Kapitel 18

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In meinem Kopf pochte es, als ich erwachte, aber das eklige, pelzige Gefühl in meinem Mund war viel schlimmer. Ich richtete mich leise ächzend auf und öffnete vorsichtig die Augen. Mein Zimmer war abgedunkelt, vermutlich hatte meine Mutter meine Jalousien heruntergelassen. Einen Moment blieb ich auf der Bettkante sitzen, dann erhob ich mich, weil ich mir den Mund ausspülen wollte und auch dringend auf Toilette musste. Von Vino war zur Abwechslung nichts zu sehen, vermutlich hatte ich ihm zu sehr nach Alkohol gestunken, als ich in der Nacht vom Abiball zurückgekehrt war.

Der Gedanke an den Abiball brachte auch die Erinnerung an den Angriff – den vermeintlichen Angriff, korrigierte ich mich in Gedanken selbst – zurück. Wahrscheinlich war ich wirklich nur von einer blöden Fledermaus angeflogen worden und hatte bei dem unerwarteten Treffer das Gleichgewicht verloren. Oder ich hatte mir nur eingebildet, berührt worden zu sein. Vielleicht hatte ich einen Muskelkrampf oder sowas bekommen. Und da wurde ich so hysterisch. Himmel, das war echt peinlich.

Abgeschminkt hatte ich mich auch nicht, stellte ich fest, als ich in den Spiegel im Bad blickte. Mein Augen-Make-Up war völlig verschmiert und auch mein Lippenstift hatte sich irgendwann verabschiedet. Entweder schon auf der Party oder ich fand ihn gleich auf meinem Kissenbezug wieder. Kichernd benutzte ich erst einmal die Toilette, bevor ich schließlich meine Zähne putzte und anschließend unter die Dusche stieg.

Wenigstens hatte ich in der Nacht noch daran gedacht mein Kleid auszuziehen. Himmel, wo waren meine Schuhe? Dunkel erinnerte ich mich, dass ich sie ausgezogen und unter einer Bank abgestellt hatte. Da standen sie vermutlich immer noch oder waren mittlerweile gefunden worden. Jedenfalls konnte ich mich nicht erinnern sie wieder mitgenommen zu haben, als ich mit Rabia in das Taxi gestiegen war.

Vielleicht sollte ich nachher einmal in dem Lokal anrufen und fragen, ob ein Paar Schuhe gefunden worden waren und ich sie abholen konnte. Nachdenklich wusch ich mir das Shampoo aus den Haaren und rollte dabei meine Schultern. Das Erlebte ließ mich einfach nicht los. Es konnte natürlich Einbildung gewesen sein, immerhin war ich betrunken gewesen.

Andererseits war ich nicht betrunken genug für einen Filmriss und ich hatte mir bisher auch nichts eingebildet, wenn ich betrunken war. Sicher, Dinge hatten sich bewegt und geschwankt, aber ich hatte noch nie etwas wie letzte Nacht erlebt.

Schaudernd stieg ich aus der Dusche und trocknete mich ab. Ich wollte einfach nicht daran denken, dass mich womöglich tatsächlich jemand angegriffen hatte. Jemand Fremdes. Jemand, der nicht wollte, dass ich schnüffelte. Kiras Mörder.

Für einen Moment stand ich still da, das Handtuch gegen meine Brust gepresst und die Hände in den flauschigen Stoff gekrallt. Konnte es sein? Von irgendwem kam immerhin dieser Zettel und ich konnte mir niemand anderen als Kiras Mörder vorstellen, der mir drohte. Mareike und mir.

Unwillkürlich fragte ich mich, ob es ihr gut ging. Sie suchte schon seit Jahren nach dem Mörder ihrer Schwester, vielleicht war es die gleiche Person, die auch Kira getötet hatte. Warum trat der Kerl jetzt in Erscheinung? Zumindest hatte Mareike mir nichts davon erzählt, dass sie früher schon bedroht worden wäre.

Hatte sie vielleicht geschwiegen, um mich nicht zu beunruhigen? Nachdenklich hing ich mein Handtuch weg und zog mich langsam an. Ich fühlte mich träge. Am besten ich legte mich wieder hin, sobald ich etwas gegessen hatte.

Die Küche war leer, als ich sie betrat, aber auf dem Tisch stand eine Kaffeekanne, an der ein Zettel lehnte. Ich nahm ihm und zog die Nase kraus. Meine Mutter war mit Lena zum Shoppen gefahren, mein Vater half einem Freund beim Ausbau seines Dachbodens. Letzteres hatte ich gewusst, also waren das keine wirklich neuen Nachrichten.

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt