Kapitel 1

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Kapitel 1

Mein damaliger Freund Alex hatte mich schon oft bedrängt. Ich hatte nie genug Freiraum und doch widersprach ich ihm nicht, da ich ihn wirklich liebte. (In diesem Zeitraum dachte ich, ich wüsste was Liebe ist. Doch da hatte ich mich gewaltig getäuscht.) Ich durfte keine männlichen Freunde haben, er wurde schon sauer, wenn mich nur ein männliches Wesen anschaute. Ich weiß, dass klingt absurd und lächerlich, aber genauso war er. Er wurde bei so einem Thema schnell aggressiv, was er sonst nie war. Normalerweise war er ein lieber Mensch, aber wenn es um seine Freundin ging - also mich - dann verstand er keinen Spaß mehr. Er wurde extrem schnell eifersüchtig.

Und irgendwann schaltete sich endlich mein Verstand ein. Ich konnte nicht mehr. Ich war so unglücklich. Wie ein Vogel in seinem Käfig. Er möchte raus und in die weite Welt fliegen, doch er kann nicht, weil der Käfig verschlossen ist. Genauso ging es mir. Nach 3 Jahren Beziehung konnte ich einfach nicht mehr. Ich sah mich im Spiegel an und erkannte mich selbst nicht mehr. Ich war viel zu schwach geworden und er hatte das anscheinend auch bemerkt. Doch er gab einfach nicht auf. Immer wieder versuchte er mich zu erreichen, lauerte vor meiner Haustüre, Schule, bei meinen Freunde auf. Überall wo ich mich nun mal aufhielt. Er wurde ein Stalker und war ein paar Wochen in der Psychatrie. Anscheinend bewirkte dies etwas, denn er gab endlich auf und ließ mich in Ruhe. Unsere Wege trennten sich. Nach der ganzen Geschichte mit Alex war ich kaputt. Seelisch als auch von außen hin. Ich versuchte mich zu erholen und machte auch eine Therapie, diese schloss ich erfolgreich ab.

Und jetzt stehe ich hier und schaue in den schwarz blauen Himmel, der mit Sternen übersät ist. Ich lasse mich geschwächt an einem Ahornbaum nieder, dessen lange und dünnen Äste mit ihren vielen Blättern mir als Schatten dienten.

Wie lange ich wohl hier schon sitze? Es war schon sehr dunkel. Ich sah eine Amsel, die in Richtung Süden flog. Sie war frei. Sie konnte überall hinfliegen, und niemand würde ihr etwas zu leide tun. Nach dem Gefühl von Freiheit sehnte ich mich schon lange.

Zu lange. Ich möchte Leben.

Wer bin ich eigentlich?, dachte ich mir. Bin ich eine von vielen oder bin ich etwas Besonderes? War ich ein Niemand? Oder war ich einfach nur das Mädchen, dass nie richtig auffiel? Ich konnte all diese Fragen nicht beantworten und schob sie deshalb in die hinterste Ecke meines Gehirns. Ich heiße Julia Becker und bin 18 Jahre alt. Ich habe braune Haare und blaue Augen. Ich singe und tanze gerne und mache demnächst mein Abitur. Ich wohne noch bei meiner Mutter in einem kleinen Haus. Sie ist Künstlerin und steht jeden Tag in ihrem Atelier.

Ich wusste, dass ich viel nach dachte. Und ich suchte auch immer zu jeder Frage eine Antwort. Man konnte nicht zu jeder Frage eine Antwort finden. Und doch versuchte ich es immer wieder. Vielleicht ging das wohl vielen so?  Ich zuckte kurz zusammen als ein kalter Windzug kam und stand langsam auf, denn es war Zeit nach Hause zu gehen.

Ich klingelte und meine Mutter machte mir die Tür auf. Als sie mich sah, hatte sie ihren besorgten was-ist-los?-blick drauf. "Hallo mein Schätzchen, wie geht es dir? Soll ich dir ein bisschen Gesellschaft leisten?, fragte sie liebevoll. Sie versuchte schon seit Wochen meine gute Laune wieder hervor zu bringen, doch bis jetzt hatte sie es noch nicht geschafft und dies wollte ich auch gar nicht. ,,Hi Mam. Wenn du willst, gerne. Wir gingen in mein Zimmer und setzten uns auf das Bett. Sekunden vergingen und keiner sagte etwas. ,,Weißt du Mam, ich habe mich immer bedrängt gefühlt. War immer unter Druck, seine perfekte Freundin zu sein. Doch wollte ich das gar nicht. Ich habe für ihn alles getan und hatte immer gehofft, ich würde auch seine Unterstützung bekommen.", ich lachte bitter und fuhr dann fort. Wie man sieht, habe ich sie nicht einmal da bekommen, als das schlimme mit.. mit..", meine Stimme brach. ,,Sch..Schh.. Nicht weinen.", versuchte meine Mutter mich zu trösten. ,,Ich weiß, ich hätte für dich da sein sollen. Und es tut mir so leid. So verdammt leid." Sie sah mich an und wir fingen beide an zu weinen. Ich habe es nur gemacht, weil ich ihn liebte." Meine Mutter schwieg kurz und nahm mich herzlich in den Arm. Sie wischte sich die Tränen weg und schaute mir in die Augen. ,,Julia, wieso hast du mir nichts erzählt? Du hättest es mir sagen können. Du kannst mir alles erzählen. Das weißt du doch." Ich lächelte leicht und sagte: ,,Wirklich alles? Da gab es letztens eine Sache in einem Club, da war ich voll betrunken und tanzte auf der Bar und ein Mann.." ,,Okay Stopp Mäuschen, so genau wollte ich das auch nicht hören. Sonst mache ich mir noch mehr Sorgen, als ohnehin schon!", sagte sie leicht lächelnd. Ich lächelte zurück und flüsterte: ,,Danke Mam. Für alles." Sie lächelte mich an und ihr lief eine Träne herunter. ,,Bedank dich nicht, ich würde Alles für dich tun, mein Kind."

Wir umarmten uns noch einmal, bis wir mehreres, lautes Lachen hörten vor unserer Haustür hörten. Ich wusste schon, wer das sein könnte. Montagabend waren schon immer ihre Yoga-Freundinnen da gewesen und das war auch heute wieder so. Doch als sie keine Anstalten machte, aufzustehen, fragte ich: "Mum? Solltest du nicht mal zu deinen Yoga-Mädels herunter gehen und sie begrüßen?" Sie lächelte und stand langsam auf. "Ja, ich werde jetzt hinunter gehen, magst du nicht auch mal wieder mitmachen?", fragte sie.

Ich überlegte, denn das letzte Mal, als ich bei Ihrem Yoga Kurs mit gemacht hatte, war das eine einzige Katastrophe gewesen! Man muss sagen, dass ich eher ungelenkig bin und deshalb fiel ich mehrere Male auf die gleiche Person, bis sie so dermaßen genervt war, dass meine Mutter zu mir hinüber kam und fragte, ob ich doch lieber für alle ein paar kühle Getränke mixen wolle. Mir war das so peinlich, dass ich es, sooft es nun mal ging, vermied, ihren Freundinnen aus ihrem Kurs über den Weg zu laufen. Ich hatte anscheinend zu lange gebraucht, um ihr eine Antwort zu geben, denn sie sagte nun: "Du musst natürlich nicht Liebes!" Ich erwiderte: "Danke Mum für dein Angebot ist echt voll Nett, aber ich würde jetzt gerne alleine sein." Sie zeigte Verständnis und sagte nur kurz: "Okay alles klar, bis später!", gab mir einen Kuss auf meine Stirn und bevor Sie aus meinem Zimmer ging, sagte sie noch zwinkernd: "Wir reden morgen noch einmal darüber, ich hab schon eine schöne Idee, wie wir dich wieder auf Fordermann bringen!" Ich hörte noch, wie sie leise die Treppe runter ging und die Haustür aufmachte und laute, lachende Frauen herein kamen.

Nach einiger Zeit stand ich auf, zog mich um und machte mich für das Bett fertig. Ich lag noch eine lange Zeit einfach nur da und grübelte, was meine Mutter für eine schöne Idee hatte und schlief dann seelenruhig ein.

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Puh geschafft! Das erste Kapitel ist immer das schrecklichste haha :D Bitte gebt der Geschichte doch eine Chance und klickt nicht gleich wieder weg! :)

Welche Idee hat Julia's Mutter? --> Kommis

 Wenn es euch gefallen hat, lass doch bitte ein kleines Kommentar und vielleicht auch ein Vote da♥ Eure Sonnenblume1

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