13.Kapitel

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Seit diesem Gespräch mit ihrer Cousine hegte Miss Sophie den Wunsch, Mr Kingsley in ihrem Leben nie wieder begegnen zu müssen. Doch wie so viele Träume junger Mädchen, ging dieser nicht in Erfüllung. Dies lag daran, dass der Gesellschaftliche Kreis, in dem die junge Dame sich begewegte, nur auf einige wenige Nachbarn beschränkt war, weshalb sie sich zwangsläufig wieder begegnen mussten.

Besonders unglücklich war Sophie über das Versprechen, das Sophie ihm in ihrer Unbedachtheit gegeben hatte. Nun da seine Mutter endlich ihren lang ersehnten Besuch angetreten hatte, war es an der Zeit ihre Worte in die Tat umzustezten. Jedes Mal, wenn Sophie Mr Kingsley begegnete, erinnerte er sie erneut daran.

Aber nicht nur Mr Kingsley verstand sich darauf, Sophies Innerstes in Aufruhr zu versetzen, denn auch Mr Wragsdale gelang es immer wieder die junge Dame an den Abgrund der Verzweiflung zu treiben, wenn auch aus gänzlich anderen Gründen. Seine Aufmerksamkeiten waren ihr unangenehm und sie hätte sich am liebsten in Luft aufgelöst, sobald er das Wort an sie richtete.

Für Mr Kingsley hegte Sophie ganz andere Gefühle. An ihn dachte sie nicht mit Verachtung oder gar Abscheu im Herzen. Nein, in den Vergangenen Wochen hatte sie ihn als einen sehr klugen, ehrenwerten Mann kennengelernt, der aber gelegentlich unkonventionelle Ideen hatte. Doch diese Ideen empfand Sophie nicht als ungerechtfertigt, denn sämtliche dieser Ideen richteten sich gegen Aspekte und die Wertvorstellungen der damaligen Gesellschaft, die nicht nur längst veraltet, sondern an vielen Stellen auch ungerecht waren...

Sophie hatte Mr Kingsley schätzen gelernt, wie sie noch nie für einen anderen Mann gefühlt hatte. Jede Erinnerung, die sie mit ihm teilte war ihr so wichtig, dass sie alle anderen dafür eingetauscht hätte. Und immer wieder ertappte sie sich dabei, wie ihre Gedanken zu diesem Mann wanderten.

***

Auch wenn Sophie sich alle Mühe gab, den geplanten Spaziergang so lange wie möglich hinaus zu schieben, musste sie irgendwann doch einwilligen, um nicht unhöflich zu wirken. Und so kam es, dass Sophie eines schönen, spätsommerlichen Tages gemeinsam mit den beiden Kingsleys zu einem Spaziergang, durch die Wälder, aufbrach. Das Wetter hätte für diese Jahreszeit kaum schöner sein können. Die Sonne schien noch angenehm warm, aber keineswegs zu heiß und eine kühle Briese wehte zwischen den Bäumen.

"Miss Badford, es ist schön, dass sie uns heute begleiten. Ich hätte es sehr bedauert, wenn meine Gesellschaft ausschließlich aus Charles bestanden hätte" bekundete Mrs Kingsley und warf ihrem Sohn einen kurzen Blick zu.

Sophie, die es gewohnt war während ihrer Spaziergänge allein zu sein, fühlte sich in der Gesellschaft dieser sehr geschwätzigen Dame äußerst unwohl. Es war nicht so, dass es ihr etwas ausgemacht hätte, sich ein wenig zu unterhalten, doch nach einiger Zeit waren ihr die unverfänglichen Themen ausgegangen und sie wagte es nicht vor der scharfäugigen Mutter mit Mr Kingsley über ernsthafte Dinge zu diskutieren.

Stattdessen schlenderte Sophie schweigend hinter den Beiden her und schützte vor, die Natur ausgiebig zu bewundern.

***

Lady Kingsley beobachtete immer wieder die hübsche junge Dame, welche mal vor oder hinter ihnen einher schritt. Die goldenen Locken der jungen Frau schimmerten im Sonnenlicht und ihre junge, reine Haut strahlte wie der Mond. Nicht nur ihre Gesichtszüge waren von außerordentlicher Schönheit geprägt, sondern auch ihre gesammte Erscheinung. Ihre Figur war sehr ansprechend, weder zu schmal, noch zu rund. Wenn sie ging, bewegte sie sich so grazil, dass sie förmlich über den Erdboden zu schweben schien. Aber nicht nur ihr äußeres sprach für sie, ihre Umgangsformen waren vollkommen und auch ihre Intelligenz ließ nicht zu wünschen übrig. Bewundernd, fast schon neidisch betrachtete die in die Jahre gekommene Lady das junge Mädchen, auf das ihr Sohn offensichtlich ein Auge geworfen hatte.

Miss SophieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt