5. Kapitel

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Am nächsten Tag wachte Jane von ihrem Wecker auf. Verschlafen blickte sie auf die roten Ziffern, die ihr 07:30 Uhr anzeigten. Sie rieb sich die Augen und gähnte. Die Nacht war wohl doch ein bisschen zu kurz geraten, dachte sie bei sich und stand auf. Sie zog ihren rosa Glitzerpulli an, den sie über alles liebte, dazu eine schwarze Jeans und ein paar rosa Sportschuhe. Ins Haar kam eine schwarze Schleife, mit der sie ihre Lockenpracht bändigte. Nach einem kurzen Frühstück machte sie sich auf den Weg ins Krankenhaus. Erfreut lächelte sie, bei dem Gedanken, dass sie in weniger als 14 Tagen ihren 18. Geburtstagfeiern würde und zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich schon eine neue Mutter haben würde und außerdem vom Alter her in Frage käme, um Knochenmark zu spenden. Im Krankenhaus angekommen begegnete sie Dr. Kleie, dem behandelnden Arzt von Frau Genser. Er sprach sie an: "Gut, dass Sie da sind. Frau Genser geht es nicht besonders gut und sie braucht dringend jemanden, der sich ein bisschen um sie kümmert."Jane war erschrocken. "Schlimm?" "Nein, nein, aber das sagt sie Ihnen am besten selber." Jane nickte und bedankte sich.Dann lief sie zur Zimmertür von Frau Genser, klopfte an und öffnete."Morgen, Jane!" "Guten Morgen! Ich habe gehört, Ihnen geht es heute nicht so gut?", platzte das Mädchen heraus. "Das stimmt in der Tat. Ich brauche wirklich dringend einen Spender. Sonst... sonst werde ich nur noch wenige Wochen zu leben haben."Jane war erschrocken. Sie lief auf das Bett zu und fiel ihrer Lehrerin um den Hals. "NEIN! Sie dürfen nicht sterben! Ich werde alles tun, um einen Spender zu finden! Und ich werde meinen Termin vorverlegen!" "Jane, es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber der Arzt hat mir wenig Hoffnung gemacht, im Gegenteil, er sagte, ich solle die restliche Zeit noch genießen." Jane lehnte den Kopf an ihre Schulter und schluchzte leise. "Hey, Kleine, wir werden ja sehen",versuchte Frau Genser die Schülerinzu beruhigen.

Einige Stunden später verließ Jane das Krankenzimmer und machte sich auf die Suche nach einem Arzt. "Herr Doktor, ich würde gerne meinen Termin vorverlegen" "Entschuldigen Sie, welchen Termin denn?",entgegnete dieser ein bisschen überrascht. "Oh, tut mir leid. Ich heiße Jane Fränkhausen, 17 Jahre alt und ich habe mich zu einem Test gemeldet, ob ich die richtigen Voraussetzungen habe um für Frau Genser zu spenden." "17 Jahre? Etwas jung. Man darf erst ab 18 spenden!" "Ich weiß, aber Herr Doktor Kleie wollte eine Ausnahme machen und mich zumindest schon mal testen. Es muss dringend ein Spender für Frau Genser gefunden werden." "Ich kenne die Situation. Nun gut, wie wäre es,wenn wir die Sache direkt angehen?",meinte der Doktor zu Jane."Großartig",strahlte sie. Gemeinsam gingen sie zum nächsten freien Behandlungszimmer und er bereitete alles vor. "Okay,bereit für den Test?",fragte er. "Aber klar",erwiderte das Mädchen gut gelaunt. Wenig später war der Test vollzogen, die Proben an das Labor geschickt. Nun hieß es warten. Das Ergebnis sollte eigentlich noch heute fertig werden, ja sogar innerhalb dernächsten Stunde, da das Labor auf solche dringenden Fälle spezialisiert ist. "Wahrscheinlich wollen Sie solange warten,daher empfehle ich Ihnen, setzen Sie sich dort hinten auf einen der bequemen Stühle und lesen Sie eine Zeitschrift. Ich werde Sie sobald wie möglich informieren." "Danke, Doktor Käsmen",antworteteJane ihm und befolgt den Ratschlag. Die nächste dreiviertel Stunde verging, Jane hatte keine Ahnung, wie sie es schaffte so ruhig zubleiben, aber irgendwann war auch die schier endlos lange Zeitspanne vergangen und sie rutschte unruhig auf dem Platz umher. Da bog derArzt um die Ecke, er hatte ein ernstes Gesicht aufgesetzt und bat sie, ihm in den Behandlungsraum zu folgen. Nach dem sich beide gesetzt hatten, legte er ihr die Testergebnisse vor.

Mit zitternden Händen hatte Jane den Briefumschlag genommen und betrachtete ihn eingehend."Wollen Sie den nicht aufmachen?" "Ich weiß nicht Herr Doktor, ich würde ihn gerne daheim in Ruhe öffnen und mich mit dem Ergebnis auseinandersetzen." "Ist Okay, kommen Sie einfach morgen nochmal vorbei, falls es Fragen gibt." Jane verließ nachdenklich das Gebäude. Auf dem Weg zum Waisenhaus fiel ihr plötzlich heiß ein, dass sie das Treffen mit Frau Gress total vergessen hatte. Sie hastete die Straße entlang und fand sich auch schon vor dem Zimmer der Leiterin wieder. Sie pochte vorsichtig andie Tür und öffnete sie leicht. Da saßen sie. Die Leiterin und Frau Gress. "Wo warst du denn?",fragte die Heimleiterin ein wenig verärgert. Jane antwortete: "Im Krankenhaus." Die beiden Frauen beließen es dabei und hakten nicht weiter nach. Die Formalitäten wurden erledigt und Jane sollte in den kommenden Wochen in ihr neues Daheim umsiedeln. Endlich war sie entlassen und verschwand in ihrem Zimmer. Sie nahm den Umschlag aus ihrer braunenLedertasche und betrachtete ihn abermals. Dann öffnete sie ihn. Einweißes Blatt mit schwarzem Schriftaufdruck entnahm sie. Auf der Rückseite war mit Kuli etwas gekritzelt. Sie beschloss das später zu lesen und ihre Augen wanderten aufgeregt zum Testergebnis. POSITIV stand dort in großen Buckstaben. Es war einfach unglaublich. Sie kam als Spenderin in Frage. Hastig überflog sie den Rest und wandte sich nun dem Handgeschriebenen zu. Der Arzt hatte einen Kommentar hinterlassen: "Sofern sie die Erlaubnis von ihren Elternbekommen, ist es möglich, dass sie bereits eine Woche vor ihrem vollendeten 18 Lebensjahr mit den Vorbereitungen und der Hormoentherapie für eine Stammzellspende beginnen."

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