18. Kapitel

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"Shhh!Es wird alles gut. Wir schaffen das schon",flüsterte Jane. "Ich vermisse Susan so sehr. Sie war jahrelang meine beste Freundin und jetzt habe ich das Gefühl, sie zu hintergehen." Was meinst du damit?",meinte Jane, die nun neugierig geworden war. "Weißt du, ich hab dich genauso gern, wie Susan dich geliebt hat. Das ist nicht richtig, dass ich ihren Tod ausnutze, um dir näher zu kommen,als ich es vorher konnte." "Andrea, jetzt hör aber bitte auf. Das stimmt doch gar nicht. Das glaube ich dir nicht. Du hast dir gar nichts vorzuwerfen. Es ist doch klar, dass du jetzt mehr Zeit mit mir verbringen möchtest und mir geht es doch nicht anders und ich denke mir nichts dabei. Ich habe dich wirklich lieb und ich weiß, dass du weißt, dass ich Susan mehr geliebt habe und immer noch liebe, aber ich weiß ebenso, dass du das akzeptierst und du würdest dich nie dazwischen drängen." "Es fühlt sich trotzdem so falsch an." "Das muss es nicht. Das ist nur, weil du und ich, weil wir noch nicht über den Tod von Susan hinweg sind. Mit der Zeit wirst du merken, dass du nichts falsch gemacht hast und alles gut so ist, wie ist jetzt ist." "Danke, Jane.",sagteAndrea und rang sich ein Lächeln ab. Sie kuschelte sich noch mehr in Janes Arme und schlief nach wenigen Sekunden ein. Die Studentin strich über ihr Haar und lächelte sanft auf die Schlafende herab. Schließlich entschwand auch sie noch einmal ins Reich der Träume.

Die beiden erwachten erst, als Martin mit einem Frühstückstablett das Zimmer betrat. "Guten Morgen ihr Schlafmützen!",rief er aus und stellte das Frühstück auf dem Bett ab. "Ihr müsst aufwachen, es ist schon halb zehn durch." Andrea und Jane fuhren aus dem Schlaf hoch und sahen auf die Uhr, die wirklich schon fast zwanzig vor zehn anzeigte. Sie bedankten sich bei Martin für seinen Weckruf und für das Frühstück am Bett und begannen zu essen. Martin indessen sagte: "Der Pfarrer hat schon angerufen und sagte, es wäre doch besser, wenn wir eine Stunde vorher da sind und nicht nur eine halbe Stunde. Das heißt, wir müssten so um eins oder sogar halb eins zur Kirche." Bei diesen Worten sprang Andrea aus dem Bett und schlang in aller Eile ihren restlichen Marmeladentoast hinunter, bevor sie sich einige alte Klamotten schnappte und unter die Dusche ging. Jane aß in Ruhe ihren Teller leer und half dann Martin, die Küche wieder aufzuräumen.

Als die Arbeit erledigt war, war es schon nach zehn und Jane konnte als Nächste ins Badezimmer gehen. Sie duschte und föhnte ihre Haare. Dann zog sie sich mit einem Blick auf die Uhr ihr schwarzes Kleid an und steckte die Haare zu einem Dutt zusammen. Zuletzt schminkte sie sich noch ganz wenig. Ein bisschen Puder hier und da, Wimperntusche und zum Schluss noch die Augenbrauen zupfen. Fertig! Sie betrachtete ihr Werk im Spiegel und versuchte vergeblich das Spiegelbild zu perfektionieren, indem sie eine noch raushänge Locke in den Dutt stecken wollte. Der Versuch misslang und das Löckchen blieb seitlich neben ihrem Gesicht hängen. Sie schob es hinters Ohr, wo es sich sofort wieder zusammenkräuselte. Dann trug Jane noch ein wenig glänzendes Lippenbalsam auf, das einen leicht rötlichen Schimmer auf ihrem Mund hinterließ. Ein letzter Blick in den Spiegel: Perfekt! Sie verließ das Badezimmer und rannte fast in Martin rein, der auch schon fertig in seinem Anzug darauf wartete, nochmal im Bad verschwinden zu können. "Wow",stieß er aus. "Was ist denn?",fragte Jane verblüfft über seinen bewunderndenGesichtsausdruck. "Du – du... Andrea!! Komm mal schnell!",riefer. "Was ist denn los?" Andrea kam angelaufen. "Wow! Jane! Du siehst fantastisch aus! Eine richtige junge Dame, so hübsch. Mein Kleines...",meinte Andrea überwältigt von ihrer Schönheit und ihrem natürlichen Aussehen. Martin nickte zustimmend und betrachtete seine Stiefschwester voller Stolz. Jane wurde rot und bedankte sich bei den beiden.

Eswar halb eins, als die Drei die Wohnung verließen und sich in Richtung Kirche aufmachten. Der Pfarrer empfing sie freundlich und sprach ihnen nochmals sein Beileid aus. Nach und nach trudelten auchdie ersten Gäste ein. Eine Viertelstunde vor Beginn der Beerdigung erschien auch Daniel. Jane fiel ihm um den Hals. "Ich freue mich so, dass du hier bist",meinte sie und lächelte ihn gezwungen an. Die ersten Tränen bahnten sich einen Weg über ihre Wangen, als der Sarg ihrer Mutter in die Kirche getragen und vor dem Altar abgestellt wurde. "Schon gut, Jane. Wir schaffen das. Setzen wir uns." Sie nahmen in der ersten Reihe Platz, die für die Angehörigen vorbehalten war. Zur Beerdigung erschienen außerdem noch einige entfernte Verwandte von Susan, die Jane nicht kannte, aber Martin und Andrea begrüßten sie erfreut und stellten ihnen Jane vor. Dann begann der Gottesdienst. Es war ein schöner Gottesdienst. Alles war festlich gestaltet und es war ein wahrhaft würdevoller letzter Gang zum Friedhof. Am Grab brach Martin dann entgültig zusammen. So tapfer er sich vorher gehalten hatte, jetzt schien er keine Kraft mehr zu haben. Er trat an Janes Hand mit ihr und Daniel zum Grab und warf eine Hand voller Rosenblätter hinein. Dann wurde ihm schwarz vor Augen und er taumelte. Jane fing ihn auf und hielt ihn fest, bis er sich wieder gefangen hatte und wieder klar das Geschehen aufnehmen konnte. Der Junge brach in Tränen aus und klammerte sich an seine Stiefschwester, die ihn vorsichtig vom Grabweg führte, gefolgt von Daniel. Die drei standen etwas abseits, als auch Andrea zu ihnen stieß und beruhigend auf Martin einredete, der allerdings nichts hören wollte und sich nur an Jane festhielt, die ihn in ihren Armen hielt und einfach so dastand und wartete, dass er sich wieder beruhigte.

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