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"Was tust du hier?"
Ich sah auf und erstarrte. Draco.
Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch ich brachte keinen Ton heraus.
Draco zog mich vorne am Umhang auf die Beine und funkelte mich an. "Ich habe dich etwas gefragt, Schlammblut!"
Wütend riss ich mich los. "Professor Dumbledore war so gütig, den Fehler des sprechenden Hutes rückgängig zu machen. Das ist jetzt auch mein Haus, Malfoy. Find dich damit ab."
Ich setzte mich wieder hin und las weiter, Draco nun ignorierend und sah ab und zu durch den Slytherin-Gemeinschaftsraum.
Die meisten Schüler warfen mir irritierte, wütende oder neugierige Blicke zu, doch in denen von Draco sah ich blanken Hass. Was hatte ich ihm nur getan? Wie war es möglich, dass gerade die Person mich hasste, von der ich am meisten gemocht werden wollte?
Malfoy starrte mich wütend an, dann stapfte er davon und ließ mich allein.
Nur wenige Augenblicke später ließ sich jemand neben mich aufs Sofa sinken, noch bevor er den Mund öffneten, wusste ich, dass es Blaise war. Seinen Geruch würde ich überall erkennen, er roch nämlich verdammt gut.
"Draco hat mir erzählt, dass du hier bist."
"Schön für dich und Malfoy", erwiderte ich zickig und sah demonstrativ in die andere Richtung.
"Mensch, Seraphina... Es tut mir leid. Wirklich. Ich wollte dich nicht verletzen. Du... Ich mag dich, sehr sogar. Ich habe im Prinzip keine Ahnung, wer du bist, woher du kommst oder weshalb du manche so gut einschätzen kannst, als wüsstest du alles über sie... Aber ich weiß, dass du mich faszinierst und ich am liebsten jede Kleinigkeit von dir wissen will."
Widerwillig sah ich ihn an und seufzte. "Ich..es gibt vieles, was ich dir wahrscheinlich nie erzählen kann. Es würde alles zerstören, du würdest mich hassen. Du würdest es nicht verstehen. Ich kann dir nur sagen, dass ich dich auch mag. Du warst nett zu mir, obwohl ich bei den Löwen war. Deshalb hat es mich so verletzt, was du am See gesagt hast. Ich hätte niemals gedacht, dass ich dich wirklich so sehr mögen würde, vor allem weil ich dich nicht ganz so gut einschätzen kann wie die anderen. Aber... ."
Ich seufzte und brach ab. Wie sollte ich es ihm erklären, wenn ich ihm die Wahrheit nicht sagen konnte?
Blaise hielt zaghaft seine Arme auf und sah mich fragend an. "Darf ich?"
Lächelnd nickte ich und ließ mich von ihm umarmen. Es fühlte sich gut an, seinen Geruch einzuatmen, meinen Kopf an seine Schulter zu lehnen und jeden Gedanken an Draco fürs erste aus meinem Kopf zu verbannen. In diesem Moment gab es nur Blaise und mich.
Lächelnd ließ ich ihn dann los und räusperte mich. "Ich gehe noch etwas raus, ehe Sperrstunde ist. Sehen wir uns dann später oder morgen?"
Als er nickte, griff ich nach meinem Zauberstab, der neben mir lag und verließ grinsend den Gemeinschaftsraum. Ich konnte es nicht glauben, ich war dort, wo ich schon mein halbes Leben lang sein wollte. Im Slytherin-Gemeinschaftsraum in Hogwarts.
Ich wollte nicht daran denken, dass das irgendwann vorbei sein würde und ich mein normales Leben weiterleben müsste.
In Gedanken versunken schlenderte ich über die Ländereien der Schule, die Hand am Zauberstab.
Meine Füße trugen mich automatisch zum Wald und nervös sah ich mich am Waldrand um, ehe ich weiterging.
Der Wald war unglaublich. Ich konnte nicht glauben, dass ich tatsächlich hier war, alles schien unwirklich und wie aus einer anderen Welt zu sein.
Natürlich wusste ich, dass er eigentlich verboten und gefährlich war, doch ich war einfach zu neugierig.
Immer tiefer ging ich in den Wald hinein, den Zauberstab hatte ich inzwischen aus meiner Tasche gezogen und hielt ihn nun vor mich. "Lumos." Begeistert sah ich, wie die Spitze meines Stabes zu leuchten begann; wie cool war das bitte, dass die Zauber wirklich funktionierten? Und dass ich sie konnte, obwohl ich sie nie wirklich gelernt hatte?
Langsam ging ich weiter und beleuchtete mit dem Stab jeden Zentimeter um mich herum. Die uralten Bäume schienen Geschichten zu kennen, die man sich in seinen kühnsten Träumen nicht ausmalen konnte. Und ich wusste, dass niemand auch nur ansatzweise erahnen konnte, was in diesem Wald alles geschehen war. Die Bäume waren dafür zu alt, die Magie zu deutlich spürbar, als dass man es mit ein paar Besuchen von Harry, Ron, Hermine, Hagrid, Draco, ein paar Drachen und sämtlichen anderen Tieren hätte erzeugen können. Dieser Ort war einfach unglaublich.
Natürlich wusste ich, dass ich eigentlich umkehren und zum Schloss zurückkehren sollte, doch man konnte ihm nicht widerstehen, es war, als würde mich etwas immer tiefer hinein locken wollen.
Lächelnd drehte ich mich um mich selbst und musste mir auf die Lippe beißen, damit ich nicht laut lachte. Ich fühlte mich hier so wohl, wie ich es noch nie in einem Wald getan hatte. Aber das war eben das tolle an Hogwarts.
Nach einigen Metern blieb ich schlagartig stehen. Da war was. Ich wusste nicht genau, was, doch mir war bewusst, dass ich das in den nächsten Augenblicken herausfinden würde, ob ich nun wollte oder nicht. Was ich übrigens nicht tat.
Das Geäst vor mir teilte sich und über die riesige Wurzel eines Baumes schob sich ein riesiges haariges Bein.
"Oh nein", dachte ich und umklammerte meinen Zauberstab fester. Was sollte ich tun? Ich dachte fieberhaft nach, während sich ein zweites Bein in mein Sichtfeld schob. In Zeitlupe wich ich zurück und ging jeden einzelnen Zauber in Gedanken durch, doch es fiel mir einfach nicht der richtige Spruch ein.
Langsam kam die gesamte Spinne zum Vorschein. Sie war nicht so riesig wie Aragog selbst, doch definitiv einer seiner Nachkommen.
Angst ergriff meinen gesamten Körper und ich fing an zu zittern.
Das wars. Ich würde von einer verdammten Riesen-Spinne gefressen werden, niemand würde mich jemals finden und meine Mum würde mich nie wieder sehen. Andererseits gab es eine winzige Chance, dass ich aufwachen würde, wenn ich nun starb. Aber das Risiko würde ich auf gar keinen Fall eingehen. Niemals.
Als die Acromantula auf mich zukam, wich ich stolpernd zurück, fiel über eine Wurzel direkt in den Schnee und schloss die Augen. Das wars. Ich schrie lauter als ich jemals geschrien hatte.

Plötzlich Hexe ✔️ || #theHogward2018  || #RainbowAward2018 || #OrionAward2019 ||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt