34. Kapitel

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34. Kapitel

Enttäuschung. Wut. Trauer. Verzweiflung. Warum hatte es nicht gereicht? Warum hatte ich nicht gewinnen können? Ich hatte solange geübt, hatte stundenlang geprobt. Alles andere hatte ich ausgeblendet. Nur die Musik hatte mein Leben bestimmt und jetzt, das war dieser Traum ausgeträumt. So viel Zeit hatte ich aufgebracht und was war der Lohn dafür? Ich hatte nur den zweiten Platz erhalten.

Bei anderen Wettbewerben hätte ich mich darüber gefreut. Besonders im Sport war ich überglücklich, wenn ich auf das Podium steigen konnte, doch das hier war etwas anderes. Dies war eine Castingshow. Hier zählte nur  der Gewinner. Wer interessierte sich schon für die Zweitplatzierte? Nur der Gewinner zählte. Er bekam den Vertrag. Er war es, der das viele Geld erntete. Berühmt wurde nur der Sieger.

Ich hätte an Lucas Stelle stehen sollen! Ich hätte die Siegerin werden sollen! Es war so unfair. Nun bekam er den ganzen Ruhm und ich, für mich blieb nichts davon übrig. Das Showbusiness war hart, das war mir auch schon vorher klar gewesen, doch hatte ich das nie realisieren wollen. Zwischen Sieg und Niederlage lag nicht so viel wie ich dachte. Nur ein kleiner Fehler konnte den Unterschied machen. Das Glück, auf der Seite des Erfolgs zu belieben, war mir nicht zuteil geworden.

Natürlich hatte ich das auch nicht erwartet, doch die Hoffnung hatte sich in meinem Kopf festgesetzt. Obwohl ich überzeugt gewesen war, dass ich auch mit dem Verlieren klarkam, war genau das nicht eingetreten. Ich machte mir viele Vorwürfe. Mehr Proben hätten mich sicher weitergebracht. Auch wenn ein klein bisschen Talent nicht fehlen durfte, war harte Arbeit der Weg zum Erfolg.

Ich hatte mich zu sehr ablenken lassen. Gefühle hatten eine intensive Vorbereitung verhindert. Meinen Ruhm hatte ich selbst in unerreichbare Ferne gestellt. Doch es brachte nichts, sich jetzt im Nachhinein so viele Gedanken zu machen. Was geschehen war, war geschehen und ich konnte nichts daran ändern.

Manchmal lief es nicht so, wie man es sich erhofft hatte und dann musste man das hinnehmen. Ich musste mir darüber im Klaren werden, dass ein zweiter Platz nicht unbedingt eine Niederlage bedeutete. Die positiven Seiten mussten ebenfalls betrachtet werden. Schließlich hatte ich mein Können bewiesen und Judith und Debbie auf die Plätze hinter mir verdrängt.

Damit hatte ich das Ruder gewendet und die Favoritin besiegt. So hatte ich allen bewiesen, dass es doch noch um die einzelne Performance ging und der Sieger nicht schon vorher gekürt werden konnte. Natürlich war das keine schöne Situation für Judith. Wenn man von allen Seiten Zuspruch erntete und die Favoritenrolle zugesprochen bekam, dann fühlte man sich sicher.

Vielleicht schien es dann ziemlich unwahrscheinlich von dort oben wieder nach unten zu fallen. Und doch war genau das eingetreten. All die Versprechungen und Verheißungen hatten ihr schlussendlich nichts genutzt. Es war auch für sie alles umsonst gewesen, da ein anderer den Gipfel erklommen hatte.

Wie ging sie damit um? Wie kam sie mit der Situation klar? Ging es ihr ähnlich wie mir, sodass sie nach dem Finale in ein tiefes Loch fiel, aus dem sie nur schwer wieder zur Oberfläche gelang oder konnte sie gut mit der Niederlage umgehen?

Auch wenn viele sagten, dass sie nur zu The Voice gingen, um auf der Bühne zu stehen und die Musik mit anderen zu teilen, so dachte doch jeder zu einem gewissen Zeitpunkt an den Sieg. Es war menschlich genau das zu tun. Aber diese Wunschvorstellungen zerstörten alles was man sich aufgebaut hatte. Denn sie gingen nur für eine einzige Person in Erfüllung. Alle anderen - die abertausenden anderen - mussten die Niederlage hinnehmen. Mir fiel das sehr schwer, da ich mit dem Einzug ins Finale eine wahnsinnig große Chance auf den Sieg erhalten hatte.

Just give me a reason (The Voice of Germany Fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt