Kapitel 8

92 15 2
                                    

Diegos Sicht

Als sich meine schweren Lider nach gefühlten 100 Stunden wieder öffneten, was ich ganz sicher nicht mehr in der kleinen Wohnung in Italien. Sondern in einem Kastenförmigen Etwas. Kofferraum. Francesca hatte mir diese ganze Autosache gleich an meinem 3. Tag nach meinem Erinnerungsverlust erklärt. Und wenn ich mich recht erinnerte, ist dieser kleine Raum für Gepäckstücke und nicht für Menschen gedacht. Und mal ehrlich: Dieser Klebestreifen auf meinem Mund und die Fesseln hätte man auch weglassen können. Aber wer weiß? Vielleicht verstehen die Menschen des 21. Jahrhunderts das ja als einen gemütlichen Ausflug? Ich hatte nie wirklich Problem mit Klaustrophobie oder etwas ähnlichen gehabt, aber jetzt, eingesperrt mit nur wenig Bewegungsfreiheit konnte ich sehr gut vorstellen, wie man sich fühlt, wenn man Platzangst hat. Ich hämmerte mit der Faust gegen irgendeine Wand, die sich links neben mir befand. Und ganz plötzlich, wie von Zauberhand hielt die scheppernde Blechbüchse auf sich fortzubewegen. War ich das etwa? Als Probe klopfte ich noch mal an die gleiche Stelle, aber es änderte sich nichts. Das Auto stand. Die Kofferraumtür öffnete sich und das helle Sonnenlicht blendete mich und ich erkannte die Umrisse des Jungen, der sich gestern als Federico bei mir bekannt gemacht hatte. Ich sollte Ludmila unbedingt fragen, wieso sie einen solchen Schuft als Gefährten gewählt hat. Aber wahrscheinlich kenne ich sie gar nicht mehr richtig. Immerhin kann man sich in 100 Jahren sehr verändern. >>Diegito! Du bist aufgewacht. Na ein Glück, ich habe schon befürchtet, dass ich deinen Leichnam irgendwo im Wald vergraben muss. Aber dir scheint es ja super zu gehen, also komm da mal raus.<< Er riss mich am Arm aus dem Kofferraum, riss mir in einer einzigen, schmerzhaften Bewegung das Klebeband vom Mund und trennte dann die Fesseln mit seiner bloßen Hand durch. Als ich ihn irritiert ansah, lachte er leise in sich hinein. >>Einer der positiven Effekte, wenn man ein Vampir ist.<< erklärte er dann und schloss den Kofferraum. >>Was...Was hast du mit mir gemacht?<< fragte ich stotternd und voller Furcht in der Stimme. Er wird mir nicht weh tun! Ludmila würde ihm das nie verzeihen, also wird er mir nichts tun! >>Naja, das ist jetzt schwer zu erklären Kumpel, aber...<< Er zögerte und zuckte dann mit den Schultern. >>...du wurdest von mir offiziell entführt. Du weißt schon, nicht auf diese Erpressungsweise, sondern auf die Weise, bei der man jemanden mitgehen lässt, um ein höheres Ziel zu verfolgen.<<  

Diecesca und Fedemila - Blut oder Liebe 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt