Eine Frage des Vertrauens (Bonusgeschichte)

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„Glaubst du, das würde mir auch gefallen?"
Die Stille die darauf folgte, war für einen Moment absolut.

Francis lag auf dem Bauch, die Arme um sein Kissen geschlungen, dank der milden karibischen Nacht mit nichts weiter als seinem dünnen Bettlaken bekleidet. Jesse war gerade von seinem Wachdienst gekommen, er war müde und verschwitzt und sehnte sich vor allem nach Wasser und Ruhe. Die dünne Kniehose klebte ihm unangenehm am Körper, aber dieser Versuchung, die da auf dem Bett lag, konnte er nicht widerstehen.

Er beugte sich über seinen dösenden Kapitän und küsste ihn sanft auf den Nacken.
„Hmmm..." kam als Antwort und Jesse verstand das als Aufforderung. Er krabbelte hinter ihm aufs Bett. Francis wollte zur Seite rutschen, aber Jesse stützte sich  bereits rechts und links neben seinem Brustkorb auf der Matratze ab und ließ sich langsam auf ihn sinken. Francis warmer Rücken und seine Brust trafen sich und Jesse schloß die Augen und atmete langsam aus. Himmel...
Er vergrub sein Gesicht in die dunkelblonden Locken und atmete genauso langsam wieder ein. Nun gut, das half auch nicht. Francis Hintern presste sich an die Vorderseite seiner Hose und wenn er vorher nur müde und erschöpft gewesen war, das änderte sich jetzt schnell.
Er begann sich an dem Körper unter ihm zu reiben, nur halb bewusst, was er da tat. Seine Atemzüge wurden heftiger, gingen in ein unterdrücktes Stöhnen über, während ihm Francis Worte durch den Kopf hallten.

Es gibt eine Sache, die ich nicht tun werde, Jesse.

Erst jetzt wurde ihm bewusst, wie still Francis war. War das jetzt zuviel?
Er stemmte sich wieder hoch, legte sein Gewicht zurück auf die eigenen Arme. Aber Francis Unterleib folgte ihm, presste sich gegen die deutliche Beule an seiner Hose und dann folgte der Satz, der Jesses Herz aus dem Takt brachte.
„Glaubst du, das würde mir gefallen?"
Im ersten Moment fiel im nichts darauf ein und Schweigen schien die sicherste Antwort zu sein.
Francis drehte den Kopf ein bisschen und blinzelte zu ihm hoch. „Jesse?"
Der löste sich nun doch von ihm und ließ sich auf die Seite fallen. Mit der linken Hand zog er Kreise auf Francis Rücken und dachte nach. Ehrlichkeit war vermutlich das Beste.
„Ich weiß es nicht. Aber ich habe noch keinen Mann getroffen, der sich hinterher beschwert hätte."
Eine leise glucksendes Lachen war die Antwort. Jesse stieg die Röte ins Gesicht.
„Das soll jetzt nicht heißen..."
„Schon gut, schon gut. Manchmal frage ich mich, was du in deinen jungen Jahren denn NICHT alles gemacht hast. Im Gegensatz zu dir komme ich mir manchmal schrecklich unerfahren vor."
„Du lernst schnell, mein Lieber. Spiel jetzt nicht die zaudernde Jungfrau, das steht dir nicht."
„Erzähl mir davon, Jesse."
Schweigen. „Das ist nichts, worauf ich besonders stolz bin. Es war nur eine von vielen Möglichkeiten zu überleben. Die, in der ich gut war."
Francis dreht sich nun doch herum und zog Jesse ein Stück näher. Diese schwarzen Haare luden in immer wieder dazu ein, seine Hände darin zu vergraben und auch wenn sie im Moment noch verklebt und feucht waren, es war doch ein Teil an ihm, den Francis sehr mochte.
„Deine Vergangenheit macht dich zu dem, was du bist. Schäm dich nicht dafür."

„Ich weiß nicht, wo ich her gekommen bin. Nur ein Findelkind von vielen, das auf den Stufen des Waisenhauses zurückgelassen wurde. Vermutlich das Kind irgendeiner Hure, die immerhin den Anstand besessen hatte, ihr Baby nicht sofort nach der Geburt umzubringen oder in irgendeinem Rinnstein liegen zu lassen. Ein bisschen zu dunkel für einen guten Engländer und ein bisschen zu klein, um von einer gesunden Frau geboren worden zu sein. Ich kann ich noch nicht mal böse sein. Sie hat getan, was in ihrer Macht stand. Wer weiß, ob sie überhaupt noch lebt.
Aber das Waisenhaus und ich, wir haben nicht wirklich gut zusammengepasst. Ich war klein und hatte immer unter den älteren Kindern zu leiden. Gerade die älteren Jungs haben mich nur zu gerne gequält. Ich war nicht besonders stark, aber schnell und bald listig genug, um ihnen auszuweichen. Und dann kam Anne. Ein wildes irisches Mädchen mit roten Haaren und einem unglaublichen Mundwerk. Wir haben uns gleich gut verstanden, ich weiß nicht wieso. Vielleicht haben wir uns einfach gut ergänzt. Sie wurde meine Schwester, meine Familie.
Wir schmiedeten Pläne, Fluchtpläne. Es brauchte mehrere Anläufe, aber irgendwann waren wir erfolgreich und alt genug, um auf eigene Faust zu überleben. Anne brachte uns zuerst über die Runden, sie war ein Naturtalent im Klauen. Ich stellte mich ziemlich dämlich an und bin ein paarmal nur mit knapper Not entkommen. Du kennst die Strafe für Diebstahl, ja? Ich bin froh, immer noch beide Hände mein eigen nennen zu können. Wir haben uns einer lockeren Bande angeschlossen, keine von den großen Straßengangs, nur ein paar Kinder, die keiner haben wollte, und die zusammen mehr Chancen hatte als allein. Wir hatten weder die Lust, noch die Fähigkeiten uns in eine strenge Bandenhierarchie einzufügen und auch wenn wir vor eben diesen und der Polizei immer auf der Hut sein mussten, wir haben zurecht. Und einige von uns fanden heraus, wie sich leichtes Geld machen ließ, wenn man es mit dem persönlichen Schamgefühl nicht zu genau nahm.
Die Parks und dunklen Gassen der Stadt waren voll von Männern, die suchten, was sie daheim bei ihren Frauen oder Freundinnen nicht finden konnten und die sich zu sehr schämten, um es miteinander zu tun. Es stellt sich heraus, dass es doch etwas gab, das ich konnte.
Anne machte sich anfangs große Sorgen, aber ich war nie leichtsinnig und trug stets das Messer bei mir, das sie mir einmal geschenkt hatte. Es gab ein paar Zwischenfälle, aber im Großen und Ganzen mochte ich meine Arbeit. Schlussendlich war das ja auch nur als kurzfristige Lösung gedacht. In unseren freien Stunden zog es uns immer zum Hafen, wir wollten beide mit einem Schiff davonsegeln und wilde Seemänner werden. Auch das hat gedauert und war bei Anne aus verständlichen Gründen schwierig. Wir haben uns ein paar Monate aus den Augen verloren, als ich meine erste Stelle als Schiffsjunge antreten konnte, aber schließlich konnten wir beide England den Rücken kehren.
Aber wie sich herausstellte, konnte man auch auf Schiffen viel Spaß haben, besonders auf Piratenschiffen."

Einmal um die Welt (Piratenblut 2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt