MOMENT NR.29

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Ich war letztens in der Stadt und hab versucht, dort auf andere Gedanken zu kommen und mich etwas abzulenken. Dabei war ich auch in so einem Laden, wo die sich selbst umrührende Kaffeebecher und so einen Mist halt haben. Als ich da so durch die Gänge gestreift bin und mir das viele Krams in den Regalen angeschaut habe sprang mir auf einmal ein Karottenschäler ins Auge. Mit einer Klinge so groß wie meine Hand drin. Ich hab bestimmt minutenlang vor diesem blöden Regal in diesem blödem Laden gestanden und diese Klinge angestarrt. Ich war wie festgefroren und konnte meinen Blick einfach nicht lösen. In meinem Kopf lief sofort wieder dieser Film ab, den ich doch eigentlich so dringend hatte loswerden wollen. Dieser Film über kühles Metall in meinen zitternden Händen, greller, brennender Schmerz, klaffende Wunden und dunkelrotes, warmes Blut, das meinen Arm hinunterrinnt. Es wäre so einfach gewesen. Die Klinge war mit einer einfachen Schraube befestigt, die ich ganz leicht mit einem Kreuzschraubenzieher hätte lösen können. Ich hätte das Ding nur aus dem Regal nehmen und damit zur Kasse gehen müssen. 2.95$ hat das Teil gekostet, das hätte ich dabei gehabt. Es wäre so leicht gewesen, diesen schweren Fehler zu begehen. Ich hätte damit nach Hausen gehen können. Dort hätte ich mich auf den Badezimmerboden gesetzt, meinen Ärmel hochgekrempelt und...Egal. Ich darf daran nicht denken. Denn ich bin stark geblieben. Ich habe mich losreißen können und bin aus dem Laden geflüchtet, hab mich in den Bus gesetzt und bin wieder nach Hause gefahren. Ich hatte so Angst, dass ich umdrehe. Aber ich habs nicht gemacht. Ich wusste, ich musste stark bleiben. Auch wenn ich in dem Moment nicht wusste, wofür überhaupt. 

Suizid die ersteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt