Kapitel 21

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Die folgende Nacht war grauenhaft. Ich konnte kaum ein Auge zukriegen, obwohl ich hundemüde war. Aber wann immer ich die Augen schloss, sah ich diesen massigen Schatten vor mir oder bildete mir ein, etwas würde an meinem Fenster scharren.

Immer wieder musste ich an Kira denken. Daran, wie sie mir erzählt hatte, dass sie sich beobachtet fühlte. Hatte sie auch so etwas durchgemacht? Hatte sie auch in ruhigen Momenten geglaubt, jemand sei da? Ich machte mir wieder Vorwürfe, dass ich ihre Ängste einfach auf die bevorstehende Abiprüfung geschoben hatte.

Zweimal stand ich auf und schaute aus dem Fenster, doch natürlich war da nichts. Vermutlich hörte ich meinen eigenen Herzschlag überdeutlich oder vielleicht kroch eine Spinne in einer Ecke herum.

Als ich Lena und unsere Eltern hörte, überlegte ich, ob ich das Treffen mit Mareike für heute absagen sollte. Ich war so müde, vermutlich würde ich die ganze Zeit nur gähnen. Zudem fühlte ich mich nicht sonderlich produktiv. Aber ich wollte auch wissen, ob sie vielleicht irgendwelche neuen Ideen hatte, die sie nicht am Handy ausbreiten wollte.

Unschlüssig wälzte ich mich noch eine Weile hin und her, bevor ich schließlich aufstand. Erst wollte ich die Dusche ausfallen lassen, dann ging ich doch ins Bad. Vielleicht würde mich eine Dusche ja etwas beleben.

Sie tat es nicht. Das lauwarme Wasser machte mich bloß noch träger und ich seufzte. So würde es wohl nichts werden mit meinem Treffen mit Mareike. Die Neugier blieb allerdings und ich stand einen Moment in mein Handtuch gewickelt da und überlegte.

Letztlich überwog meine Neugier. Mareike würde nicht mehr lange hierbleiben und ich wollte noch einmal in Ruhe mit ihr sprechen. Immer Nachrichten hin und her schicken war blöd, es war einfacher sich direkt zu unterhalten. Okay, ich hätte sie auch anrufen können, aber ich befürchtete am Telefon einzuschlafen, wenn ich in meinem gemütlichen Sessel saß. In einem Café war diese Gefahr geringer.

Nachdem ich mich abgetrocknet und angezogen hatte, ging ich in die Küche runter. Meine Eltern und Lena waren bereits weg, ich hatte wieder das Haus für mich. Wenigstens waren Vino und die anderen Katzen noch da, sodass ich nicht ganz allein war.

Ich nahm mir eine Tasse und füllte sie probeweise mit dem Kaffee aus der Thermoskanne, die auf dem Tisch stand. Er schmeckte gut, also hatte den wohl meine Mutter gekocht. Ich füllte noch etwas Kaffee nach und nahm noch einen Schluck, bevor ich in den Kühlschrank schaute. Mein Magen knurrte, aber irgendwie hatte ich keinen Appetit auf die Sachen, die ich so sah. Nicht mal die Hähnchenwurst, die ich sonst so gerne aß, konnte mich überzeugen.

Dennoch machte ich mir eine Schüssel Müsli fertig, um zumindest eine Kleinigkeit zu essen. Vino und Brina strichen mir um die Beine, während ich aß, und ihre Schnurrhaare kitzelten mich an den Waden.

Mareike war ebenfalls wach und schrieb mir, dass sie gerade noch einmal all ihre Unterlagen sichtete. Sie war ebenfalls frustriert, dass sich nichts tat. Kein Wunder. Ihre Schwester war vor dreizehn Jahren umgebracht worden und bisher hatte man keinen Hinweis auf den Mörder gefunden. Ich fand die wenigen Wochen seit Kiras Tod bereits unerträglich. Wie mussten sich da so viele Jahre anfühlen?

Da wir beide keine anderen Pläne hatten, wollten wir uns gleich treffen. Ich aß schnell auf, spülte meine Schüssel kurz aus und stellte sie dann in die Spülmaschine, bevor ich noch einmal alle Fenster überprüfte und mich auf den Weg zu dem Café machte.

Unterwegs bekam ich eine Nachricht von Jonathan, der mich fragte, ob ich Lust auf einen Kaffee hatte. Ich erklärte ihm, dass ich heute eine Freundin treffen wollte und noch nicht wusste, wie lange das gehen würde.

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt