Alles was gestern war, ist jetzt wieder da

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Kelu ging mir nicht aus dem Kopf, als ich am nächsten Abend mit den anderen zu Abend aß.

„Hau ab Mädel. Du bist nichts für dieses Leben."

Was, wenn sie recht hatte?

Letzte Nacht hatte mich der Gedanke Stundenlang wachgehalten.

„Du denkst an Kelu oder?" fragte Flo mich kauend.

„Hm"

„Kann ich verstehen."

Ich schluckte meine Spagetti runter.

„Was hat sie gesagt, was dich zweifeln lässt?" erkundigte sie sich.

„Sieht man mir das so an?" fragte ich und seufzte.

Lino, Jayden, Sommer, Winter und Flo nickten gleichzeitig.

Ich musste unwillkürlich lachen. „Sie sagte, dass das Leben hier nichts für mich sei."

„Da hat sie ja auch recht" sagte Winter neutral.

Erschüttert blickte ich von meinem Teller auf.

„Was Winter meint..." mischte sich Sommer schnell ein „....ist, dass jeder von uns eigentlich nicht in dieses Leben gehört. Verstehst du?"

Ich nickte.

Niemand wollte hier sein, das stimmte.

„Das war auch das einzige, was sie wirklich gesagt hat. Viel mehr hat sie nicht an Infos herausgegeben. Immer nur Gegenreaktionen, " merkte ich an.

„Das ist typisch für sie. Sie versucht dich zu manipulieren"

„Warum müssen immer alle böse sein?" fragte ich anklagend.

Darauf wusste niemand der anderen etwas zu antworten.

Ich räumte schweigend meinen Teller weg und ging wieder runter zu Kelu in den Keller.

Ihre Lippen waren wie immer zu einem spöttischen Lächeln verzogen.

Ich ließ mich an der kalten Steinmauer runtergleiten und blieb gegenüber von ihr sitzen.

„Ist dir nicht kalt?" fragte ich sie.

Sie antwortete nicht. Die Frage schien ihr zu Trivial zu sein. Es war kalt hier unten.

„Warum sind immer alle Menschen Böse?" fragte ich wieder.

Sie seufzte.

Ich lachte.

Sie nicht.

„Was ist denn jetzt schon wieder lustig?" fragte sie. Heute war sie schlecht gelaunt.

„Ich nerve dich, aber du sagst nichts. Warum?"

„Weshalb muss es immer ein Warum geben? Warum kann nicht einfach mal so etwas sein, weil es so ist." Ihre Stimme klang anklagend, als sei sie es leid, immer das Warum beantworten zu müssen.

„Weil es immer Gründe gibt. Für alles."

„Ja, vielleicht hast du Recht. Wahrscheinlich nicht"

„Es gibt einen Grund, warum du hier bist."

„Ja, ich will euch Informationen verkaufen."

„Ja, das willst du, aber darum bist du nicht hier"

„Okay, ich sage es dir umsonst..."

„Nichts im Leben ist umsonst! Selbst der Tod kostet das Leben! Also sag mir nicht, dass du mir etwas umsonst gibst. Das wäre eine Lüge!"

Sie war von meiner plötzlichen Heftigkeit beeindruckt.

Ihr spöttischer Blick war verschwunden. „Hast du da eine Wunde Stelle?"

Ich lachte.

Sie nicht.

„Nein. Da muss ich dich enttäuschen" antwortete ich mit einem Schulterzucken.

„Wie heißt du?" fragte sie unvermittelt.

„Chris"

„Nein"

„Anna"

„Nein"

Sky"

„Ich gebe es auf."

„Ich weiß"

„Was?"

„Du bist wie ein Buch" sagte ich in den dunklen Raum hinein.

„Was bringt dir ein Buch?"

„Ich kann es lesen."

„Und was steht in mir drin?"

„das sage ich dir nicht"

Sie lachte.

Ich nicht.

„Bis morgen Kelu. Ich freue mich schon."

Es gab also etwas, was es zu „lesen" gab, etwas, was man über sie erfahren könnte. Interessant. Und sie wollte mich kennenlernen. Sonst hätte sie nicht nach meinem Namen gefragt.


VogelFreiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt