18. Kapitel

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P.O.V Manu

"Hast du ihn angerufen?", fragte ich Maudado aufgeregt, gleich nachdem er in das Zimmer gekommen war.

"Ja, und er sagt, dass er deine Freunde aufnehmen kann, mein kleines Kätzchen", antwortete er mir und lächelte ermutigend, "wir schaffen das schon."

Ich grinste zurück und fiel ihm dann um den Hals. Zuerst war er wie erstarrt - scheinbar hatte ich ihn überrascht - doch dann schien er sich bewusst zu werden, was ich da tat, erwiederte die Umarmung und vergrub dabei sein Gesicht an meinem Hals.
"Ähm, aber du bist doch noch satt, oder? Ich mein nur, weil du gerade gefährlich nah an meinem Hals bist..."

Er lachte nur dunkel auf und flüsterte dann sanft in mein Ohr:
"Ich würde dich niemals beißen ohne vorher zu fragen."

Ich erschauderte leicht bei dem Gedanken, wie es wäre, wenn er mein Blut trinken würde.

"Was ist?", fragte er, "hast du Angst vor mir? Das brauchst du nicht, ich könnte dir niemals etwas tun, Süßer!"

"Nein, nein, ich habe keine Angst, ich vertraue dir voll und ganz, wenn du sagst, dass du mir nichts tust. Ich finde die Vorstellung, dass du mein Blut trinkst nur ehrlich gesagt ziemlich... Naja, sonderbar."

Er löste sich ein Stückchen von mir, damit er mir in die Augen sehen konnte.
"Ich danke dir. Bisher hat mir noch nie jemand so vertraut wie du. Ich - ich werde jetzt etwas sehr Unüberlegtes tun und du darfst mich auch gleich gern dafür schlagen, aber-"

Er verstummte, kam mir immer näher und schloss dann die Augen.
'Will er mich wieder küssen?'
'Was soll ich tun?'
'Will ich das überhaupt?'
'Mag ich ihn in dieser Weise?'
Und andere Gedanken gingen mir durch den Kopf, aber als sich unsere Lippen berührten, verstummen die Fragen und es stand für mich fest: es ist überhaupt nicht so wie in Büchern. Ich hatte weder Schmetterlinge im Bauch, noch fühlte ich mich anders als zuvor.
Da ich bis jetzt noch keine Reaktion gezeigt hatte, da ich zu überrascht davon war, dass er mich offensichtlich liebte, löste er sich schnell wieder von mir und schaute mich unendlich traurig an.

"Ich hätte das nicht tun sollen, es tut mir leid."

Er wandte sich etwas ab, aber ich konnte trotzdem Tränen in seinen Augen glitzern sehen. Ich legte ihm zwei Finger unters Kinn und zwang ihn, sich wieder zu mir umzudrehen und mich anzusehen.
Ich sah ihm tief in die Augen und in diesem Moment war meine Entscheidung gefallen. Wenn ich schon so ein verkorkstes Scheißleben haben musste, würde ich wenigstens ihn glücklich machen, das schwör ich mir. Er hatte es verdient.

Auch wenn ich deswegen unglücklich sein sollte. Ich drückte meine Lippen sanft auf die seinen. Erfreut stellte ich fest, dass er den Köder schluckte und meinen Kuss liebevoll erwiederte und leise seufzte. Irgendwann lösten wir uns wieder voneinander und er vergrub wieder seinen Kopf an meinem Hals. Er flüsterte in mein Haar:
"Ich glaube, ich liebe dich, Manu."

Ich war sprachlos. Ich meine, man bekam schließlich nicht jeden Tag eine Liebeserklärung von einem Vampir. Aber als er zu mir hochblickte, erinnerte ich mich an meinen Schwur und erwiederte:
"Ich dich auch, Dado."

Ich war so froh, dass er mich aus dieser Anstalt befreit hatte, denn sonst hätte ich ein trauriges, vermutlich sehr kurzes Leben geführt, das von Gewalt geprägt worden wäre.
Und jetzt bin ich hier - bin glücklicher als ich jemals zuvor war. Allein deshalb musste ich ihn glücklich machen. Wie habe ich dieses Leben hier nur verdient? Ich verstehe es nicht, hoffe aber, dass es für immer so bleibt. Letzteres muss ich laut gesagt haben, denn Maudado sagte:
"Ich wünsche mir auch, dass es für immer so bleibt."

Denn vielleicht - nur vielleicht - hegte ich ja nicht nur freundschaftliche Gefühle für ihn.

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