⏳XVII - Damien⏳

34 6 4
                                    

Damien lehnte mit leerem Blick in seinem Bürostuhl. Aus seiner rechten Hand flog ein kleiner Stoffball mit Glaskern auf die Tischplatte, prallte in einem steilen Winkel wieder ab, berührte die Glaswand und landete wieder zwischen seinen Fingern. Klack Klack- Pause. Klack Klack- Pause. Klack Klack- Pause.
Das gedämpfte Rattern der Drucker vermischte sich mit dem aufgebrachten Atem Stephen Launchs, der irgendwo im Hintergrund mit der Kaffeemaschine rang.
Levia.
Was genau war passiert?
Der Zettel lag auf dem Tisch, das Weiß stach in seinen Augen. Kein normaler Mensch hielt heutzutage Notizen noch auf Papier fest, aber von Zeit zu Zeit zwang Lev sich trotzdem dazu. Er hatte sie einmal nach dem Grund gefragt, aber das war Ewigkeiten her.

Seine Kenntnisse über das Programmieren überstiegen die Basis, er hatte die Technikkurse auf der Akademie immer belegt. Die Buchstaben- und Zahlenfolge auf dem Blatt war eine Art Bauplan... vor einiger Zeit einmal hatte jemand einen solchen Befehl dazu genutzt, sich von einigen Scurios zu befreien. Und seinem Schwiegervater mit dem Herzschrittmacher.
Damien atmete tief durch.
Lev war nicht der Typ Mensch, der sich damit irgendwelcher Menschen entledigen würde. Und wenn sie eine selbstnützige arrogante Egoistin war... das nicht.
Die Wut kochte noch immer in ihm hoch, wenn er sich an ihren Gesichtsausdruck damals erinnerte... sie hatte sich noch nicht einmal die Mühe gegeben, so zu tun, als täte ihr irgendetwas leid. Harte Augen, der scharfe Zug in die Mundwinkel, der immer dann auftrat, wenn sie eine Entscheidung getroffen hatte, ihre Hände, die leicht gezittert hatten. Er hasste sie dafür... hasste sie so sehr.

Dennoch schaffte er es nicht, die Sorgen aus seinem Kopf zu vertreiben... das Bild von ihr in diesen fremden Sachen, wie sie sich im Regen an die Hauswand presste.
Er hatte die Tabletten sofort genommen, nachdem sie aufgelegt hatte, und war schlagartig ausgenüchtert gewesen. Jedes Mal wieder trafen ihn die Stoffe mit einem ungehemmten Schock, doch zumindest war er wieder zurechnungsfähig. Was ihm jetzt nicht mehr allzu viel nutzte.

Stephen trat vor den Schreibtisch, in einer zitternden Hand das Magazin. "Das ist g-gut geworden, Damien."
"Gute Bilder", gab er mechanisch zurück und zog leicht den einen Mundwinkel hoch. Bei Stephen reichten kleine Gesten, um ihn zu einem anderen Menschen zu machen, und das mochte Damien an ihm. Er kostete ihn kaum Mühe und arbeitete um Welten besser, als er sprach. Alles Eigenschaften, die er an Menschen schätzte.
Tatsächlich richtete er sich ein wenig auf. Unverhohlene Freude blitzte aus seinen Augen. "Danke."
Und er fiel einem nicht in den Rücken, wenn man etwas ihm zuliebe tat, was man von einer gewissen falschen Rothaarigen nicht behaupten konnte.

Verdammt, er hatte solche Angst.
Damien erhob sich ungelenk und krempelte den rechten Hemdsärmel wieder bis zu seinem Ellenbogen hoch. Wenn jemand Bescheid wusste, wo sie war, dann Aidan Horlan. Er hatte sie mit ihm bei Anastasia Agnikow gesehen, zusammen mit Somnus DeClaire.
Ein winziger Stich Verärgerung durchfuhr ihn bei dem Gedanken. Nur dem dummen Ding zwischen ihren Beinen hatte sie es zu verdanken, an seiner Stelle dort gestanden zu haben... und sie hatte ihre Chance verspielt. Er hatte sie weggehen sehen. Ohne Agnikow. Ohne DeClaire. Dieser Moment hätte ihm gehören müssen. Ihm.
Er hätte es besser gemacht.

Der Ball sprang zu flach ab und rollte nutzlos über den Boden. Stephen verfolgte seine Bewegungen mit angsterfüllten Augen, während Damien entschlossen auf die Tür zuhielt. Er brauchte eine bessere Software und zwei kleine Programme, und falls sie sich ein wenig dumm angestellt hatte, würde er sie finden.
Du weißt, dass sie das nicht hat.
Er wusste es. Zu gut. Einen Befehl in dieser Größenordnung hatte sie bereits in der dritten Woche an der Akademie geschafft, einen halben Tag vor ihm.
Inzwischen war er um einiges besser als sie, aber zu beten, dass sie dieses Grundwissen vergessen hatte, wäre hoffnungslos gewesen.

Vor ihm flog die Tür auf. Geistesgegenwärtig machte Damien einen Schritt zurück, um nicht direkt in den Neuankömmling hineinzulaufen, und murmelte einen unterdrückten Fluch.
"Damien? Dem Himmel sei Dank!" Isaac Eddington atmete geräuschvoll auf und tupfte sich ein paar Schweißperlen von der Stirn. Der Manager war vollkommen aufgelöst, wie Damien auf den ersten Blick erkannte. Seine Finger zitterten, der auberginenfarbene Anzug mit den glimmenden, winzigen Lämpchen war verrutscht und rote, unförmige Flecken schimmerten durch sein Make-up.
Damien runzelte unwillig die Stirn. Geh aus dem Weg, alter Mann. Aber er sprach es nicht aus, deutete auf seinen Stuhl und mühte sich um eine beruhigende Stimme. "Alles gut, Isaac. Ich habe den Job gewissenhaft erledigt, die erste Auflage ist durch."

MorpheusWo Geschichten leben. Entdecke jetzt