Stille Nacht

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Wenig später standen die beiden Frauen auch schon vor Paddys Garderobentür, die schräg gegenüber lag. Shaina hatte noch nicht einmal wirklich Zeit gehabt, ihre Gedanken zu ordnen.

Vor der Tür sah Patricia noch einmal Shaina an. „Bereit?"

Shaina nickte stumm. Ihre Stimme war ihr gerade irgendwie abhanden gekommen und die Nervosität war mit aller Macht zurück. Ihr Herz hämmerte wild und ihr war wieder speiübel. Irgendwo im Hintergrund hörte Shaina beiläufig Kathy schimpfen, die von Patricias Aktion offenbar nicht wirklich begeistert war. Aber sie war wie gebannt von Patricia, die jetzt ihre Hand zur Faust ballte und den Arm hob. Ihre Knie wurden ganz weich und als Patricia jetzt klopfte, hätte Shaina sie am liebsten aufgehalten. Aber sie war wie gelähmt und ihre Kehle wie zugeschnürt. Selbst wenn sie es versucht hätte – sie hätte keinen Ton herausgebracht. Wie durch Watte hörte Shaina das dumpfe Klopfen und sah wie paralysiert zu, wie Patricia danach ihre Hand auf die Klinke legte. Ohne auf eine Antwort zu warten, drückte Patricia die Klinke herunter und öffnete die Tür einen Spalt.

„Oh, Paddy", flötete Patricia. „Die Journalistin ist da und möchte mit dir ein Interview führen."

Paddy fluchte halblaut. „Verdammt, Patricia", schimpfte er dann. „Habe ich nicht klar und deutlich gesagt, dass ich keine Interviews gebe? Schick die verdammte Journalistin weg. Oder rede du mit ihr. So war es schließlich geplant. Dass ihr mit ihr redet."

„Paddylein, bist du ganz sicher, dass ich sie wegschicken soll?", fragte Patricia unschuldig. „Ich glaube, du würdest dich ziemlich ärgern."

„Das glaub ich kaum", murmelte Paddy und seufzte dann. „Na, meinetwegen. Dann rede ich halt kurz mit ihr. Aber höchstens fünf Minuten."

Patricia zwinkerte Shaina zu und schob dann die Tür auf. Shainas Herz hatte bei Paddys Stimme sein Tempo verdoppelt und auch sie hatte über seinen Unmut ein wenig schmunzeln müssen. Offenbar hatte er tatsächlich eine ziemliche Abneigung gegen die Presse und er tat ihr ein bisschen leid, dass Patricia ihn so ärgerte.

Hinter Patricia betrat Shaina die überraschend große Garderobe. Sie hatte ein kleines Fenster, wurde aber, da es dunkel war, von einer Neonlampe beleuchtet. Es gab ein kleines Sofa, auf dem eine schwarze Gitarre lag und daneben stand eine halb geöffnete Reisetasche. Auf einem gläsernen Couchtisch standen neben einer Flasche Wasser zwei Gläser und eine große Obstschale. Außerdem lagen ein paar handbeschriebene Zettel darauf verstreut, auf denen offenbar Songtexte und Gitarrengriffe notiert waren. Paddy konnte Shaina auf den ersten Blick nicht sehen. Aber dann entdeckte sie ihn. Er lag in Jeans und braunem Kapuzenpullover auf einer grünen Matte in einer Ecke auf dem Rücken und schien gerade meditiert oder Dehnübungen gemacht zu haben. Die Kapuze hatte er sich über den Kopf gezogen, sodass Shaina seine Haare nicht sehen konnte und er hatte die Hände in seine Hosentaschen geschoben.

„Paddy, willst du nicht aufstehen und die Journalistin begrüßen?", tadelte Patricia. „Das ist nicht gerade höflich."

Paddy warf seiner Schwester einen wütenden Blick zu und rappelte sich dann mühsam auf. Genervt schob er dann die Kapuze von seinem Kopf und Shaina konnte seine Haare sehen, die ziemlich verwuschelt waren. Er sah unglaublich süß aus und Shaina wäre ihm am liebsten zärtlich durchs Haar gefahren. Sofort kribbelte es bei Paddys Anblick wieder in ihrem Bauch und ihr Herz machte einen Freudensprung, auch wenn er ziemlich schlecht gelaunt war. Er hatte die schmalen Brauen zusammengeschoben und warf seiner Schwester noch einen bösen Blick zu, während er missmutig auf die beiden Frauen zuging. Shaina musste tatsächlich ein Kichern unterdrücken, als sie Paddy so sah. Sogar schlecht gelaunt sah er zum Anbeißen aus. Und sie bemerkte, dass er einen leichten Bartansatz hatte, als er jetzt näher kam. Patricia grinste ihren Bruder an und trat dann einen Schritt zur Seite, damit er Shaina richtig sehen konnte, die halb von ihr verdeckt wurde. Es dauerte ein paar Sekunden, aber dann erkannte Paddy Shaina und seine Miene hellte sich sofort auf. Etwas ungläubig sah er sie mit großen Augen an.

A new beginning (All I want is you)Where stories live. Discover now