Dracos Sicht:
Es war bereits wieder fast eine knappe Woche vergangen. Eine weitere, wertvolle Woche, die ich nicht für mich zu entscheiden vermocht hatte.
Katie Bell wurde wirklich ins St. Mungos Krankenhaus gebracht und mich zerfraßen die unbändigen Gewissensbisse an die Vorstellung, dass sie beinahe gestorben wäre.
Dieses Mädchen hatte niemals zu Schaden kommen dürfen und trotzdem war es schief gelaufen. Kollateralschäden geschehen nun einmal! Meine Versuche mich durch diese Ausreden zu beruhigen, klappten meistens.Durch die gleiche Weise und Art versuchte ich es heute am Frühstückstisch mein Gewissen klein zu halten. Doch die Seitenhiebe kamen nicht von meinem Gewissen über Katie Bell, sondern von Helen Rainwood.
Ihren Zettel hatte ich ignoriert. So wie ich sie seit dem Streit bei den Toiletten ignorierte.
Dazwischen hatte sie zwar in meinem Bett geschlafen, aber sie war nicht bei Bewusstsein gewesen, also war dieser Form von Nähe unbedeutend gewesen. Ich wusste nicht genau, wieso ich den Schmerz und die Leere, die mich umgab, wenn sie nicht in meiner Nähe war, bevorzugte.
Vielleicht hatte ich Angst.
Die simple Angst, dass sich Helen weiter von mir entfernte, wenn ich noch etwas Falsches sagen würde. Darum schwieg ich und mied sie. Bald würde ich mir etwas ausdenken. Bald. Ich würde diese Vorurteile, die Geheimnisse und das Ungesagte versuchen aus dem Weg zu räumen.
Nur hatte ich wieder Angst. Angst, dass Falsche zu sagen oder zu tun."Weißt du, dass dich Luft nicht alleine am Leben erhält? Der menschliche Körper braucht ebenfalls Nahrung und diese nur anzustarren, führt sie nicht in deinen Magen ... oder verfolgst du das Ziel durch Nahrungsverweigerung zu sterben?", zog mich Blaise neben mir auf. Er grinste breit, aber der ernste Unterton entging mir nicht.
"Nein, ich bevorzuge es vom Astronomieturm zu springen.", erwiderte ich müde.
Die Augen meines besten Freundes verrenkten sich und sein Mund stand weit offen.
"Ein Scherz, du Knallkopf! Und dein Frühstück springt dir auch nicht in den Mund, nur weil du ihn offen hast.", bemerkte ich und verzog mein Gesicht zu einer Grimasse, die einem Lächeln gleichkommen sollte.
"Endlich eine Antwort, die dem alten Draco gleicht, den ich kannte.", erwiderte Blaise freudig und klopfte mir auf die Schulter.Unseren kleineren Disput nahm er mir nicht mehr übel, zum Glück.
Dann wechselte er offen das Thema: "Hey, hast du die Hausaufgaben für McGonagall?"Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte Wichtigeres zu tun, als schlicht mir Gedanken und Sorgen um eine Hausaufgabe zu machen.
Ich antwortete: "Nein, und die Alte hat mich jetzt schon zwei Mal nachsitzen lassen, nur weil ich keinen Wert mehr darin sehe ihre sinnlosen Aufgaben zu erledigen. Aber wir sollten diese versuchen abzuschreiben."Der Freitag neigte sich dem Ende zu. Die letzte Doppelstunde quälten uns McGonagall und die Gryffindors. Die Aufgaben in Verwandlung hatte ich mit Hilfe von den Unterlagen Pansys hinbekommen.
Ein Annehmbar sollte ich erhalten. Ich saß neben Blaise, der gerade seine Hand in etwas Knorriges, Baumähnliches verwandelte. Er war ausgesprochen begabt in diesem Fach. Seit diesem Jahr nahmen wir uns auch Verwandlungen vor, die uns selbst ein wenig betrafen. Seine Hand ähnelte gerade wirklich einem Ast mit fünf Zweigen. Dagegen wirkte meine Hand normal. Nur der Ringfinger ähnelte einem Zweig. Interessiert blickte ich mich im Klassenzimmer um, wie die anderen es wohl hingebracht hatten. Pansys wirkte nur etwas grünlich, Granger hatte es so perfekt wie Blaise hinbekommen, Potters und Weasleys Finger sahen nur seltsam verkohlt aus und Helens...
Helen zählte zu den Glücklichen, die es perfekt gemeistert hatten.Ich konnte nichts dagegen unternehmen, mein Blick blieb an ihr hängen.
Sie bewunderte gerade stolz ihre Baumhand und lachte, als Granger ihr etwas zu murmelte. Dann drehte sich ihr Kopf plötzlich in meine Richtung. Ihre wunderschönen, dunkelgrünen Augen bohrten sich in mein Gesicht.
Ich schluckte. Ignorieren, Draco.
Aber ich wollte diesen stillen Kampf nicht verlieren und hielt dem Blickkontakt stand. Herausfordernd hob ich meine Augenbrauen. Im nächsten Moment stand Helen von ihrem Platz auf und schritt zu mir.
Ein paar Schimpfwörter glitten mir durch den Kopf, da ich mir nicht vorstellen konnte, was ihr nächster Zug sein würde.Wieso gab sie nicht auf? Sie sollte mich in Ruhe lassen. Ich hatte sie versetzt und ignorierte sie durchgehend.
Okay, beinahe durchgehend. Helen war einfach nur zu stur.Selbstbewusst quetschte sie sich auf die Sitzbank zu mir. McGonagall wurde auf sie aufmerksam und kam ebenfalls zu uns. Mein skeptischer Blick sowie der Blick von McGonagall lagen nun auf Helen.
"Miss Rainwood, was tun Sie?", fragte sie sie scharf.
Helen setzte ein Lächeln auf und erwiderte charmant: "Professor, ich habe bemerkt, dass Draco es noch nicht richtig geschafft hat, aber nahe dran ist. Ich dachte, dass er Hilfe vertragen könnte."
Helen wandte sich demonstrativ an mich und sah mich vielsagend an. Diese Wortwahl hätte man ebenfalls auf andere Dinge beziehen können.
"Ich brauche keine Hilfe!", zischte ich.
Bevor Helen antworten konnte, sagte McGonagall: "Eine gute Idee, Miss Rainwood!" Dann wandte sie sich an die ganze Klasse: "Jeder sucht sich einen neuen Tischnachbar, um die Verwandlung des anderen noch korrigieren zu können, los, los!"Triumphierend grinste Helen und weniger gut gelaunt fuhr sie mich dann an: "Du solltest ernsthaft versuchen dir einen alten, knorrigen Baum vorzustellen und dieses Bild in deinen Geist fließen zu lassen. Draco, du bist ein Animagus! Konzentriere dich ein wenig!"
Ich knurrte als Antwort und schloss meine Augen. Ich versuchte es wirklich und flüsterte die Zauberworte und fuchtelte ein wenig mit meinem Zauberstab herum.
Im nächsten Moment spürte ich wie mir Helen über die Hand strich. Ich öffnete meine Augen. Meine Finger und meine ganze Hand glich einem Baum. Stolz lächelte ich."Geht doch...", murmelte Helen: "Du brauchst doch Hilfe!"
Meine Miene wurde schlagartig zu einem Eisblock.
"Ich brauche keine Hilfe, ich brauche besonders deine nicht, hör auf Fragen zu stellen, hör einfach auf. Du machst es nur noch komplizierter!", herrschte ich sie an.
Meine abstoßende Wortwahl und Haltung ihr gegenüber schien sie nicht mehr aus der Verfassung zu bringen.
Schade.Sie stand wieder auf, aber bevor sie mich wieder verließ, beugte sie sich noch einmal zu mir und sagte eindringlich: "Ich weiß etwas, wovon du denkst, dass es sonst niemand weiß! Aber ich weiß es, Draco. Ich weiß es! Und es geht nicht nur darum, dass du das Mal hast!"
Entsetzt starrte ich in ihr Gesicht. Sie handelte wie eine Schlange. Drohungen, dieses Spiel und falsches Gegrinse gehörten keiner wahren Löwin.
In den Jahren hatte sie sich ebenfalls eine Maske angeeignet und diese bekam ich gerade hautnah mit. Nicht nur ich pflegte es, dass mich wenige Menschen durchschauen konnten, aber seit wann hatte sie dies nötig?"Du möchtest mir ehrlich drohen?", fragte ich angespannt.
"Draco, ich möchte nicht, aber ich tue es hiermit. Du lässt mir nicht die Wahl, wenn du vorhast dich selbst in den Abgrund zu stürzen und ich lasse dich nicht alleine fallen!", erwiderte sie entschlossen und dann ertönte der Gong, der den heutigen Unterricht beendete.
Entsetzen nahm mich ein, doch irgendwie war ich stolz. Stolz auf Helen.Wie gefällt euch dieses Kapitel?
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Die Fehde zweier Seelen - Draco Malfoy Lovestory
Fanfiction(Fortsetzung von Die Fehde Zweier Herzen...) Zwei Jahre sind vergangen seit der arrogante Slytherin Helen Rainwood ihr Tagebuch im Zug gestohlen hat. Zwei lange Jahre voller Schmerzen, Angst und ungewisser Liebe... Helen Rainwood und Draco Malfoy h...