Please don't go

453 19 4
                                    


Die nächsten Tage plätscherten ein wenig dahin. Shaina begann wieder Lesen und Schreiben zu üben, unterstützt von Denis, Bruder John Paul Mary und Alex. Barby war wieder im Wohnheim und auch sonst ging alles wieder den gewohnten Gang. Denis musste wieder arbeiten und zeigte Shaina abends alles mögliche im Internet, während sich Bruder John Paul Mary und Patricia in dieser Zeit in Patricias Musikzimmer zurückzogen. Tagsüber unternahmen Bruder John Paul Mary und Shaina entweder etwas allein oder mit Patricia und den Kindern. Zum ersten Mal ging Shaina mit Bruder John Paul Mary ins Kino und danach mit ihm am Rhein spazieren. Es waren herrliche Tage und Shaina verdrängte den immer näher rückenden Abschied. Aber das nahende Silvester ließ sich nicht aufhalten. Denis und Patricia bereiteten eine kleine Party vor, denn sie hatten ein paar Freunde eingeladen und die Jungs fieberten vor allem dem Feuerwerk entgegen. Vor allem Iggi war aufgeregt, denn zum ersten Mal durfte er bis Mitternacht aufbleiben und sogar ein paar harmlose Sachen abfeuern.

Shaina dagegen war nicht sicher, ob sie sich auf das neue Jahr freuen sollte. Auf der einen Seite bedeutete der Jahreswechsel, dass sie ihr altes Leben vollkommen hinter sich ließ, aber auf der anderen Seite hieß es auch, dass Bruder John Paul Mary in seinen Orden zurückkehren würde. Shaina konnte und wollte sich nicht vorstellen, wie es hier ohne ihn sein sollte. Sie hatte längst keine Angst mehr vor Denis oder Patricia, aber trotzdem fühlte sie sich mit Bruder John Paul Mary an ihrer Seite einfach sicherer. Er war immer bei ihr gewesen, seit sie ihr neues Leben begonnen hatte und Shaina hatte irgendwie geglaubt, dass es immer so bleiben würde. Aber natürlich musste er irgendwann zurück.


Am Silvesterabend war Shaina sehr schweigsam und hätte sich am liebsten auf ihr Zimmer zurückgezogen, um zu weinen, obwohl sie die restliche Zeit mit Bruder John Paul Mary eigentlich noch genießen wollte. Aber ihr Herz fühlte sich schon jetzt an, als würde es von einem Mühlstein zerquetscht. Die Freunde von Denis und Patricia waren sehr nett, aber Shaina beteiligte sich kaum an den Gesprächen. Denis hatte draußen den Grill angeworfen und sie genossen das Essen im Wintergarten. Aber zum ersten Mal hatte Shaina nicht wirklich Hunge rund aß kaum etwas. Bruder John Paul Mary spürte ihren Kummer, aber auch er schaffte es kaum, Shaina mehr als ein trauriges Lächeln mit seinen kleinen Scherzen zu entlocken.

Schließlich war Mitternacht und alle stießen gemeinsam an – die Erwachsenen mit Sekt und die Kinder mit Orangensaft. Auch Shaina trank einen Schluck Sekt. Dann ging es nach draußen, um das Feuerwerk zu bestaunen und selbst ein wenig zu knallen. Viele Nachbarn waren ebenfalls draußen und wünschten ein Frohes neues Jahr. Iggi hatte tatsächlich tapfer durchgehalten und sah jetzt begeistert zu, wie sein Vater Raketen in den Nachthimmel abfeuerte. Er hatte ganz rote Wangen vor Aufregung und strahlte über das ganze Gesicht. Alex war schon öfter an Silvester wach geblieben und war etwas abgeklärter, aber auch er bestaunte das Feuerwerk. Linda war in dieser Zeit in einem ruhigen Teil des Hauses eingesperrt, damit sie nicht so viel Angst hatte. Schon den ganzen Tag war sie bei dem Knallen zitternd irgendwo untergekrochen.

Auch Shaina betrachtete das Feuerwerk. Es war ihr erstes richtiges Silvester, aber sie konnte es nicht wirklich genießen. Irgendwann trat Bruder John Paul Mary neben sie und legte stumm den Arm um Shainas Schultern.

„Happy new year, Arielle", sagte Bruder John Paul Mary leise noch einmal. „Jetzt fängt dein neues Leben endgültig an. Ein neues Jahr, neues Glück."

Shaina lächelte traurig. „Ja, ein neues Jahr und ein neues Leben", bestätigte sie leise. „Aber auch ein Jahr ohne dich." Tränen liefen ihre Wangen hinunter. „Ich will nicht, dass du gehst."

„Aber ich muss gehen, kleine Arielle", sagte Bruder John Paul Mary sanft und zog Shaina in seine Arme. „Ich bin nie wirklich weg",versprach er und strich Shaina eine Strähne aus dem Gesicht. „Wann immer du mich brauchst, bin ich da."

A new beginning (All I want is you)Where stories live. Discover now