, was mir ins Gesicht schien wurde ich geweckt. Immer noch mit geschlossenen Augen versuchte ich mich zu drehen, aber konnte mich nicht bewegen. Panisch schlug ich die Augen auch. Ich blickte direkt in das schläfrige Gesicht von Flynn.

„Entschuldigung", nuschelte er, „Ich konnte einfach nicht ohne dich einschlafen."

„Schon ok", flüsterte ich zurück. Ich mochte das Gefühl von seinen Armen umschlungen und an seinen Brustkorb gepresst zu sein. Entspannt schloss ich wieder die Augen und kuschelte mich noch ein bischen mehr an Flynn. Hier fühlte ich mich das erste Mal seit langem wieder geborgen.

„Hat er dich wirklich vergewaltigt?", fragte mein Gefährte plötzlich ganz sanft.

Sofort erstarrte ich zur Salzsäule und starrte entsetzt an die Wand. Es war als wäre mir die gesamte Luft zum Atmen aus dem Körper gepresst worden.

„Zoe hat es mir erzählt. Nicht freiwillig. Sie wollte, dass du es mir erzählst, wenn du bereit dafür bist. Ich konnte nicht warten. Ich musste einfach wissen was er mit dir gemacht hat!"

Immer noch konnte ich nicht antworten. Ich war nicht sauer, nicht enttäuscht und seltsamerweise hatte ich auch keine Angst. Ich war einfach nur gefangen in meinem erstarrten Körper.

„Bitte sag mir nur eins. Stimmt es? Hat er dich wirklich vergewaltigt?"

Tränen bildeten sich in meinen Augen. Vorsichtig nickte ich und sah ihn dann erst an. Erst starrte er mich nur entsetzt an. Dann sprang er aus dem Bett. Wütend schnaubend drehte er mir den Rücken zu und fuhr sich hektisch durch die Haare. Mit der rechten Hand stützte er sich auf dem Regal ab. Seine Knöchel waren schon ganz weiß, so sehr krallte er sich an das Möbelstück. Seine linke Hand lag auf seinem Haaransatz. Ganz langsam stand ich auf und lief auf ihn zu.

„Flynn?"

Würde er mich doch verlassen?! Das war der einzige Gedanke, der mir ununterbrochen durch den Kopf ging.

„Dieses Schwein hat dich nicht nur angefasst und dich terrorisiert. Nein! Er war auch noch in dir drin!", brüllte er.

Immer noch auf hundertachtzig stürmte er aus dem Zimmer und ließ mich alleine zurück. Weinend brach ich auf dem Fußboden zusammen. Ich hatte meinen Seelengefährten also wegen Theo verloren! Ich wusste nicht mehr wie lange ich schon weinend auf dem Boden saß, als Zoe ins Zimmer kam und mich fand.

„Was ist denn passiert?", fragte sie entsetzt.

„Durch dich weiß er von der Vergewaltigung und jetzt will er mich nicht mehr!", schluchzte ich in ihren Armen.

„Das tut mir unglaublich leid. Ich hoffe du weißt, das ich ihm nichts erzählen wollte!"

„Ja, ich weiß", heulte ich weiter, „Trotzdem!"

„Komm, steh auf und mach dich fertig. Du hast doch gleich den Termin bei der Rudelärztin! Lass dir diesen Moment nicht von Flynn kaputt machen. Du siehst gleich dein Baby. Du weißt dann endlich, ob du einen Sohn oder eine Tochter bekommst!"

„Ich will da nicht hin", schluchzte ich, „Mein Kind wird ohne Vater aufwachsen!"

„Das wird es nicht!", schnaubte jetzt auch Maya, die dazu gekommen war, „Er verlässt dich nicht. Er verprügelt nur gerade Theo. Und jetzt bringen wir dich zur Frauenärztin, ist das klar?!"

Ohne dass ich jemals wirklich eine Wahl gehabt hätte, brachten Maya und Zoe mich zur Frauenärztin, die schon auf mich wartete.

„Wo ist denn der Vater?", wollte sie lächelnd wissen. Sofort bildeten sich Tränen in meinen Augenwinkeln.

„Der ist ein Idiot!", schnaubte Maya wütend und schob mich ins Behandlungszimmer.

„Deswegen sind wir Mädels ja für sie da!", meinte Zoe.


Mittlerweile lag ich und die Ärztin fing mit ihren Fragen an, bevor sie den Ultraschal machen wollte. Zoe saß neben mir und hielt meine Hand während Maya auf meiner anderen Seite saß und eine Hand auf meiner Schulter hatte.

„Im wievielten Monat bist du jetzt?"

„Ende des dritten."

„Das heißt das Kind kommt bald. Die Schwangerschaft bei Werwölfen dauert ja nur viereinhalb Monate."

Ich nickte nur.

„Na dann schauen wir mal ob wir einen Jungen oder ein Mädchen erwarten."

Was sie eigentlich sagen wollte war. Na dann schauen wir mal, ob mit dem Kind des Alphas alles in Ordnung oder ob wir einen Krüppel als neues Rudelmitglied bekommen.

„So das sieht doch schön aus."

„Was genau bedeutet schön?!", wollte ich panisch wissen.

„Es bedeutet, dass es dem Kind ganz wundervoll geht. Es ist gesund. Keinerlei Fehlstellungen oder Erkrankungen!", lächelte die Ärztin wieder.

„Und was ist es?", fragte Maya aufgeregt.

„Ein Junge!"

„Ich bekomme einen gesunden Sohn?", flüsterte ich immer noch fassungslos. Tränen bahnten sich den Weg über meine Wangen.

„Ja", nickte die Ärztin eifrig.

„Ich bekomme einen gesunden Sohn!", sagte ich etwas lauter. Immer wieder musste ich es wiederholen. Es fühlte sich einfach noch nicht real an nach all den Dingen, die passiert waren, dass jetzt plötzlich alles gut sein würde.

„Ich bekomme einen gesunden Sohn!", rief ich freudig und fiel Maya und Zoe lachend in die Arme.

Immer noch lachend verließen Maya, Zoe und ich die Arztpraxis. Nur eines belastete mich immer noch. Sollte ich es Flynn sagen oder dafür, dass er den Termin verpasst hatte büßen lassen und ihm nichts sagen. Mal abgesehen davon, dass meine Angst, weil er mich nicht mehr anfassen wollte und er mich deswegen verlassen würde noch immer vorhanden war.

Aber erst einmal schob ich all dieses Gedanken beiseite und saß lachend und Tee trinkend mit Maya und Zoe in der Küche.

„Wie läuft es eigentlich zwischen dir und Robbie, wo er doch jetzt immer noch im Firestone Rudel zu tun hat?", wollte ich wissen.

„Es ist schwierig und mein Wolf schreit jede Nacht nach ihrem Gefährten, aber wir schaffen das schon. Wir reden täglich miteinander und er hat gesagt, dass das Firestone Rudel fast so weit ist wieder allein gelassen zu werden. Das heißt er kommt bald zurück zu mir. Aber was ist mit dir Zoe, was ist mit deinem Gefährten?"

Entsetzt sah ich Maya an.

„Er ist tot. Er wurde genau wie mein Kind getötet", antwortete Zoe leise.

„Oh mein Gott. Das tut mir unglaublich leid, das wusste ich nicht", stieß Maya entsetzt aus und hielt sich die Hand vor den Mund. Aus ihren weit aufgerissenen Augen traten Tränen hervor.

„Ist nicht schlimm. Woher hättest du es denn wissen sollen. Ich gebe aber noch nicht auf. Die Mondgöttin hat bestimmt och einen anderen Weg für mich. Einen neuen Weg mit einem neuen Gefährten und einem glücklicheren Ende."

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