Kapitel 7

113 12 8
                                    



Die Prüfungen waren die Hölle. Ich hatte am Morgen, als ich vor der ersten Prüfung mit den anderen vor dem Klassenraum auf unseren Lehrer wartete, das Gefühl, ich hätte alles vergessen, was ich jemals gelernt hatte. Schlimmer noch ... alles wirbelte wild durcheinander und ergab für mich einfach keinen Sinn mehr. Wenigstens war meine erste Prüfung in Geschichte und so legte sich meine Nervosität, als ich schließlich die Fragen durchlas. Bei Chemie wurde mir zeitweise so übel, dass ich glaubte, ich würde mich gleich auf meinen Tisch übergeben, und vor Italienisch flüchtete ich tatsächlich auf die Toilette, weil ich heulen musste. Nicht wegen Italienisch, ich war gut in dem Fach. Nein.

Es traf mich wieder mit voller Wucht, dass Kira eigentlich mit mir die Prüfungen gemacht hätte.

Wir hätten morgens gemeinsam gezittert und uns hinterher darüber ausgetauscht, was wir geschrieben hatten, um uns zu ärgern, wenn wir feststellten, dass wir etwas vergessen hatten. Die Aufsichtslehrerin fragte mich sogar, ob ich wirklich in der Lage sei die Prüfung mitzuschreiben. Ich musste wirklich grauenvoll aussehen. Wenigstens lagen danach ein paar freie Tage vor mir, bevor es in die mündliche Prüfung ging.

Mit Jonathan und Mareike blieb ich in natürlich Kontakt, aber für ein Treffen hatte ich keine Zeit und auch einfach nicht die Nerven. Beide hatten Verständnis dafür und Jonathan schickte mir vor den Prüfungen immer kurze, aufmunternde Nachrichten. Als er mich auf ein Eis nach den Prüfungen einlud, zögerte ich jedoch, da ich an mein Gespräch mit Britta denken musste. Ich wollte nicht, dass jemand meine Treffen mit Jonathan falsch interpretierte, aber ich fand ihn nett und wäre Kira noch am Leben gewesen, wären Jonathan und ich ohnehin sicher auch Freunde gewesen. Das jetzt auszuschließen, weil Kira tot war, fand ich albern.

Da Mareikes Urlaub schließlich auch endete und sie wieder nach Hause fahren musste, konnten wir uns nicht mehr treffen, aber sie versprach mich auf dem Laufenden zu halten, was ihre Vermutung anging. Ich war immer noch skeptisch. Der Schmuck war einfach nur Schmuck, es musste ihn hundertfach, ach was, tausendfach geben. Wenn es da jemanden gab, der junge Mädchen mit diesem Schmuck tötete, hatte derjenige viel zu tun.

Allerdings ließ mich dieses Thema nicht mehr los und einen Tag vor meiner mündlichen Prüfung schickte ich Mareike meine Adresse mit der Bitte mir ihre Unterlagen als Kopie zu schicken. Nur wenige Minuten später erhielt ich ihre Antwort, sie sagte zu und warnte mich vor, dass sie bereits einen neuen Artikel hatte, der zu ihrem Verdacht passte. Ich schauderte, als ich das las.

>Was? Wo? Hast du einen Link?<

Dieses Mal kam Mareikes Antwort schneller, als hätte sie bloß gewartet, dass ich danach fragte. Der Link führte zu einer Berliner Zeitung. Ich setzte mich an meinen Laptop und gab den Namen der Zeitung in den Browser ein. Schnell hatte ich den Artikel gefunden und konnte hier das Foto besser betrachten. Es zeigte eine etwas melancholisch blickende Dunkelhaarige, doch ein Armband oder eine Kette sah ich nicht. Den Artikel überflog ich nur rasch, bevor ich Mareike wegen des Schmucks anschrieb.

>Sieh dir den Ring an ihrem Ringfinger an.< Auf die Ringe hatte ich nicht geachtet, die Dunkelhaarige, Aylin, wie mir der Artikel verraten hatte, trug mehrere davon. Aber da war tatsächlich einer, der ein vertrautes Schnörkelmuster mit eingesetzten roten Steinen aufwies. Ich zögerte, dann holte ich die Kette aus dem Schrank und verglich sie mit dem Ring. Es war nicht zu leugnen, dass die Schmuckstücke zusammenpassten. Aber das war doch einfach albern. Es waren Zufälle. Der Schmuck war vielleicht einfach gerade in.

War er vor dreizehn Jahren auch in, als Mareikes Schwester getötet wurde? hörte ich eine kleine Stimme in mir und rieb mir über das Gesicht. Nachdenklich griff ich nach meinem Handy, aber ich wollte nicht Mareike schreiben. Jonathan war mein Ziel.

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt