Kapitel 2

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Die nächsten Tage vergingen wie im Flug. Ich musste wieder zur Schule und ich wollte es auch, immerhin rückten die Abschlussprüfungen immer näher. Zudem lenkte mich das Lernen ab, sodass ich nicht ständig darüber nachgrübelte, was passiert war, wer Kira umgebracht hatte und vor allem warum. Auch meine anderen Freundinnen versuchten möglichst nicht über Kira zu sprechen. Als ich eines Abends schließlich eine kleine Pause vom Lernen machte, fiel mir Jonathans Angebot wieder ein. Ich zog die Schreibtischschublade auf, in der ich den Zettel mit seiner Handynummer aufbewahrte, und überlegte, ob ich ihn wirklich mal anrufen sollte. Zwar wollte ich mich ablenken und nicht ständig darüber grübeln, wer Kira umgebracht hatte, aber ich wollte auch gerne wissen, ob Jonathan vielleicht etwas an meiner besten Freundin aufgefallen war.

Daher speicherte ich seine Nummer in meinem Handy ab und rief ihn an, doch ich bekam nur die Mitteilung, dass der Teilnehmer gerade nicht zu erreichen war. Na gut, ich konnte es ja ein anderes Mal versuchen. Doch erst am nächsten Mittwoch fiel es mir wieder ein. Ich war auf dem Reiterhof gewesen und alles dort hatte mich an Kira erinnert. Zu Hause versuchte ich es also erneut bei Jonathan und dieses Mal meldete er sich bereits nach dem zweiten Klingeln.

"Ja?"

"Jonathan, ich bin es ... Paula", begrüßte ich ihn.

"Ah, Paula, hallo. Wie geht es dir?" fragte er fast ein wenig zögernd, was ich auch nachvollziehen konnte. Kiras Tod war noch nicht lange her, vermutlich befürchtete er mit dieser Frage in ein Fettnäpfchen zu treten.

"Ganz okay. Und dir?"

"Auch ..."

"Hör mal ... Ist dir irgendwie was an Kira aufgefallen?" fragte ich schließlich direkt ohne weiter zu zögern. Immerhin hatte ich ihn ja deswegen angerufen.

"Aufgefallen? Was meinst du?" wollte Jonathan wissen und er klang verwundert.

"Ja ... also, war sie irgendwie anders? Hat sie ... etwas gesagt?" führte ich aus.

"Nein. Also, na ja, sie war etwas angespannt, aber sie meinte, das liegt nur an den bevorstehenden Prüfungen", erklärte Jonathan.

"Angespannt? Wie meinst du das?" hakte ich nach und er atmete tief durch.

"Na ja ... da war dieser Abend, als wir im Kino waren und als wir wieder raus sind, hat sie sich die ganze Zeit umgesehen. Ich hab sie auch gleich gefragt, ob was nicht stimmt, und sie meinte nur, sie wäre etwas nervös, weil in letzter Zeit doch öfter mal Überfälle in der Gegend waren", erzählte er schließlich. "Und sie war auch sehr oft so geistesabwesend, aber das lag wohl einfach am Lernstress. Zumindest meinte sie das."

"Verstehe", murmelte ich.

"Wieso fragst du?" wollte Jonathan nun wissen und ich seufzte leise.

"Ich ... glaub einfach nicht, dass sie sich selbst umgebracht hat", sagte ich. "Sie war total glücklich mit dir, sie hat super Noten, alles war super ... Und dann soll sie sich einfach umbringen? Nein. Das kann nicht sein." Er schwieg einen Moment, bevor ich ihn schließlich auch seufzen hörte.

"Ich kann es auch nicht glauben. Aber ... das würde auch heißen, dass jemand Kira umgebracht hat", meinte er und ich nickte, bevor ich mich auf mein breites Fensterbrett setzte und nach draußen blickte. Es wurde langsam dunkel. Die Dämmerung war schon immer Kiras liebste Tageszeit gewesen.

"Ja. Ist nur die Frage, wer es war und warum", entgegnete ich.

"Das ist einfach unglaublich. Ich meine ... man liest ja immer mal so etwas in den Nachrichten, aber ich hätte nie gedacht mal selber so etwas zu erleben", gab Jonathan mit leiser Stimme von sich. "Warum sollte denn jemand Kira umbringen?"

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt