Kapitel 11

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Francescas Sicht

Ich hatte es nie für nötig gehalten zu lernen, wie mein Auto bedient. Wozu auch? Ich war immerhin ein Vampir. Wieso sollte ich mit einem Auto fahren, wenn ich zu Fuß doch viel schneller war. Doch nun-als Mensch-bereute ich diese Entscheidung. Naja, und mit dem Flugzeug konnte ich auch nicht fliegen. Ich verdiente immerhin meinen Unterhalt durchs Kellnern und nicht als Schauspielerin. Also musste ich wohl oder übel mit dem Zug fahren. Seit fast fünf Stunden saß ich in dieser Schlange aus Metall fest. Wenn mich nicht alles täuscht, muss ich in Wien aussteigen, um dann weiter Richtung Frankreich und von dort aus nach Spanien zu gelangen. Das war doch ein totaler Umweg! Früher wäre ich einfach von Italien aus an Sardinien und Sizilien vorbeigeschwommen, in Barcelona rausgekommen und von dort aus nach Madrid gerannt. Ich wäre in einer Stunde da gewesen! Zum zweiten Mal in dieser Zugfahrt hatte ich mein Buch- ein einfaches Taschenheft mit gerade mal 300 Seiten - durchgelesen und mir war wirklich verdammt langweilig. >>Hauptbahnhof Wien beim Südtiroler Platz.<< sagte eine Stimme mit starkem Akzent auf italienisch. Sofort sprang ich auf. Als ich den Zug verlies war das einzige, was ich sehen konnte eine Menschenmenge und bestimmt ein dutzend Brezelverkaufsstände. Essen die hier nichts anderes? Angewidert lief in an den Menschen vorbei und suchte die Tafel, an der stand, wo welcher Zug abfuhr. Doch dann wurde mir klar, wie bescheuert das war. Ich muss irgendwie auf dem schnellsten Weg nach Madrid. Wenn ich weiterhin den Zug nehmen würde, wäre ich sicherlich erst in zwei Tagen da. Aber so lange konnte ich nicht warten. >>Ich kenn da jemanden, der dir in Österreich Papiere fälschen kann.<< hat Fede mal gesagt, als wir vor 20 Jahren mal hier gewohnt haben. Doch ich wusste bei besten Willen nicht mehr, wie der Typ hieß. Chucky? Bertie? Klaus? Ich hab wirklich keine Ahnung. Immerhin ist das ganze 20 Jahre her. Ich musste irgendwie Vampire finden. Aber sie werden mich aussaugen. In den Großstädten sind alle Vampire grausame Mörder. Hier war es für sie ein leichtes, sich ein armes, kleines Mädchen von der Straße zu klauen und es dann ausgesaugt hinter einen Müllcontainer zu schmeißen. Mit zitternden Händen griff ich in meinen Rucksack. Eisenkraut. Davor hatte ich mich als Vampir gefürchtete, doch nun war es meine Rettung. Ich schluckte es hinunter und ignorierte den bitteren Beigeschmack. Wer leben will muss auch mal kurz leiden. Mit entschlossener Miene stapfte ich Richtung Altstadt. Als ich eine dunkle Gasse bemerkt, lief ich ohne zu zögern hinein. Wie nicht anders zu erwarten, kam irgend so ein Typ auf mich zu gerannt. >>Eh, Süße.<< rief er und griff nach meinem Arm. Ich schlug mit dem Kopf gegen die Wand und tastete mit der Hand an die schmerzende Stelle. Als ich meine Finger zurückzog bemerkte ich, dass Blut an ihnen klebte. Ein schlauer Vampir hätte jetzt an Hand des Geruchs erkennen können, dass das Blut vergiftet ist, aber dieser hier war entweder strohdumm oder verdammt ausgehungert, denn er kam einfach auf mich zugesprungen und biss mich in die Kehle. Ich schrie entsetzt auf, doch sofort lies der Schmerz  nach und der Vampir taumelte zischend von mir weg. >>Eisenkraut.<< fauchte er. >>Was willst du hier.<< fragte er und kniff die Augen zusammen. >>Mein Bruder hat mir erzählt, dass es hier einen Vampir gibt, der mein ein paar Papiere besorgen kann, die  ich dringend brauche. >>Bist du ein Vampir, Kleine?<< fragte er und sah mich forschend an. >>Dann hätte ich jetzt sicherlich keine Blasen an den Füßen.<< gab ich bissig zurück. >>Ist ja gut, ist ja gut. Du bekommst deine Papiere. Aber vorher will ich wissen, wer du bist.<< Ich wusste, dass ich aus dieser Situation nicht mehr ohne großes Aufsehen herauskam, also beschloss ich ihm einfach die Wahrheit zu sagen. >>Francesca Cauviglia.<< sagte ich und sah, wie ihm ein Licht aufging. >>Cauviglia. Federicos kleine Schwester also- Wie geht es meinem Kumpel?<< Ich lachte verbittert. >>Nicht besonders gut. Seine große Liebe wurde von den Vampiros entführt.<< Der Vampir schüttelte entgeistert den Kopf. >>Diese Bastards! Was brauchst du für Papiere?<< Ich lächelte zufrieden. >>Sagen wir es mal so. Ich will nach Madrid. Mit dem Flugzeug. Ich kann schlecht das Fliegen erlernen, aber Stewardessen kommen und gehen.<<

Diecesca und Fedemila - Blut oder Liebe 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt