Kapitel 14 - Der Trank der Wolken

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Dracos Sicht:

Gespannt sah ich dem brodelnden Zaubertrank zu. Langsam quollen blauweiße Blasen auf, welche sich in die Luft erhoben. Nach ein paar Momenten in der Luft platzten sie willkürlich auf und verteilten ihren Rauch in ihrer Umgebung.

Aus diesem Grund standen Helen Rainwood und ich in sicherer Entfernung von dem Kessel entfernt. Ich ließ meinen Blick durch den Raum wandern, bis er schlussendlich an dem Mädchen neben mir hängen blieb.

Als sie so neben mir stand, wirkte sie äußerst abwesend. Ihre Augen waren unter einem dunklen Schatten eingeschlossen und starrten auf einem Punkt zwischen dem Kessel und einem alten Besen. Dabei huschten ihre Augen immer wieder seltsam hin und her. Anscheinend dachte Helen gerade über etwas angestrengt nach.
Ein paar Ecken weiter entfernt lag das Verschwinde-Kabinett, wurde mir schlagartig bewusst. Zu diesem Thema war ich gespalten. Einerseits erfüllte es mich mit Stolz, dass ich eine so wichtige Aufgabe zu tragen hatte. Andererseits konnte es das Richtige sein und würde der dunkle Lord seine Drohungen wahr machen, wenn ich versagte?
"Vorher hast du aber gestarrt und nicht ich...", sagte Helen plötzlich und sah mich schief grinsend an.
Ich hasste solche Feststellungen, aber ich sprach sie ja leider auch die ganze Zeit aus.
Ich überging ihre Aussage und fragte: "Können wir die Wirkung des Trankes endlich testen?"

Etwas verunsichert musterte mich dieses Mädchen und zuckte anschließend mit den Schultern. Die Anspannung in der Luft war beinahe zum Greifen nahe. Ich musste zugeben, dass ich nicht genau wusste, ob ich wirklich erfahren wollte, was der Trank versprach. Nach Slughorn war er ein Heilungstrank für fast alles.
Jedenfalls hatte er uns aufgetragen erstmal den Trank zu kosten ohne Verletzungen oder sonstiges, um danach mit einer Verletzung die Wirkung ernsthaft beschreiben zu können. Fragend blickte ich Helen noch einmal an.

"Ich denke schon, dass er nun endlich fertig ist, aber... Diese Visionen oder Erinnerungen... Was soll das alles sein? Sogar nach ein paar Tagen nachdem ich nur den Rauch eingeatmet hatte, folgten noch weitere Bilder, vielleicht...", murmelte sie.
Herablassend lachte ich und entgegnete bissig: "Ernsthaft, du möchtest es nicht mehr trinken? Hast du keine Fragen?"

Verzweiflung spiegelte sich auf ihrem Gesicht wieder. Sie hatte Angst. Langsam sprach sie dies auch aus: "Ich habe Angst die falschen Antworten zu erhalten. Es fühlt sich nicht richtig an!"

Irgendwie musste ich sie überzeugen es wenigstens zu versuchen. Es war das Richtige und ich hatte keinen Zweifel daran, aber das Ungewisse stellte die Menschen immer vor ein Fragezeichen.
Was könnte passieren?
Wir würden uns damit nicht vergiften und diese Visionen, welche ich natürlich auch hatte, waren schrecklich, aber ich wollte wissen, was dahinter steckte. Ich wagte einen Schritt näher auf sie zu zugehen.

"Helen Rainwood, du brauchst dich nicht zu fürchten.", versuchte ich es und benutzte absichtlich ihren vollen Namen.
"Wie kannst du so etwas sagen? Ich will dieses Gefühl nicht noch weiter verstärken, ich...", stockte sie und starrte mich eindringlich und traurig an.

Sie sprach von einem Gefühl. Hatte es sich dadurch verstärkt? Hatte es bereits die ganze Zeit damit etwas zu tun gehabt? Ich nahm wahr, wie Helen ein wenig zitterte. Sie zitterte oft.
"Du sprichst davon, dass es dieses Jahr anders ist, nicht wahr? Die Visionen, die Gefühle dabei-"
Mitten im Satz nickte sie.

Ohne es zu wollen schlich sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht. Wir teilten dieselben Gefühle. In diesem Moment schien ein gleisender Sonnenstrahl durch meinen Tunnel aus purer Dunkelheit.
Schließlich wanderte mein Kopf immer näher in ihre Richtung.
"Wenn das so ist, wie ich denke, wie es ist, dann musst du nur etwas sagen.", murmelte ich mit rauer Stimme.
"Ach, du denkst zu wissen?", verzog sie spöttisch ihre Mundwinkel, nur ihre Augen zeigten Verunsicherung.
"Gut, lass mich richtig stellen. Ich weiß es.", verbesserte ich mich.
"Was soll das?", warnend funkelten ihre Augen nun.
"Du musst nur etwas sagen.", hauchte ich.
"Seit wann fackelst du lange herum?", behielt sie ihren ironischen Tonfall, der ihren Gefühlszustand nur überschatten sollte.
"Ich deute dies als Ja.", gab ich bloß zurück.

Mit weit aufgerissenen Augen beobachtete mich Helen, bis sie mein Vorhaben erkannte und unsere Lippen aufeinander trafen.
Es riss mich vollkommen aus der Bahn, dass sich ihre Lippen auf meinen so natürlich anfühlten, als würden sie perfekt zusammen passen.
Nach diesem kurzen, aber eindeutigen Kuss holte ich zwei Becher und im nächsten Augenblick standen wir beide vor dem Kessel. Helen hatte aufgehört zu zittern, aber sah mich etwas aufgewühlt an.

"Noch nie jemanden geküsst, Rainwood?", lachte ich munterer und konnte es mir nicht verkneifen ihren Nachnamen zu benutzen. "Strenggenommen sogar dich auf der Party.", erwiderte sie grinsend.
Ich hob geschlagen gebend meine Hände mit den Bechern nach oben. Als ich ihr einen der Gefäße reichte, überrollte mich eine gewisse Skepsis.
Wir mussten den Trank trinken und nicht nur wegen uns, sondern auch wegen unserer Note darauf. Doch ich wusste, dass es feige war mich auf diese so wichtige Note zu berufen. Die Note war schlussendlich egal.

"Glaubst du Slughorn hat uns diesen Trank absichtlich gegeben?", fragte ich Helen misstrauisch.
Sie sah überrascht aus, aber dennoch sagte sie: "Ich weiß nicht, was ich glauben soll und vielleicht geht es dir auch so, aber du hast recht, dass wir diesen Trank trinken müssen, nur um auch diese Visionen zu verstehen."
"Deine Worte klingen wie Musik in meinen Ohren, dass du einmal zugibst, dass ich recht habe.", entgegnete ich schadenfroh.

Etwas sauer warf Helen mir einen eindeutigen Blick zu, dass es für Scherze nicht der richtige Moment war.
Barsch fragte sie: "Hast du darüber nachgedacht, dass die anderen auch Visionen oder so haben könnten?"
Entschieden schüttelte ich den Kopf. Fragend blickte Helen mich an.
"Ich habe Blaise etwas davon untergejubelt und nichts."

"Du hast was getan??! Es hätte gefährlich sein können, du Idiot!", fuhr sie mich wütend an. Belanglos zuckte ich mit den Schultern und widmete meine Aufmerksamkeit der Flüssigkeit in meiner Hand.

Dieser Vorhang der Zweifel und der Unwissenheit würde endlich gelüftet werden.

"Wir haben es beinahe geschafft.", murmelte Helen auf einmal. Skeptisch musterte sie den Becher.
Lächelnd meinte ich: "Wir können alles schaffen."

Helen hob ihren Kopf und blickte mich entschlossen an. Ich nickte kurz und synchron hoben wir die Becher und schluckten die Flüssigkeit.
Im nächsten Moment fühlte ich mich schwerelos, um nur danach wieder auf den Boden der Realität und der Tatsachen aufzuwachen. Schweratmend und mit einem schmerzenden Kopf sah ich diesem Mädchen in die dunkelgrünen Augen.
Perplex musterte ich sie. Wir hatten so viel durchgemacht und so viele Opfer aufgebracht, um sich erst wieder zu erinnern.

An alles zu erinnern. An alles.
An das Beste, was mir in meinem Leben passiert war und gleichzeitig an das Schlechteste. Ich liebe sie. Meine Gedanken rasten und dabei kristallisierte sich dieser eine heraus. Ich liebe sie...

Doch Helen Rainwood entfernte sich von mir weg. Schritt für Schritt führte sie ihr Körper weg von mir. Tränen liefen ihr über das Gesicht. Ein kurzes, beinahe glückseliges Lächeln erhaschte ich, bis es von einem verzweifeltem Gesichtsausdruck abgelöst wurde.

"Helen, warte!! Verdammt, bleib stehen und lass uns darüber reden!", rief ich ihr hinterher.

Doch sie stolperte aus dem Raum der Wünsche hinaus. Ohne ein einziges Wort.
Ich verstand sie. Es war zu viel für eine Person alleine. Sie war nicht alleine, nur ich war es.

Von einer plötzlichen Wut ergriffen, ging ich zum Verschwinde-Kabinett. Frustriert hämmerte ich mit meinen Fäusten gegen den Schrank und schrie.

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Die Fehde zweier Seelen - Draco Malfoy Lovestory Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt