chapter 7

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Donnerstag. Mein erster Gedanke als ich aufwachte war, dass ich heute für ein paar Stunden nach Hause zurückkehren würde. Zum ersten Mal nach ein paar Wochen. Eine Mischung aus Panik und Unsicherheit staute sich in mir. Ein paar Stunden hatte ich noch Zeit. Ich hatte schlecht geschlafen. Das tat ich zwar in den letzten Wochen immer, wenn ich überhaupt schlafen konnte, aber in dieser Nacht war es ganz besonders schlimm gewesen. Ich brauchte einen starken Kaffee. Also fuhr ich zum Schwesternzimmer und bat um einen extra starken Kaffee zum Frühstück. In die Mensa wollte ich nicht, da hatte ich gestern schon den halben Tag verbracht weil ich vor Langeweile fast gestorben war. Ich hatte die ganze Zeit an heute gedacht und konnte mich gestern nicht mal konzentrieren in mein Tagebuch zu schreiben oder die Cosmopolitan zu lesen. Deshalb habe ich dann den halben Tag geschlafen und bin danach hoch in die Cafeteria. Mein Gips war glücklicherweise endlich abgekommen, aber ich durfte mit dem Bein trotzdem noch nicht auftreten und musste daher die Krücken oder den Rollstuhl nehmen.

Die Schwester brachte mir zwar zum Frühstück einen Kaffee, der schmeckte aber wie Kotze. Der Kaffee aus der Mensa schmeckte Tausend Mal besser. Naja, dachte ich, der Kaffee war wohl heute meine kleinste Sorge. Hunger hatte ich nicht im geringsten, mir war schlecht vor Aufregung, aber trotzdem zwang ich mich zu essen. Mein Magen wehrte sich, aber ich riss mich zusammen und musste nicht erbrechen. Nach dem Essen ging ich ins Bad, machte mich frisch, kämmte meine Haare, zog mich um und wartete dann auf Emina.

Um kurz nach zwei kam der Arzt endlich herein und fragte die üblichen Fragen, wie ich mich fühlte bla bla bla. Er sagte, er würde mich zum Eingang bringen, Emina würde schon draußen im Auto warten. Er hob mich in den Rollstuhl und fuhr mich zum Eingang. Dann half er mir auf.

„Meinst du wirklich, dass du das ohne Rollstuhl schaffst?" fragte er mit einer leichten Besorgnis in der Stimme.

„Ja, ich schaffe das. Außerdem habe ich ja noch Emina. Das wird schon alles klappen." antwortete ich, während ich an seinen Arm gestützt das Krankenhaus verließ und raus auf den Bürgersteig trat. Emina stand ein paar Meter weiter und winkte als sie uns erblickte. Ich lächelte und ließ dann vorsichtig den Arm von Doktor Fentz los.

„Passt bitte auf, meine beiden Damen." sagte er im Umdrehen und ging mit schnellen Schritten in Richtung Eingang.

Emina half mir beim Einsteigen in ihren grauen Mini Cooper.

„Danke." sagte ich, zog die Beifahrertür zu und schnallte mich an. Emina stieg ein, schnallte sich ebenfalls an und musterte mich erstmal.

„Schick, schick." lachte sie.

„Danke, danke. Ich wollte mein Haus nicht wie ein Penner betreten, es ist immerhin das letzte Mal." Schon bei den Worten kamen mir fast die Tränen. „Aber so schick bin ich nun auch wieder nicht. Es ist ein ganz normales Sommerkleid." Ich liebte das Kleid. Es war zartrosa mit Spitze.

„Bist du eigentlich schon sehr nervös? Ich denke mal schon, oder?"

„Ja. Ich hab letzte Nacht nicht so gut geschlafen, aber das ist ja nichts Neues. Keine Angst, ich habe heute Morgen ein ganzes Brötchen und Joghurt und dazu noch einen starken Kaffee gefrühstückt."

„Wir beide werden das schon schaffen." versuchte sie mich zu beruhigen.

„Mhm." sagte ich nur. „Du musst gleich links, dann die Straße bis zum Ende und dann nochmal links."

„Alles klar, Sir." sagte sie und betätigte den Blinker.

Mit jedem Meter stieg meine Nervosität und ich begann mit den Fingern auf meinem Bein rum zu wippen. Dann bogen wir in die Straße ein. Jetzt waren es nur noch ein paar Häuser.

Wie ein EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt