Wenn ein Flüstern zum Strum wird

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Wir nahmen tatsächlich den Aufzug.

Er fuhr uns nach ganz oben, dort, wo die Radiostudio war.

„Du weißt, was du sagen willst?" fragte mich Lino in die Stille hinein.

Er entsicherte seine Waffe.

„Ja" ich nickte.

„Gut. Du hast vielleicht zehn Minuten. Deine Rede muss gut sein."

Ich nickte. In diesem Studio wurden die Lautsprecher der ganzen Stadt gesteuert. Das bedeutete, dass jeder, wirklich jeder meine Worte würde hören können.

Ich war nicht nervös.

Ich war unglaublich ruhig.

Die Aufzugtüren glitten auf.

Niemand war da, alle waren mit den Aufständischen im Erdgeschoss beschäftigt.

Und die anderen waren wahrscheinlich schon von den Rebellen besiegt worden.

Wir beide eilten zusammen über den Flur. Der dunkelrote Teppich verschluckte unsere Schritte.

Wir erreichten das Studio.

Lino brach die Türe ein und wir traten ein.

Ein großes Fenster gab den Blick auf die Stadt frei.

Stumm blickte ich auf die winzigen Kämpfe und Menschen unter mir, während Lino die Anlage einschaltete.

Alle waren da. Alle kämpften. Alle.

Und zwischen alle dem der Schnee.

„Raven, du kannst jetzt anfangen, ich halte Wache" sagte Lino und verließ den Raum wieder.

Ich drehte mich um und wandte mich vom Fenster ab.

Ging zu dem Tisch mit den Mirko und den Kopfhörern.

Setzte die Kopfhörer auf.

Mein Atem ging schnell.

Ich schloss die Augen und drückte auf dem Mischpult vor auf den „On" Knopf.

„Darf ich euch eine Geschichte erzählen?" meine Stimme klang traurig. „Es ist die eines Mädchens, das in die Stadt zieht, um gegen das Unrecht zu kämpfen. Und wisst ihr, was ich mich frage? Ob es das Mädchen schafft. Ob sie es schafft, das Unrecht wieder gut zu machen.

Wisst ihr, was das besondere ist? Jeder von euch könnte dieses Mädchen sein. Jedem ist doch Unrecht geschehen. Jedem von euch.

Vom normalen Bürger, bis zum Soldaten.

Aber eins muss euch klar sein, jeder einzelne von euch kann die Frage, ob sie es schafft, ob ihr es schafft, für sich selber beantworten. Versteht ihr?

Ihr kämpft gegeneinander, obwohl ihr doch alle das gleiche Ziel habt oder?

Frieden.

Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Habt ihr je darüber nachgedacht?

Hat nicht jeder von uns das Recht, glücklich zu sein?

Sein Leben zu genießen?

Frei zu sein.

Vor Glück weinen zu können.

Natürlich habt ihr das!

Der Kampf tobte durch die Straßen.

Aber warum kämpft ihr dann gegeneinander?

Warum tut ihr das?

Wenn ihr doch die gleichen Ziele habt!

VogelFreiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt