Kapitel 20

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Vino mied mich nicht mehr, als ich nach Hause kam, sodass ich es mir mit ihm auf meinem Sessel vor dem Laptop bequem machte. Mein Ohrenkraulen quittierte er mit einem leisen Schnurren und ich musste lächeln. Hier mit Vino in meinem Zimmer war wieder alles in Ordnung.

Ich fühlte mich nicht mehr beobachtet und die Gedanken an Kiras Mörder waren in den Hintergrund gerückt. Allerdings hatte ich auch gerade keine Lust nachzusehen, was man für Jobs machen konnte, wenn man Geschichte studierte. Lieber wollte ich einfach nur Vino kraulen und die Zeit auf diese Weise vertrödeln.

Irgendwann hörte ich Getrappel auf der Treppe und schon im nächsten Moment wurde meine Zimmertür leise geöffnet.

„Du bist wach!" Lena kam mit drei Tüten in mein Zimmer und schüttete deren Inhalt auf meinem Bett aus. „Guck mal, ich habe neue Sportsachen und eine neue Reithose und auch eine neue Jeans. Hier, da glitzert sie total cool." Vino sprang von meinem Schoß, schüttelte sich und stolzierte mit hocherhobenem Schwanz aus meinem Zimmer. Da war Lena ihm wohl gerade zu laut und quirlig.

Gewissenhaft betrachtete ich all ihre neuen Sachen und lobte ihre Auswahl, wobei ich sie wegen des grünen T-Shirts mit dem grellen, neongelben Muster auf der Vorderseite etwas aufzog, was sie mit einem gekonnten Schmollmund quittierte.

„Das sieht besser aus als deins", erklärte sie dann und zupfte an meinem schlichten Shirt.

„Man erkennt dich damit auf jeden Fall immer." Ich wuschelte ihr durch die Haare und Lena kicherte.

„Mama meinte, wenn ich weiter so wachse, kann ich es eh nicht lange tragen. Irgendwann bin ich wirklich größer als du." Sie streckte mir die Zunge raus und ich lachte.

„Beeil dich. Ich erwarte, dass du größer bist als ich, wenn ich aus Italien zurückkomme."

„Vielleicht schrumpfst du ja auch. Da ist es heiß und du gehst einfach ein." Lena streckte mir die Zunge raus und ich musste lachen.

„Das würde dir so passen, hm?" Ich half Lena dabei ihre Sachen in ihr Zimmer zu tragen, anschließend gingen wir nach unten. Meine Mutter stand in der Küche und schob uns ein paar Flyer entgegen.

„Wir bestellen heute etwas. Was wollt ihr?"

„Pizza!" krähte Lena und ich schmunzelte.

„Okay, Pizza." Schnell hatten wir ausgesucht, was wir wollten, und meine Mutter rief den Lieferdienst an. Lena machte sich einen Kakao und ich nahm auch einen zur Abwechslung. Sie machte mir gleich einen mit und ich gab noch etwas Zucker hinzu.

„Wie war der Abiball noch?" Meine Mutter sah mich fragend an und ich lächelte schief.

„Schön. Ich bin später draußen gestolpert und mein Kleid hat was abbekommen. Außerdem hab ich wohl meine Schuhe dort vergessen. Ich ruf da gleich mal an, ob sie sie gefunden haben." Vor Lena wollte ich nicht von dem Angriff sprechen, dafür war später auch noch Zeit. Andererseits wollte ich es direkt hinter mich bringen, also erhob ich mich und nickte in Richtung der Treppe. „Wir können es uns ja mal ansehen, dann kannst du ja sagen, ob sich da was machen lässt."

Zum Glück wollte Lena nicht mitkommen, sonst wäre mein schöner Plan direkt gescheitert. In meinem Zimmer schloss ich die Tür hinter mir, während meine Mutter an das Kleid herantrat.

„Da bist du wohl irgendwo hängengeblieben. Wir sollten zu einer Schneiderei gehen, vielleicht können die was machen."

„Mir ging es weniger um das Kleid. Ich wollte es vor Lena nicht sagen, aber gestern beim Abiball ... ich weiß nicht, ob ich einfach gestürzt bin oder mich jemand angegriffen hat." Ich schilderte meiner Mutter, was passiert war, und die Sorge in ihren Augen nahm immer weiter zu, je mehr ich erzählte.

Dreizehn MädchenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt