Kapitel 12

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Ich schlief miserabel in dieser Nacht. Immer wieder fuhr ich zusammen, weil ich glaubte etwas gehört zu haben. Vino war mir nun auch kein Trost. Sonst schaffte er es immer mich mit seinem Schnurren zu beruhigen, aber diesmal blieb ich unruhig und nervös. Auch der Tee hatte kaum geholfen, er sorgte bloß dafür, dass ich irgendwann auf Toilette musste. Ich wagte mich kaum raus auf den Flur und lauschte auf jedes kleine Geräusch, bevor ich dann doch die wenigen Schritte ins Bad huschte.

Daher stand ich auch früh am Morgen auf, als ich hörte, wie meine Eltern aufstanden. Ich hätte ausschlafen können, aber ich wollte mich von ihnen verabschieden – und selber sehen, dass die Tür abgeschlossen war, sobald sie gegangen waren. Meine Mutter bereitete gerade Frühstück für Lena vor, sie sah blass und müde aus.

„Tut mir leid, dass ich euch geweckt haben", begann ich und sie winkte ab. „Guten Morgen.

„Guten Morgen. Und ich konnte ohnehin kaum schlafen. Migräneanfall." Deswegen war sie wohl auch nicht nach unten gekommen. Gelegentlich hatte sie diese Anfälle und konnte sich dann kaum rühren. Eigentlich halfen ihr dann nur ihre Tabletten, ein abgedunkelter Raum und ein kühler Lappen.

„Setz dich. Ich mach das Frühstück fertig." Dankend nahm meine Mutter Platz und zog ihre Tasse Tee zu sich heran. Nach einem Migräneanfall trank sie keinen Kaffee, allerdings hatte sie welchen aufgesetzt. Mein Vater nahm immer welchen mit zur Arbeit. „Ist Papa schon weg?"

„Nein, er sieht sich gerade im Garten um."

„Oh."

„Diese Einbrecher machen mir Sorgen. Irgendwann steigen sie doch noch ins Haus ein, während wir hier sind. Ich hätte nicht nach Berichten googeln dürfen." Meine Mutter seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Da fragt man sich wirklich, was in den Köpfen dieser Leute vorgeht. Für ein bisschen Bargeld und ein paar Wertgegenstände brechen sie in Häuser ein, fesseln die Bewohner, wenn die doch da sind ... Ah, nein, das ist kein Thema für den Morgen." Das war es tatsächlich nicht. Lena würde auch jeden Moment in die Küche kommen und sie hatte ohnehin immer noch Angst wegen ihres Erlebnisses. Da brauchte sie nicht noch zusätzliche Geschichten hören. Die Haustür ging auf und ich spannte mich kurz an, dann kam aber mein Vater in die Küche. Oh Mann, ich war wirklich viel zu nervös.

„Es sind keine Fußabdrücke vor dem Fenster zu sehen. Wer da auch war, er stand wohl auf dem Rasen und nicht direkt vor dem Fenster." Mit grimmiger Miene trat mein Vater an die Kaffeemaschine und füllte seinen Thermobecher. „Ich würde ja die Polizei rufen, aber so bringt das gar nichts. Guten Morgen, Paula. Entschuldige. Ich bin noch völlig durch den Wind."

„Schon gut. Guten Morgen." Ich stellte den Teller mit Lenas Broten auf den Tisch und hörte meine Schwester auch schon die Treppe herunterlaufen.

„Guten Morgen", rief sie vergnügt und stürzte sich auf ihre Brote. Sie wusste ja auch noch nicht, was ich gestern erlebt hatte. Wenn es nach mir ging, musste sie es auch nicht erfahren, zumindest nicht jetzt. Aber verheimlichen konnten wir es ihr auch nicht, zumindest nicht lange. Es war wichtig, dass sie vorsichtig war und immer gut abschloss und die Fenster zumachte, wenn sie ein Zimmer verließ.

„Ich muss los. Bis nachher." Damit eilte mein Vater aus dem Haus. Meine Mutter hatte flexiblere Arbeitszeiten und wartete, bis Lena gegessen hatte, dann verabschiedeten sie sich auch von mir und verließen das Haus. Ich schloss hinter ihnen ab, danach leerte ich die Spülmaschine und packte das benutzte Geschirr hinein. Etwas ratlos sah ich mich um. Es war ungewohnt nicht mehr zur Schule zu müssen. Eigentlich war es ja nichts anderes als in den Ferien, nur das Wissen, dass es eben keine Ferien waren, machte diese freie Zeit so speziell, so anders.

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt