21. Kapitel

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21. Kapitel

Peer. Eine einzige Silbe, ein Wort, ein Name. Der Name eines achtzehnjährigen Jungen aus einer kleinen Stadt in Schleswig-Holstein von der ich noch nie gehört hatte. Groß, blond, mal mit Brille, mal ohne und immer ein Lächeln auf den Lippen. Attraktiv? Ja. Angehimmelt von unzähligen weiblichen Fans. Hatte eindeutig eine Chance auf den Sieg.

Bis vor kurzem hatte ich noch nicht viel mit ihm zu tun. Er war ein netter Typ, ohne Frage. Wenn wir Worte wechselten, dann auf freundschaftlicher Basis. Von allen Kandidaten war er einer der sympathischsten.  Doch das zählte nicht mehr. Jetzt war er nur noch eines für mich: Ein Gegner, der aus dem Weg geschafft werden musste.

Er, der immer Deutsch sang. Er, der in das Herz von Max und des Publikums gesungen hatte. Er, der ohne Schwierigkeiten alle seine Konkurrenten nach Hause geschickt hatte. Er, gegen den ich laut Luca keine Chance hatte. Er, den ich einfach nicht einschätzen konnte. War er meine Endstation? War er mir überlegen? Schmiss er mich aus dem Rennen?

In seiner Stimme steckte so viel Gefühl, dass ich Gänsehaut bekam. Er traf immer die perfekte Liedauswahl, wusste immer, was er an jenem Tag zu leisten hatte. Seine Freude zeigte er nie groß. Er machte sich nicht Favorit, indem er behauptete gut zu sein, er bewies sein Können mit Leistung. Und nebenbei schrieb er noch den einen oder anderen Song, den er dann mal hier und da in Videos sang. Ein Junge auf dem Weg jemand ganz großes zu werden.

Und genau diesem Jungen stand ich nun gegenüber.

„Viel Glück“, sagte ich. Ich war mir sicher ob ich das Gesagte ernst meinte, oder ob es mir nur so herausgerutscht war, weil man es eben so sagte. Wollte ich nicht eigentlich nicht das Gegenteil? Wollte ich nicht, dass er die Töne nicht traf, seine Show nicht ablieferte, dem Publikum nicht gefiel?

War ich wirklich schon so tief gesunken, dass ich jemandem Pech wünschte? Der Bessere gewinnt, oder nicht? Dieser ganze Konkurrenzkampf machte mich wirr im Kopf. Ich konnte nicht mehr klar denken, dachte nur noch daran, wie ich gewinnen konnte. Aber war das überhaupt meine Absicht?

„Das geht mir unter die Haut, wie ein warmer Sommerwind. Ich habe es erst nicht geglaubt, dass ich hier nicht alleine bin“, erklang es in meinen Ohren und sofort fuhr mir ein Schauer über die Haut. Alles was ich denken konnte war nur noch „wow“. Innerhalb von wenigen Sekunden war ich seinem Gesang wie einem Bann verfallen. Ich musste zugeben, dass das Lied, was ich vorher nicht hatte leiden konnte, doch unglaublich schön und tiefgründig war.

„Wir schotten um uns all die leeren Hüllen und die leeren Hüllen versperren uns. Die Sicht auf ein Leben das wir einst erstrebten doch wir halten daran fest“

Die Worte flogen an mir vorbei, blieben an mir kleben und drangen tief in mein Herz ein. Endlich erkannte ich den Sinn. Und wieder einmal wurde mir klar, dass er es war, der tiefen Respekt verdiente. Aus jedem noch so langweiligen Lied holte er die Emotionen hervor. Im Publikum konnte ich sogar einige entdecken, welche sich vor Rührung verstohlen die Tränen aus den Augen wischten.

„Das geht mir unter die Haut, dass wir verbunden sind. Es zieht mich immer weiter gerade aus
bis ich zu Hause bin“

Peer half mir mit diesem Lied die Welt wieder zu realisieren. Es war egal, ob ich hier gut abschnitt oder nicht. Ich wusste, dass ich singen konnte und hatte Spaß daran. Das war alles was zählte. Keiner konnte mir meine Leidenschaft noch wegnehmen. Denn ich war ich und würde mich für nichts und niemanden ändern.

„Fühlst du es auch lass alles stehen wo es ist, komm wir reißen aus, das ist alles was ich brauch
wenn ich in Sicherheit bin dann fühlst du es bestimmt“

Und ich ließ alles stehen und liegen und rannte los. Alle Assistenten hinter der Bühne starrten mich nur komisch an und versuchten mich zurückzuhalten. Doch es konnte mich nichts mehr halten. Ich musste jetzt zu Ende bringen, was es zu Ende zu bringen galt.

Just give me a reason (The Voice of Germany Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt