chapter 22

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Als ich am nächsten Morgen meine Augen öffnete war Jayden weg. Aber neben mir lag ein kleiner Zettel auf dem gekritzelt stand:

Guten Morgen mein Schatz,

du sahst gestern so wunderschön aus als du eingeschlafen bist. So friedlich, so ruhig und so zufrieden. Ich bin so überglücklich dich wieder zu haben. Und ich bin so stolz auf dich mein Mädchen. Wir sehen uns, bis später. Ich liebe dich über alles

Wie süß er doch war. Es hatte so gut getan in seinen Armen einzuschlafen. Mir war ganz warm ums Herz geworden. Ich fühlte mich endlich wieder geliebt und konnte wieder Nähe genießen. Das war so ein unglaubliches Gefühl. Strahlend stand ich auf, machte mich fertig und ging hinunter.

„Guten Morgen Sonnenschein."

„Wie schön, dich so strahlend zu sehen." Diesmal saß Marc schon vor mir am Tisch und schlürfte seine Tasse Kaffee.

„Guten Morgen." Ich setzte mich neben ihn. Anja reichte mir meine Tablette und anschließend auch meinen Kaffee.

Ich stolzierte ziemlich motiviert über den Schulhof nachdem Marc mich vor dem Gebäude abgesetzt hatte und zur Arbeit gefahren war. Dieser Tag hatte wundervoll begonnen und ich schaffte es, alles was mir das hätte versauen können zu verdrängen. Die erste Nacht in meinem neuen Bett hatte ich relativ gut verbracht. Nur einmal war ich schweißgebadet aufgewacht, aber das war ja für mich mittlerweile Normalität. Es war okay gewesen. Für einen Moment war ich komplett verwirrt gewesen und wusste nicht wo ich mich befand oder wer ich war. Doch ich hatte mich schnell beruhigen können und war glücklicherweise sofort wieder eingeschlafen. Es war komisch, es war jede Nacht derselbe Traum, aber manchmal wachte ich auf und manchmal nicht. Dann war er einfach irgendwann vorbei. Oder ein anderer Traum begann. Das war natürlich nicht das einzige was ich träumte. Ich träumte oft mehrere Sachen in einer Nacht, ganz verschiedene Sachen. Und deshalb fühlte ich mich jeden Morgen aufs Neue komplett erschöpft, als hätte ich in der Nacht einen Marathon gelaufen. Doch jedes Mal riss ich mich wieder zusammen und quälte mich hoch. Dafür schlief ich dann entweder in der Schule oder am Nachmittag ein. Und wenn keine Zeit zum Schlafen war, weinte ich weil ich so am Ende und so kaputt war. Es war kein Zustand und so wollte ich nicht mehr weiter machen. Die Tabletten machten mich schon müde genug. Da brauchte ich wenigstens nachts meinen Schlaf. Aber der war mir anscheinend nicht gegönnt. Ich hasste die Nächte, seit dem Vorfall weil ich fast nie mehr durchgeschlafen hatte seitdem und wenn mich in meinen Träumen quälen musste. Jede einzelne Nacht quälte mich so oder so. Ob ich schlief oder wach war. Und deshalb bekam ich auch jeden Abend Angst. Was das Ganze wiederum noch komplizierter machte. Ich hasste diesen Kreislauf. So ging es nicht mehr. Ich wollte ein normales Leben aber das konnte ich so nicht führen. Doch ich straffte mich und hörte auf darüber nachzudenken. Jetzt hatte ich mich erstmal auf die Schule zu konzentrieren.

Dennis war an diesem Tag nicht da. Das wunderte mich ein wenig. Doch ich sagte mir, dass es schon nichts ernstes sei. Ich hatte schließlich auch neulich einen Tag gefehlt und da hatte es nur an einem Umzug gelegen. Nicht der Rede wert.

Da ich für die nächsten Monate vom Sportunterricht beurlaubt war wegen meines Kopfes, sprach ich mit der Lehrerin um mich für eine freiwillige Facharbeit zu melden. Sie konnte mich ja nicht anders bewerten und ich fand das keine schlechte Idee.

„Das freut mich." Sagte sie. „Und dann auch noch freiwillig. Sehr vorbildlich! Ich werde dir in den nächsten Tagen ein Thema und passendes Material heraussuchen, wenn du einverstanden bist."

„Gerne, vielen Dank." Mich störte es nicht, dass ich nicht mitmachen konnte. Ich liebte Sport über alles aber Schulsport war etwas anderes. Es kam mir sogar ganz recht, da konnte niemand meine Narben sehen. Klar, sie konnten sich es eh alle schon denken. Das Mädchen, dessen Eltern tot sind und der Psycho aus dem Waisenhaus. Die, die mitten im Sommer lange Klamotten trug... Sie waren alle sehr nett und offen zu mir, wofür ich auch echt dankbar war. Aber insgeheim wollten sie sicher alle nicht wirklich etwas mit mir zutun haben. Ich hatte und machte nur Probleme. Wer wollte mit so jemandem was zu tun haben?

Wie ein EngelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt