Jetzt waren Bruder John Paul Mary und Shaina also allein in der großen hellen Küche, die wie der Rest der Wohnung weihnachtlich dekoriert war. Irgendwie lag eine seltsame Spannung im Raum, die Shaina nicht erklären konnte und zum ersten Mal traute sie sich nicht, Bruder John Paul Mary wirklich anzusehen. Sie war beinahe froh, dass er ein paar Meter von ihr entfernt stand.
„Alles okay?", erkundigte sich Bruder John Paul Mary in die langsam unangenehm werdende Stille hinein bei Shaina. „Du siehst nachdenklich aus."
„Ja. Alles okay", versicherte Shaina und seufzte. „Es ist nur... ungewohnt. Alle sind so nett."
Bruder John Paul Mary lächelte. „Das hast du verdient. Und du bist auch nett."
Shaina sah vorsichtig auf. Was sollte das jetzt bedeuten? Und was passierte hier gerade? Der Blick, den Bruder John Paul Mary ihr gerade mit seinen tiefblauen Augen zuwarf, verursachte ein angenehmes Kribbeln in ihrem Bauch. Die Luft schien plötzlich irgendwie elektrisch aufgeladen zu sein und Shaina spürte ein angenehmes Prickeln auf ihrem Körper, das bis zu ihrer Kopfhaut reichte. Das Gefühl war wunderschön, aber auch beängstigend. So etwas hatte sie noch nie bei einem Mann empfunden. Was war bloß los mit ihr? Plötzlich konnte sie kaum den Blick von Bruder John Paul Mary abwenden – als hätte er sie hypnotisiert.
Bruder John Paul Mary ging es ähnlich. Auch er spürte die seltsame Spannung im Raum, jetzt wo er mit Shaina allein war. Er hatte so etwas Ähnliches schon im Krankenhaus gespürt, wenn Shaina gelacht oder ihn auf eine unnachahmliche Art angesehen hatte. Sie hatte ihn verzaubert und gleichzeitig so unschuldig ausgesehen – genau wie jetzt. Ihre Wangen waren leicht gerötet und ihr Blick drückte deutlich ihre Unsicherheit aus. Ob sie wusste, wie bezaubernd sie in diesen Momenten aussah?
Vermutlich nicht. Sie schien diesen Blick nicht bewusst einzusetzen. Im Krankenhaus hatte Bruder John Paul Mary diese seltsame Anziehung gut ignorieren können. Sie waren immerhin nie wirklich allein gewesen. Aber jetzt musste er sich dem stellen und musste an Patricias Warnung denken. Er wusste, was dieses Prickeln zwischen ihnen bedeuten konnte.
Aber war es wirklich das, was Patricia angedeutet hatte? Ganz sicher nicht. Er mochte Shaina einfach – und hässlich war sie auch nicht. Aber zu jung. Viel zu jung. Trotzdem verspürte Bruder John Paul Mary plötzlich den Wunsch, Shaina einfach in die Arme zu nehmen. Er wollte sie nicht küssen oder auf andere Art berühren – nur ihre Wärme spüren. Und ihr Schutz geben. Der Tag heute war sicher ziemlich aufreibend für sie gewesen. So viel Neues, was auf sie einströmte. Die neue Umgebung. Die fremden Menschen. Sie wirkte so verletzlich.
Bevor er wirklich darüber nachdenken konnte, trat Bruder John Paul Mary auf Shaina zu und zog sie einfach in seine Arme. Er mochte ihren Duft und wenn ihr seidiges Haar leicht seine Haut kitzelte. Und es war nicht verboten, eine Frau in den Arm zu nehmen. Vollkommen harmlos.
„Ich hab es dir versprochen", sagte Bruder John Paul Mary leise zu Shaina. „Ich passe auf dich auf. Niemand tut dir mehr etwas."
Shaina nickte. „Ja", flüsterte sie. „Und ich hab dir geglaubt."
Es war seltsam, Bruder John Paul Mary in diesem Augenblick so nahe zu sein – aber auch unglaublich schön. Er hatte Shaina zwar schon öfter umarmt, aber dieses Mal war es irgendwie anders. Intimer.
Zögernd erwiderte Shaina die Umarmung und lehnte ihren Kopf vertrauensvoll an Bruder John Paul Marys Brust. Es war schön, seine schützenden Arme um sich zu spüren. Wie ein Schutzwall gegen alles Schlechte der Welt. Shaina schloss die Augen und sog Bruder John Paul Marys Duft ein. Er roch nach Wolle und After Shave – ein sehr dezenter Geruch, der Shaina gut gefiel. Überhaupt roch Bruder John Paul Mary unnachahmlich gut – nach Wärme und Vertrauen. Minutenlang standen die beiden einfach nur so da.
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A new beginning (All I want is you)
FanfictionEine junge verzweifelte Frau und ein junger Mönch. Eine zarte Liebe. Haben sie eine Zukunft? Wie groß sind die Schatten der Vergangenheit?